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 ihre  Tänze  anfführen,  denen  sehr  häufig  die  schöne Haremswelt,  hinter  
 einem  hölzernen  Gitter  verborgen,  zusieht.  Die  Tänzerinnen,  welche  man  
 mit  dem  Namen  Susmdni  oder  Karédschi  (Zigeunerin)  bezeichnet,  gehören  
 der niedrigsten  Klasse  der  Bevölkerung an und tragen  Sitten  zur  Schau,  welche  
 sie  als  feile Geschöpfe  brandmarken.  Ihre  Tänze,  welche  beim Klange  
 eines  Tambourins,  einer  persischen  Geige  und  unter  dem  taktmäfsigen  
 Händeklatschen  der  zuschauenden  Männer  ausgeführt  werden,  sind  nicht  
 nur  äufserst  lasciv,  sondern  auch  abschreckend  ekelhaft,  da  sie  oft  so weit  
 gehen,  bei  einem  Haupttanze,  in  welchem  die  Tänzerin  eine  Ameise  in  
 ihren  Kleidern  sucht,  sich  in  adamitischer  Tracht  zu  zeigen.  Die  Perser  
 finden  natürlich  einen  grofsen  Gefallen  an  solchen  Schaustücken,  wobei  der  
 Branntwein  bis  zu  den  Tänzerinnen  hin  die  Runde  macht.  Es  hat  auch  
 nicht  an  Europäern  gefehlt,  welche  sich  mit  theuern  Kosten  eine  derartige  
 Soirée  dansante  zu  verschaffen  gewufst  haben,  obgleich  die Gefahr  für  
 ihre  Person  sehr  häufig  eine  nicht  geringe  war.  Die  Mohamedaner  halten  
 es  nämlich  zum  grofsen  Glück  für  einen  Verstofs  gegen  ihre  religiösen  
 Vorschriften,  wenn  Mohamedanerinnen  das  Haus  eines  unverheirateten  
 Christen  betreten,  und  verfehlen  deshalb  nicht,  bei  solchen  Gelegenheiten  
 gewaltigen Lärm  zu  schlagen.  Es  ist  mir  ein Fall bekannt,  dafs  ein Fianke  
 aus  Neugierde,  persische  Tänze,  zu  sehen,  sich  dürch  seine Diener,,  welche  
 sich  regelmäfsig  als  Vermittler  bei  derartigen  Gelegenheiten  darbieten  sollen, 
   Tänzerinnen  für  einen  Abend  m ie te te ,  dieselben  verstohlen  in  sein  
 Haus  eintreten  liefs  und  sich  nun  mit  eigenen  Augen  von  der  Art  dieser  
 Vorstellungen  überzeugte.  Mitten  im  Tanze  hörte  er  ein  lautes  Pochen  an  
 seiner  Thür,  ein  Schreien  und  Rufen  vieler  Leute  von  der  Strafse  her,  
 und  bald  kamen  die  Diener,  um  mit  ängstlichen  Mienen  ihrem  Herrn  zu  
 melden,  dafs  sich  die Bevölkerung  des  Stadtviertels  vor  der Thür  des Hauses  
 versammelt  habe,  gegen  ihn  Drohungen  ausstofse  und  die  sofortige  
 Auslieferung  der  Damenwelt  verlange.  Besonders  machte  sich  ein  Bewohner  
 des  Viertels  durch  sein  wüthendes  Benehmen  bemerkbar,  und  wie  es  
 schien  mit  gutem  Grunde,  da  er  behauptete,  dafs  sich  seine  „tugendhafte  
 Ehehälfte“  unter  der  Schaar  der  Tänzerinnen  befände  und  er  entschlossen  
 sei,  bei  den  höchsten  Personen  der  Stadt  gegen  den  Europäer  Klage  zu  
 führen.  Wer  A  sagt,  mufs  auch  B  sagen.  Unser  Europäer  hatte  in  ein  
 Wespennest  gestochen  und  wufste  in  der  Angst  nichts  Klügeres  zu  thun, 
 als  mit  dem  beleidigten Ehegatten  und  der tobenden Volksmasse  einen goldenen  
 Vergleich  einzugehen.  Das  kurze Tanzvergnügen  kam  seinem  Beutel  
 baare  zweihundert Dukaten  zu  stehen,  die Angst  ganz  abgerechnet,  welche  
 er  bei  dieser  Gelegenheit  auszuhalten  hatte.  Das  Spafshafteste  an  der  Geschichte  
 war  aber  die  Thatsache,  dafs  sein  eigener  Diener  mit  den  Tänzerinnen  
 ein  gutes Geschäft  gemacht  hatte,  und  dafs  der Ehegatte  und  der  
 treulose  Harem  nichts Anderes  als  fingirte  Personen  waren.  Es  kann  dies  
 einen  Beweis  für  die Wandelbarkeit  des  persischen  chamäleonartigen  Charakters  
 dem  Gelde  gegenüber  abgeben,  da  ich  fest  glaube,  dafs  derselbe  
 verrätherische  Diener  bei  anderer  Gelegenheit  für  seinen  Herrn  bis  zum  
 Tode  auf  das  Tapferste  gekämpft  haben  würde.-  Uebrigens  ist  bei  dieser  
 Veranlassung  anzuführen,  dafs  die  Perser  einen  liederlichen  iren g i  weit  
 mehr  verabscheuen,  als  einen  gleich  liederlichen  Landsmann.  Bei  allem  
 Fanatismus  gegen  das  Europäerthum  haben  sie  eine  innerliche  Scheu  und  
 hohe  Achtung  vor  dem  moralischen  Uebergewicht  der  Frenc/i  und  verzeihen  
 dem  einzelnen  sehr  schwer  jede  Art  sittlicher  Uebertretungen. 
 In  der  Einsamkeit,  die  mir  von  meinen  offiziellen  Arbeiten  und  den  
 notwendigen  Besuchen  übrig  blieb,  benutzte  ich  die  Zeit,  um  mit  Pei-  
 sern,  die  ich  als Lehrer in mein Haus  gezogen  hatte,  die  persische  Sprache,  
 persische Dialecte  und  das  in  Teheran  gesprochene  Türkisch  zu  studiren.  
 Ich  hatte-  in  dieser  Weise-, würdigere  Gelegenheit,,  als  sie  mir  durch  den  
 geselligen  Umgang  geboten  sein  würde,  mich, über  das  Land  zu  unterrichten  
 und  meine  Sprachkenntnisse  zu  vermehren.  Dankbar  erkenne  ich  die  
 Mühe  an,  welche  sich  Mirza  Dschajfer.,  Moccllim  oder  Professor  des  Französischen  
 an  der  Schule Dar-el-faniin,  um meine Kenntnisse  erwarb,  ebenso  
 wie  ich  einem  fast  ängstlich - bescheidenen  Sejid  (dasselbe  was  Schert/  im  
 Arabischen ist)  oder Nachkommen  des Propheten  aus Mazenderan  für  seine  
 lehrreichen  Stunden  verpflichtet  bin,  in  welchen  er  mir  die Eigenthümlich-  
 keiten  des Mazenderäner Spachdialektes  auseinandersetzte.  Die Sejids  zeichnen  
 sich  als  Nachkommen  des  Propheten  durch  einen  gewissen  Stolz  aus,  
 der  sie  verhindert,  sich  ihr  Brot  durch  Erlernung  eines  Handwerkes  zu  
 sichern.  Es  sind  meistentheils  verarmte  Gelehrte  oder  selbst  Bettler,  deren  
 grofse  Zahl  das  Land  erfüllt  und  die  man  sofort  an  ihren  blauen  oder  
 grünen  Turbanen  erkennt,  während  das  sonstige  Gelehrtenthum:  Mollahs,  
 Qdzis  u.  s. w.  das  weise  kahlgeschorene  Haupt  mit  einem  weifsen  Turban  
 schmückt.  Die  Perser  machen  sich  nicht  viel  aus  ihrem  Prophetenthum, 
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