einen Cholera-Cordon vorstellen sollten. Der Unteroffizier trat bei unserer
Annäherung mit militärischem Anstand hervor, überreichte dem Eltschi
eine persisch geschriebene Papierrolle, um sich in seiner Eigenschaft als
Chef des Cholera-Cordons zu documentiren. Die persische Regierung steht
noch in dem Glauben, dafs die Cholera durch Absperrung an ihrer weiteren
Verbreitung gehemmt werden könne, und zieht deshalb bei dem
Herannahen dieser Krankheit, welche alle drei bis vier Jahr den Süden
Persiens heimsucht, militärische Gesundheits-Cordons, welche indefs niemals
verhindert haben, dafs nicht diese Krankheit über den Cordon hinaus
weiter gewandert wäre.
Ein mäfsig hoher, aber sehr steiniger Pafs, hinter der Brücke, führt
zu einer neuen, rings von Bergzügen eingeschlossenen Hochfläche. Wir
hielten uns in der Nähe der Felsenwand linker Hand, während zu unserer
Rechten ein lang sich hinziehender Steindamm mit Brücken liegen blieb.
Wenn sich die winterlichen Regengüsse ergiefsen und der Flufs zu schwellen
beginnt, so ist die ganze Gegend hier überschwemmt und die Pilger und
Karawanen können deshalb nur auf jenem erwähnten Damme ihre Strafse
weiter ziehen. Der Verkehr mufs hier von Schiräz aus ziemlich lebhaft
sein, wenigstens begegneten wir auf unserem Marsche ungewöhnlich vielen
Kameel-Karawanen, auch einem Geldtransport für die Regierung, der von
mehreren Soldaten eseortirt wurde.
Die Felswand zur linken Hand biegt beinahe rechtwinklig in derselben
Richtung nach Osten zu ab und bildet hier mit den umgebenden felsigen
Bergnachbarn einen Kessel, dessen Charakter der eines vollständigen Alpenlandes
ist. Die Felsenwände, ohne jede Spur vegetativen Lebens, starren
in düsterer Färbung zu dem reinen blauen Himmel der Coele Persis empor,
scharfkantige Ränder bildend > auf welchen nur Geier und Adler einen
Ruheplatz suchen. Von der schwindelnden Höhe aus spähen die gefiederten
Raubritter mit scharfem Auge nach der Beute in der Tiefe und schiefsen
mit mächtigem Flügelschlage von der luftigen Höhe zur Ebene hernieder.
Zergan liegt dicht am Felsenrücken des Bergkessel; davor der Leichenacker
mit ImdmzadeKs und alten und jungen Leichensteinen. Von aufsen sieht
das amphitheatralisch aufsteigende Dorf, das aus etwa tausend Khanewdr
besteht, recht schmuck und sauber aus. Die Dächer sind mit Rohrlagen
bedeckt, die Häuser aus ordentlichen Ziegeln aufgeführt, sogar ein kleiner
Bazar zieht sich hinter dem Posthause fort. Ein heruntergekommener Khan
war so gastfreundschaftlich, sein Haus, in der Mitte des Dorfes, als Menzil
für uns Europäer anzubieten. Das Bild der Zeit und der heutigen persischen
Zustände wiederholte sich in kleinem Maafsstabe auch h ie r: ehemals
schön und solid aufgeführt, war das Haus in allen seinen Theilen zerfallen
und baufällig geworden. Die Steine waren zerborsten oder hatten sich
losgelöst, die Treppenstufen waren verschoben, das Holzwerk bis zu den
Fenstergittern hin morsch und zerfressen. Summa Summarum, es war alles
aus dem Leim gegangen, selbst die Bäume und das Bis’chen Grün in dem
Hofgarten schienen nur kümmerlich zu gedeihen und an der traurigen
Umgebung ihren Theil zu haben. Der Khan war ein freundlich zuthulicher
Mann, ein Liebhaber schöner Hunde und Pferde, passionirt für noble Zerstreuungen
und, wie es schien, grofsmüthig bis in das Unglaubliche hin.
Er war untröstlich, als Herr Baron v. M. sich auf das entschiedenste weigerte,
ein junges arabisches Pferd, das er zufällig gelobt hatte, sofort als
Geschenk aus seiner Hand zu empfangen. Auch der Kedkhoda des Ortes
liefs sich die Ehre nicht nehmen, dem fremden Gesandten als TWerüf eine
Schüssel mit Aepieln, Granaten und aufserdem vier Rebhühner zu überreichen.
Leider verbitterte er die Freundlichkeit der Gabe durch eine
Fragesucht und Geschwätzigkeit, die sich bis zum Unleidlichen verstieg,
so" dafs wir zuletzt ihm gegenüber stumm wie die Fische wurden. Da erst
hielt er’s für das Gerathenste, seine Unterhaltungen abzubrechen und sich
zu trollen.
Am 19. October — die. Sonne war noch nicht aufgegangen und Fin-
stemifs deckte die ganze Landschaft — brachen wir nach Schiräz auf.
Dicht hinter dem Dorfe hatten wir eine kleine Wasserader zu passiren,
die uns eine kurze Strecke linker Hand zur Seite blieb, sofort aber verschwand,
als wir bergauf stiegen, um an dem Abhange niedrigenVorberge
die Strafse nach Schiräz zu verfolgen. Wir stiegen ohne Unterlafs bergan,
erreichten bald hinter einem einsam stehenden Hause eine Pafshöhe, von
der aus inan in ein schmales steiniges Längenthal, eigentlich nur eine Felsenspalte
herniedersteigt. An der gegenüberliegenden Seite, in dem Thale,
lag linker Hand von der. Strafse, in der Nähe eines zweiten Passes, eine
Karawanserai. Sie ist sehr solid aus Feldsteinen, die mit Mörtel aneinander
gekittet sind, aufgeführt. Davor stehen ein Paar grünbelaubte Bäume,
die ihr Leben in dieser traurigen Steinöde von einer hell sprudelnden
Wasserader fristen. Die Hitze fing von hier an, trotzdem es noch früh am