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 Spiel  trieb.  Die  den  Tag  über  stechende  Sonne  hatte  schliefslich  
 so  viel  Regenwolken  zusaminengezogen,  dafs  der  ganze  Himmel  wie  ein  
 graues  Tuch  aussah.  Die Theuerung  schien  auch  hier  zu  herrschen,  da ein  
 Man  Brot  (Täbrizer  =   1 £  Teheräuer)  mit  fünfundzwanzig  Schahi  bezahlt  
 wurde. 
 Der  folgende  Reisetag  war  nichts  weniger  als  angenehm.  Bei  einem  
 feinen  Regen  stiegen  wir  über  eine  Ebene  hinweg  nach  einer  Hochfläche  
 empor,  deren  Ende  wir  nach  einem Ritt  von  drei  Fersach  erreichten.  Auf  
 der  Höhe,  die  rechts  und  links  von  kolossalen  Bergmassen  begrenzt  ist,  
 begegneten wir  einem vornehmen  Perser,  Mirza Nasrullah,  Chef der Douane  
 in  Täbriz,  welcher  mit  einem  grofsen  Trosse  von  Dienern  und  Begleitern,  
 darunter auch  sechs  rothwangige  „Reiseknaben“,  nach  Teheran  reiste.  Mirza  
 Nasrullah  war  ein  schöner,  ganz  europäisch  aussehender  Fünfziger,  dem  
 der  rabenschwarz  gefärbte  Bart  und  die  goldene  Brille  auf  der  Nase  sehr  
 wohl  stand.  Kaum  hatten  wir  uns  nach  einer  kurzen  Begrüfsung  in  verschiedenen  
 Richtungen  von  einander  getrennt,  so  wurden  wir  von  Gewittern  
 überrascht,  wie  man  sie  in  Europa  nur  selten  erleben  dürfte.  Von  
 allen  Seiten  fuhren  die  Blitze  von  der  Himmelshöhe  auf  die  Erde  hernieder  
 und  der  rollende Donner  fand  in  den Bergen  einen  so gewaltigen Wiederhall, 
   dafs  die  Thiere  vor  Angst  schäumten  und  wir  selber  in  unheimlichem  
 Stillschweigen  neben  einander  ritten.  Zum  Glück  fanden  wir  in  
 einem  elenden  Dorfe  auf  der  Höhe,  das  noch  von  Emir  erbaut  ist,  in  
 einem  Pferdestalle  ein  Unterkommen,  so  dafs  wir  das Gewitter  wenigstens  
 trocken  abwarten  konnten.  Von  hier  aus  führte  der  Weg  abwärts  in  die  
 grofse  Ebene  von  Sultanijek.  Ein  gewaltiger,  mit  Regen  und  Hagel  vermischter  
 Wind,  die  verrufene Windsbraut  von  Sultanijeh,  welche im Winter  
 Karawanen  und  Reisende  oft  in  tiefen  Schnee  begräbt,  blies  uns  ins  Gesicht  
 und  erschwerte  den  Marsch  auf  dem  aufgeweichten  Lehmboden  ungemein. 
   Unmittelbar  vor  Sultanijeh  verwandelte  sich  die  Strafse  zu  einem  
 so  tiefen  Moraste,  dafs  der  Karawane  ein  bepacktes  Pferd  stecken  blieb,  
 das  bald  darauf  verendete.  Bei  unserm  Einritt  in  den  Ort,  woselbst  uns  
 ein  kleiner  Istakbäl  begrüfste ,  tielen  uns  ganze  Schaaren  von  Bettlern  an,  
 vor  allen  nackte  elende Kinder,  deren Anblick  allein  hinreichte,  um Einem  
 das Herz  im Leibe  umzudrehen.  In  einem  leidlichen Hause  fanden  wir  ein  
 Unterkommen.  Wir  benutzten  den  letzten  Rest  des  hellen  Tages,  um  die 
 grofse  Moscheeruine  noch  einmal  in  Augenschein  zu  nehmen,  deren  Eindruck  
 ebenso  gewaltig  war,  als  wie  zur Zeit  unseres  ersten Besuches.  Wir  
 trafen  wiederum  mit  Dawucl  Khan  zusammen,  der  in  dem  Posthause  ä  la  
 Persane  logirte,  und  vertrieben  den  langen  Abend  in  der  leidigen  persischen  
 Gegenwart  mit  heiteren  Gesprächen  über  Europa  und  europäische  
 Verhältnisse. 
 Da  mein  eigenes Reitpferd  der  schlechten,  meist  kothigen  Strafse  wegen  
 ungemein  viel  gelitten  und  an  Kräften  eingebüfst  hatte,  so  miethete  
 ich  in  dem  Tschaparkhaneh  von  Sultanijeh  ein  Courierpferd,  für  welches  
 man  fünfzehn  Schahi  für  jede  Fersach  Weges  zu  leisten  hat,  und  schlofs  
 mich  dem-General Dawud Khan  an,  um  in  seiner  Gesellschaft  den  61  Fersach  
 weiten  Weg  bis  zur  nächsten  Station  Zendschan  zurückzulegen.  Ich  
 habe  die  Strecke  bereits  im  ersten  Bande  näher  beschrieben.  Die  Ebene  
 von  Sultanijeh  ist  von  der  Hochfläche  von  Zendschan■  durch  ein  hügeliges  
 Land  getrennt,  welehes  die  einzige  Schwierigkeit  unserer  Reise  mit  der  
 altpersischen  Schnellpost  an  verschiedenen  vom  Schnee  und  Regen  aufgeweichten  
 Stellen  darbot.  Der  Zendschan-tschai,  den  wir  auf  der  sehr  zerfallenen  
 Steinbrücke  überwanden,  war  ziemlich  angeschwollen  und  sein  
 schmutzig  braunes  Wasser  flofs  mit  grofser  Schnelligkeit  dahin. 
 Im  Angesicht  des  nächsten  Reisezieles,  der  Stadt  Zendschan,  welche  
 wir  gegen Mittag  am  5. April  erreichten,  begrüfsten  zwei persische  Serheng  
 oder Obersten  mit  einem  grofsen Gefolge,  aus  Soldaten  und Dienern  bestehend, 
   die  heimkehrende  preufsische Mission.  Die  beiden Anführer  des Zuges, 
   schöne  Männer,  erregten  anfänglich  weit weniger  unsere Aufmerksamkeit, 
   als  die  prachtvollen Apfelschimmel,  auf  welchen  sie  ritten  und  deren  
 herrliche  Gestalt  und  Ebenmafs  der  Glieder  durch  ein  überreiches  Silbergeschirr  
 nur  auf  das  Vortheilhafteste  gehoben  ward.  Die  überaus  freundlichen  
 Perser  hatten  die  Zuvorkommenheit,  uns  nach  dem  Menzile  in  der  
 Stadt  Zendschan  zu  geleiten,  der Sommerwohnung  eines  Militairs,  die  erst  
 vor  kurzem  erbaut  worden  war  und  deshalb  den  Anblick  eines  halb  fertigen  
 Hauses  darbot.  Auf  den  Teppichen,  welche  man  in  aller  Eile  für  
 uns  in  dem  Empfangszimmer  auf  dem  Füfsboden  ausgebreitet  hatte,  para-  
 dirte  das  Gastgeschenk  des  Hakim  oder  Gouverneurs  der  Provinz  Zend-  
 schdn:  zwei  grofse  Zuckerhüte,  ein  Paket  Thee  und  fünf  Teller  mit  persischem  
 Zuckerwerk.  Gegen  vier  Uhr  Nachmittags  erhielten  wir  die  Ehre  
 eines ganz unerwarteten Besuches.  Der Gouverneur,  welcher die  eine Hälfte