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 welche  ihrem  Kinde  auf  dem  Pferde  die  Brust  gab;  der  Mann,  bewaffnet  
 und  mit  der  zottigen  Burka  bekleidet,  ging  vor  dem  Pferde  einher.  In  
 dem Dorfe Ellenowka  konnten  wir  dem Gelüste  nicht  widerstehen,  von  den  
 berühmten  Forellen  des  armenischen Alpensees  zu  essen.  Hinter  dem Dorfe  
 legten  wir  nach  dieser  Stärkung  die  gefährliche  Passage  am  Goktscha  auf  
 der  steilen  Felseustrafse  glücklich  zurück.  Obgleich  die  letztere  morastig  
 und  an  einzelnen  Stellen  mit  dicken  Schneelagen  bedeckt  war,  so  hatte  
 sie  doch  weniger  Gefahr  als  auf  unserer  ersten  Heise.  Der  düstere  Himmel  
 spendete  zuletzt  einen  so  massenhaften  Regengufs,  dafs  wir  froh  waren  
 ,  in  das  Posthaus  von  Tschubukli  mit  unserm Gepäck  einzuziehen.  Auf  
 die  Bemerkung  des  Postmeisters:  „losckedi niest“,  wurde  diesmal  nichts  geantwortet, 
   da  wir  beschlossen  die  Nacht  hier  zuzubringen  und  den  gewaltigen  
 Regen  abzuwarten.  Das  Himmelswasser  schlug  mit  lautem Klatschen  
 gegen  die  Fenster  der  warmen  Stube,  der  Wind  heulte  schauerlich  vom  
 See  herüber,  über  welchem  orangefarbige  wilde  Enten  und  krächzende  
 Möven  im  unsichern  Fluge,  vom  Winde  bald  hier  bald  dorthin  getragen,  
 einherflatterten.  Wir  waren  von Herzen  froh,  bei  so  schauerlichem Sturme  
 unter  Dach  und  Fach  zu  sein,  setzten  uns  neben  den  wärmenden  Ofen  
 von  altdeutscher  Gestalt  und  berechneten  im  Voraus  die  Zeit  unserer  Ankunft  
 in  Tiflis.  Die  folgende  Nacht  war  hexenartig  schauerlich.  Der brüllende  
 Stnrm  peitschte  den  strömenden  Regen  gegen  das  Haus  und  die  
 Windstöfse  waren  so  gewaltig,  dafs  wir  vermeinten,  die  ganze  Poststation  
 würde  in  den  nahen  Alpensee  geschleudert  werden.  Dafs  dabei  an  einen  
 ruhigen  Schlaf  nicht  zu  denken  war,  liefs  sich  voraussehen.  Die  Augen  
 nach  den  Fenstern  gerichtet,  machte  ich  trotz  der  nächtlichen  Finsternifs  
 eine  sehr  merkwürdige  Beobachtung,  dafs  nämlich  bei  jedem  erneuerten  
 Windstöfse  die  Luft  draufsen  plötzlich  elektrisch  helle  wurde,, als  ob  in  
 der  Ferne  Wetter  leuchteten. 
 Am  heranbrechenden  Morgen  liefsen  wir  es'regnen  und  windig  sein  
 soviel  es  wollte,  setzten  uns  in  unserem  hölzernen  Wagenkasten  zurecht  
 und  zogen  gegen  fünf  Uhr  aus  dem  Hofe  der  Poststation  die  Bergstrafse  
 mit  lautem  Geklingel  aufwärts.  In  vier  Stunden  überwanden  wir  den  
 schneebedeckten Bergpafs  auf  tiefkothigen Wegen,  begrüfsten  auf  der Höhe  
 die  eingeschneiten Dörfer  der  fleifsigen Malakanen  und  stiegen  mit  reifsen-  
 der,  beinahe  gefährlicher  Schnelle  in  das  Thal  der  Akstafa  hinab.  Die 
 Natur  war  hier  wie  mit  einem  Zauberschlage  verändert.  Zum  ersten Male  
 nach  Jahresfrist  hatten  wir  die  Freude,  den  Wiesenrasen  wiederzusehen  
 und  den  reichen  Baumwuchs  an  den  steilen  Bergabhängen  des  Thaies  zu  
 bewundern.  Die  schlanke  Fichte  schien  uns  ein  mahnendes  Heimathszei-  
 chen  zu  sein,,  dem  die  weifsblühende  dunkle  Myrthe  am  Fufse  einen  poetischen  
 Schmuck  verlieh.  Je  weiter  wir  die  gewundene  Strafse  durch  das  
 enge  Thal  verfolgten,.  je  dichter  wurde  der  Baumwuchs,  je  näher  traten  
 Hecken  und  Sträucher  im  anmuthigen  grünen  Frühlingskleide  an  die Strafse  
 heran.  Wir  schwelgten  von  Genufs  zu  Genufs  und  waren  im  Anschauen  
 der  Naturherrlichkeiten  wie  Kinder  glücklich.  Als  ob  der  Himmel  einen  
 Beitrag  unserer  reinen  Freude  schenken  wollte,  hörte  auch  der  Regen  
 wie  auf  Commando  auf  und  die  hellste  Sonne  beleuchtete  die  reizendste  
 Berglandschaft.  Hinter  dem  Dorfe  Karawanserai  öffnete  sich  das  Thal  und  
 wir  stiegen  allmählig  in  die  Steppe  hinab.  Eine  Strecke  vor  der  Station  
 Sumbeglu,  welche  wir  gegen  acht  Uhr  Abends  erreichten,  gingen  wir  auf  
 einer  langen  neuen  Holzbrücke  in  der  Nähe  der  Trümmern  eines  alten  
 Schlosses  über  einen  ziemlich  breiten  Flufs. 
 Wir  hatten  fünf  lange  Stationen  zurückgelegt  und  beschlossen  deshalb,  
 in  der  Stcinzia  des  genannten  Dorfes  unser  Nachtquartier  zu  nehmen.  Die  
 Häuser  hierselbst  sind  sauber  und  nett  aus  Holz  aufgeführt,  mit  kleinen  
 aber  gut  schliefsenden  Fenstern.  Lange' Kameelkarawanen  und  wandernde  
 Zigeuner  bildeten  die  mobile  Staffage  der  Landschaft. 
 Am  ‘26.  April,  es  war  Abends  gegen  eilf  Uhr,  zogen  wir  in  Tiflis  
 ein.  Wir  hatten  an  dem  genannten  Tage  von  fünf  Uhr  früh  ab  sieben  
 grofse  Stationen  zurückgelegt,  mit  einer  Unterbrechung,  der  wir  etliche  
 sehr  angenehme  Stunden  verdankten.  Eben  im  Begriff  in  dem  Posthanse  
 von  Suloglu  zu  halten,/  kamen  uns  von  der  entgegengesetzten  Seite  der  
 Strafse  zwei  Tarantos  entgegengefahren,  in  deren  einem  sich  der  gelehrte  
 russische  General  Ba r t h o l omä i   befand.  Die  Freude  des  Wiedersehens  
 jjS  der  Steppe  war  unbeschreiblich,  und  sie  mufste  billig  erhöht  werden  
 durch  das  Zusammentreffen  mit  dem  berühmten  russischen  Akademiker,  
 Staatsrath  v.  D o r n , '   welchem  sich  der  General  bei  einem  Abstecher  nach  
 Schiruian  als  Begleiter  angeschlossen  hatte.  Der  Name  v.  Dor n   hatte  für  
 mich  um  so  mächtigeren  Klang,  als  ich  wufste,  dafs  dieser  Gelehrte  von  
 der  russischen  Regierung  beauftragt  war,  eine  Rundreise  durch  die  am  
 Kaspischen  Meere  gelegenen  Landschaften  Rufslands  und  Persiens  zu  uu