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 ehrlicher  Mann  auf  Heller  und  Pfennig,  dafs  die  Herstellung  der  Bahn,  
 welche  bei  einer  Arbeitskraft  von  täglich  tausend  Mann  zu  ihrer  Ausführung  
 drei Monat  erfordern  würde,  die  Summe  von  18,000 Dukaten  kosten  
 dürfte.  Ein  hoher  persischer  Beamte,  ein  hochweiser  Mirza,  schlug  die  
 Hände  über  den  Kopf  zusammen,  schrie Zeter  und Mordio -über  eine  solche  
 Summe,  legte  wie  Mirza'  Schafft  den  Finger  klüglich  an  die  Nase  und  
 meinte,  dafs  er  sich  unzweifelhaft  verrechnet  hätte  und  dafs  die  Kosten  
 nothwendigerweise  -—  30,000 Dukaten  betragen  müfsten,  widrigenfalls  man  
 es  vorzöge,  die  ganze  Sache  aufzugeben.  Diese Art, Berechnungen und Kostenanschläge  
 zu  machen,  erinnert  lebhaft  an  einen  ähnlichen  Vorfall  in  
 Constantinopel  mit  einem Deutschen,  der  für  die Bohrung  eines  artesischen  
 Brunnens  500,000  Piaster  verlangte,  das  Unternehmen  aber  nicht  ausführen  
 durfte,  weil  er  den  Kostenanschlag  auf  3 Millionen  Piaster  zu  erhöhen  
 sich  weigerte.  Unser  deutscher  Landsmann  hatte  darauf  die  Genugthuung,  
 in  der  grimmigsten  Kälte  und  beim  schärfsten  Winde,  der  sich  Anfangs  
 Februar  einstellte,  Strafsenvermessungen  vorzunehmen,  um  die  beregte  
 Strecke  in  Bezug  auf Ebenheiten  und Unebenheiten  genau  zu  untersuchen. 
 Am  2.  Februar  sprach  die  ganze Stadt  von  einem bevorstehenden Einzug, 
   bei  dem  die Hauptpersonen  voraussichtlich  eine  ziemlich  jämmerliche  
 Rolle  spielen  mufsten.  Der  Gouverneur  von  Khorassan  und  sein  sauberer  
 W e z iiv  denen  der  „Wind  der  Umstände«  im  letzten  Feldzuge  so  äufserst  
 ungünstig  geweht  hatte,  waren  auf  ihrem  Schneckenzuge  bis  Teherän  gekommen  
 und  mufsten  nach  dem  vorgeschriebenen  Ceremoniell  durch  die  
 Hauptstrafsen  der  Stadt  inmitten - einer  schadenfrohen  Und  höhnenden  Be-  
 völkeruug  ihren  Marsch  direct  nach  dem  Gefängnifs  zurücklegen.  Anstatt  
 auf  stolzem  Rosse  zu  sitzen,  umgeben  von  zahlreichen  Dienern  und  Soldaten, 
   und  im  Siegeszuge,  begrüfst  von  dem  zufriedenen  Volke  und  besungen  
 von  persischen  Poeten,  durch  die  Stadt  zu  ziehen,  mufsten  sie  auf  
 einem  Jabui-e-paläni,  zu  gut  deutsch  auf  einer  Sandkracke,  die  von  einem  
 kaiserlichen  Ferrasch  - geführt  wurde,  den  Schmerzensweg  ins  Gefängnifs  
 wandern  und  manches  bittere Wort  von  der Umgebung  vernehmen.  „Wartet, 
   ihr Herren“,  rief  ihnen  ein Teheräner Bürger  zu,  „ihr  habt  zuviel  g e g 
 e s s e n ,  wohl  bekomme  euch  das  Brechmittel! 
 Am  5ten  wurde  Kriegsgericht  vor  dem  grofsen  M e s le h e t-k h a n ih   (Conseil) 
   über  die  beiden  Uebelthäter  gehalten,- welche  nach  europäischem 
 Gesetz  sicher  dem  Tode  durch  Pulver  und  Blei  anheimgefallen  wären.  
 Nachdem  man  sie  vor  den  versammelten Conseil geführt,  ihnen  ihre  Schuld  
 vor Augen  geführt  und  sich  zu  rechtfertigen  aufgefordert  hatte-  gaben  sie  
 auf  alle  an  sie  gerichteten  Fragen  keine  andere  als  die  eine Antwort:  Ma  
 khastim  läkin  kliudä  nekhäst,  d.  h.  „Wir  wollten  schon,  aber  der  Herrgott  
 hat  nicht  gewollt.^  —1  Das  fand  man  sehr  plausibel  und  die  ganze  Versammlung  
 rief  laut  aus:  „Bäli,  bäli,  bäli!  zu  deutsch  etwa:  „Sehr gut,  sehi  
 wahr,  sehr  richtig!“  —  Sie  kamen,  wie  man  zu  sagen  pflegt,  mit  dem  
 blauen Auge  davon,  wurden  freilich  ihrer  Orden  und  Titel  entkleidet,  diei  
 Jahre  lang  für  unfähig  erachtet,  dem  Staate  Dienste  zu  leisten,  und ,  was  
 die  Hauptsache  ist ,  zu  einer  Zahlung  verurtheilt.  Der  Schahzadeh  mufste 
 30,000  Dukaten  und  sein  Wezir  110  oder  130,000  Dukaten  zahlen.  • 
 Mit  der  zunehmenden  Noth  und  Theuerung  nahmen  auch  Diebstahl  
 und  Raub  in  dieser  Zeit  so  bedenklich  zu,  dafs  eines  Tages,  im  Anfänge  
 des Monats,  zwanzig Personen,  die  man  auf  böser  That  ertappt  hatte,  ih rer  
 Ohren,  Nasen  und  Zungen  beraubt,  oder  gar  um  einen  Kopf  kurzer  
 gemacht wurden.  Zwei Personen,  die  sich  besonders  als Räuber  ausgezeichnet  
 hatten,, wurden  vom  Schah  zum  Tode  durch  Erdrosseln  {tenäb  endakh-  
 tiri)  verurtheilt.  Man  legte  ihnen  zu  dem  Ende  einen Strick  um  den Hals,  
 zog  sie  an  demselben  auf  dem  Boden  so  lange  hin  und  her,  bis  sie  keinen  
 Laut  mehr  von  sich  gaben.  Unter  den  Uebeltbätern  befand  sich  auch  
 ein  junger  Teheräner,  der  Veranlassung  zu  einer  höchst  tragischen  Geschichte  
 gegeben  hatte,  von  der  die  ganze  Stadt  erfüllt war,  und  d ie ,  wie  
 es  gewöhnlich  zu  geschehen pflegt,  in verschiedenen Redactionen von Mund  
 zu  Mund  ging.  Ich  erzähle  sie  nach  den  mir  glaub würdigsten  Mittheilungen, 
   da  sie  zu  gleicher  Zeit  einen  neuen  Einblick  in  persische  Lebensverhältnisse  
 gestatten  wird. 
 In  der  Z e it,- wo  die  Strafsen  Teheran’s  mit  Schneehaufen  und  auf-  
 thauenden  Eismassen  bedeckt  waren,  schlenderte  eines  Tages  ein  junget  
 Perser,  eben  derselbe',  welcher  uns  beschäftigt,  durch  die  Strafse  dahin,  
 und  schien  mit  Wohlgefallen  die  Gestalt  einer  jungen  Frau  zu  betrachten,  
 welche  sich  mühsam  durch  Schmutz  und  Schnee  mit  ihren  Stiefeln  durchwand. 
   In  dem  Augenblick,  als  der  junge  Teheräner  an  ihr  vorübergeht,  
 schlägt  sie  zufällig,  um  besser  sehen  zu  können,  das  hindernde  Ruhend  
 oder  den  Schleier  rückwärts  zurück  und  zeigt  dem  hinblickenden Manne  
 ein Antlitz,  welches  die  persische  Poesie  -mit  dem  schmeichelhaften  Worte