Beinahe jedes Dorf in Persien hat nämlich neben seinem bestimmten Dialekte
seine bestimmten Lieder. Der Gefragte bejahte dies. Ein zweiter
neben ihm sitzender Tufengtschi wurde bei dieser Unterhaltung aufmerksam
und legte dem Diener die Frage vor, ob er denn jemals in dem
erwähnten Dorfe gewesen wäre. „Ja“, erwiederte dieser unvorsichtig genug,
„vor dreifsig Jahren.“ Nachdem der Frager, der kein anderer war als
der Sohn des Erschlagenen, diese Angabe vernommen, stand es ihm fest,
dafs er den Mörder seines Vaters vor sich habe, da auch der falsche Name,
den er später kennen gelernt hatte, mit dem des prinzlichen Dieners übereinstimmte.
Als der letztere in der Nacht eingeschlafen war, näherte sich
ihm der Sohn des vor dreifsig Jahren Ermordeten und sendete ihm das
tödtliehe Blei in das Herz. Die Blutrache hatte ihn erreicht, der Mord
seine blutige Sühne erhalten.
Nach der Seite des Talentes hin hat sich Schiraz von jeher einen gewissen
Ruf begründet und denselben bis heutigen Tages bewahrt. Eine
Menge intelligenter Köpfe sind aus Schiraz hervorgegangen und der Beiname
des persischen Athen als Dar-e l-ilm „Haus des Wissens“ ist nicht
grundlos. In neuester Zeit haben sich als gute und vielgeschätzte Dichter
und Schriftsteller die Söhne eines gewissen Mirza - Wessdl aus Schiraz besonders
ausgezeichnet.
An Schulen hat die Stadt keinen Mangel, doch hat sich bis jetzt auch
nicht die leiseste Spur europäischer Bildung, wie dies z. B. in Teheran
der Fall ist, geltend gemacht. Der Unterricht besteht im Lesen des Korans
und der Dichter Hafiz und S'adi. Wer mit Hülfe mechanischer Mittel
multipliciren und dividiren kann, gilt schon als ein Mirza. Die Mädchen,
gewöhnlich vier bis sechs, erhalten ihren Unterricht Ton Perserinnen, die
hierdurch ihr Leben zu fristen suchen.
In der Industrie wird wenig geleistet, so dafs der Fremde bei Einkäufen
keine besondere Auswahl hat. Neben theuern Kaliuns, in Gold oder
Silber mit emaillirter Arbeit, und Waffen, bésonders Säbelklingen, die indessen
den Khorassanern an Güte nachstehen, dürften billige Manuscripte
(deren Handschrift indefs von dem Teheraner Hat übertroffen wird), theuere
geschnittene Steine und alte Münzen (viele nachgemacht) das Wenige sein,
was sich zum Ankauf empfehlen möchte. An Dellälen fehlt es natürlich
nicht, die den Fremden mit ihren Besuchen heimsuchen.
Die Lebensmittel sind in Schiraz wohlfeiler als an irgend einem andern
Orte Persiens. Dennoch ist das Leben im Ganzen für einen Mann
von Welt kostspielig, da das Halten zahlreicher Diener und häufige Einladungen
zu Gesellschaften viele Geldausgaben verursacht. In den Soireen
der Schiräzer dürfen geschickte Tänzerinnen und gute Musikanten nicht
fehlen, auch an Lichtglanz und Erfrischungen darf kein Mangel sein, so
dafs nach dieser Seite nicht geringe Kosten erwachsen. Im Haushalt selber
liebt man einen gewissen Luxus und vergeudet grofse Summen für schöne
Möbel, Stoffe und dergleichen mehr. Im Ganzen sind die reichen Schiräzer,
wie alle vornehmen Perser ungeheuer verschwenderisch, mehr als unter
gleichen Verhältnissen in Europa wohlhabende Leute. Die leichte Weise,
in welcher sie das Geld verdienen, macht ihnen den Werth desselben
gleichgültig und das Geben nicht schwer. Man darf nur einen Gegenstand
loben, so schenken sie denselben sofort. Andererseits sind sie eben so
ungenirt im Fordern dessen, was ihnen gefällt. Diese Freiheit legen die
Europäer meist als Unverschämtheit aus, ohne die Sitte des Landes in
Erwägung zu ziehen.
Die Einnahmen der Stadt und der Provinz, um auch darüber ein Wort
zu sagen, belaufen sich zufolge einer Mittheilung aus guter Quelle auf
350,000 Tomän. Diese Summe wird als jährliche Steuer an die Krone
gezahlt, soll aber, — wo bleibt sonst das Mudaklalf — bis auf 500,000
hinaufgeschroben werden. Die Mauth von Schiraz ist für 15,000 Tomän,
die von Bender - Buschehr für 18,000 verpachtet. In welcher splendiden
Weise Verdienste um den Staat Anerkennung linden, mag daraus hervorgehen,
dafs der Gouverneur von Fars allein 60,000 Tomän Zulage für besondere
Belohnungen etc. innerhalb seiner Verwaltung erhält.
Die Einkünfte aus der Mauth von Buschihr, welche sich nach der
obigen Angabe auf 18,000 Tomän (54,600 Thaler) belaufen, erreichen bei
weitem nicht die Höhe des Zolles früherer Zeit. Der Handel hat nach
dieser Seite hin nachgelassen und wird nur in geringem Mafsstabe mit Indien,
den Euphrat-Ländern und mit der ostafrikanischen Küste unterhalten.
Der Hafen von Buschehr ist so schlecht und seicht, dafs Schiffe nur in der
Entfernung einiger englischen Meilen die Anker werfen können und nur
kleinere Kähne im Stande sind, die mastenlose Rhede von Buschehr zu
erreichen. Zu diesen Schwierigkeiten treten neue in Gestalt beinahe un-
passirbarer Bergstrafsen, über deren grauenvollen Zustand die Berichte
aller Reisenden einmüthig lauten. Die KoteVs oder Engpässe, besonders