Zeit verschmolzen wäre; wo man auch hinsieht, prangt Gold und Lasur.
Die Malereien dieses Gebäudes, unter denen das Wollüstige und Nackte
stark vertreten ist, tragen sämmtlich den Stempel einer erstaunlichen Schönheit
und Heiterkeit an sich, und haben allerwärts Spiegel von Krystallglas.
Es giebt kleine Nebenzimmer, deren Wände und Kuppeln ganz und gar Spiegel
sind. Die Meubel jedes Gemaches sind über alle Mafsen prachtvoll und
zur grölsten Wollust anreizend. Einzelne Plätzchen sind eigentlich nur ein
Bett. Es ist eine bekannte Sache, dafs sich die Betten der Morgenländer
auf dem Erdboden befinden und der/Vorhänge entbehren; ich habe mit
Bewunderung eins gesehen, dessen Decke allein einen Werth von 2,000 Tha-
ler hatte; sie war aus Mard gemacht, wärmte also ebensosehr, als sie
leicht war. Man hat mir erzählt, dafs der König Matratzen hat, die gleichfalls
aus solchen Fellen gefertigt sind. Ueber die Ornamente dieses grofsen
Salons, die niedlichen Bilder darin, die Miniaturen, die Gefäfse könnte ich
ein Buch schreiben, ebenso wie über die Inschriften, die bald zärtliche
und verliebte Gedanken ausdrücken, bald auch Sittenlehren enthalten. In
meiner Schreibtafel finde ich folgende notirt.
Auf einer Blumenvase:
Die Tulpe wählt’ ich zum Symbole;
Das Antlitz ist Feuer, das Herz ist Kohle.
Trägt eine Schönheit den Kopf noch so hoch,
Mit den Füfsen berührt sie den Staub ja doch.
Wohl hundert mal hüpfte mein Herz hin und her,
Bald nach rechts, bald nach links, und blieb liebeleer.
Doch als es endlich dich hat gesehen,
Da blieb das Herze urplötzlich stehen.
Von dir noch länger getrennt zu sein,
Nicht vermag ich zu tragen solche Pein,
Noch hier zu weilen, von dir so fern.
Du meines Auges leuchtender Stern,
Dich hab’ ich verloren, mit Blindheit geschlagen,
Will ich hier das Leben nicht länger ertragen! *)
_-*) Zum Glück sind die Perser, welchen derartige poetische Ergüsse noch heutigen Tages
ungemein geläufig sind, nur in Worten wahnsinnige Verliebte. Werther’s Leiden ist noch
Der König ist der Hirt der Armen,
Schmückt seines Scepters Glanz Erbarmen.
Die Heerde ist nicht da des Hirten wegen,
Der Hirt vielmehr soll seine Heerde pflegen.
Du fragst: Was thut’s dem Wurm*), den ich zertrete?
Als Antwort will ich dir die Frage stellen:
0 sage mir, wie es dir selber thäte,
Sollt’ dich des Elephanten Fufs zerschellen?
Auf einem Kaminmantel:
Mach dir nicht Sorgen um den Winter,
Gesundheitsfrische steckt dahinter.
Ich kann das Geständnifs nicht'vorenthalten, dafs wenn man an diesem
Orte, der eigens für die Wonne der : Minne 'geschaffen ist, lustwandelt
und diese Gemächer und alle diese Nischen durchschreitet, man das Herz
so voll hat, dafs man, offen herausgesagt, beinahe stets aufser sich ist.
Ohne Zweifel trägt das Klima viel dazu bei, die Leute in eine verliebte
Stimmung zu versetzen, aber sicherlich sind diese Anlagen, obgleich in
mancher Beziehung nur Kartenhäuser, dennoch viel lieblicher und anmu-
thiger, als unsere kostbarsten Schlösser. Der König Soliman [1666—1694]
ist der Gründer dieses Salons, dessen Bau allein 50,000 Thaler gekostet
hat, die Meubel und was noch darum und daran hängt gar nicht mit eingerechnet.“
So weit"der alte C h a rd i n , der die Eindrücke gewifs in ungeschminkter
„Treue wiedergegeben hat. Heute zu Tage freilich fehlt manches Stück der
alten prächtigen Decorirung, vor allen die Meubel und sonstige Kostbarkeiten,
mit welchen die inneren Räume ausgeschmückt wären; manches ist
vergilbt und verblafst, dennoch aber ist des Schönen noch genug erhalten,
um dem Beschauer eine ununterbrochene Augenweide zu gewähren. Vor
allen zeugen die Kuppeln, sowohl die grofse Häuptkuppel der inneren
Saalhalle als die kleinen Deckengewölbe' in den Nebengemächem, von einer
nicht in das Persische ühersetzt worden und der persische Charakter zu sehr ostfranzösisch,
um aus Liebe das süfse Leben mit dem bittern Tode freiwillig zu vertauschen.
*) Im Original steht eigentlich die Ameise.