
 
        
         
		sich  die  Trümmer  einer  stadtähnlichen  Ruine  aus;  rechter  Hand  von  un-  
 serei  Strafse  häuften  sich  sonderbar  gestaltete Höhenzüge  auf mit zackigen  
 und  zerrissenen  Bergkämmen  und  mit  Schluchten,  die  vielleicht  nie  eines  
 Menschen  Fufs  betreten  hat.  Auf  der  Hochfläche  selber  standen  wie  mit  
 einer  Schnur  abgemessen  in  grader  Linie  lange  Reihen  brauner  Nomadenzelte, 
   aus  welchen  der  Rauch  der  Morgenküche  in  senkrechten  Säulen  zu  
 dem  reinen  blauen  Morgenhimmel  emporstieg.  Wie  diese Zelte  an  die Anwesenheit  
 menschlicher  Wesen  auf  der  traurigen,  hier  und  da  bebauten  
 Steppe mahnte,  so  erinnerte  ein Volk  auffliegender Rebhühner an  das, Leben  
 der  Thierwelt,  welche  in  ganz  Iran,  soweit  wir  das  Land  kennen  gelernt  
 haben,  nur  in  sehr  vereinzelten  Spuren  auftritt  und  dem  Reisenden  nur  
 selten  Gelegenheit  zu  Beobachtungen  oder  zur  Jagd  giebt.  Der  Anblick  
 von  Löwen,  Tigern,  Panthern  und  anderen  eben  nicht  sehr  angenehmen  
 Exemplaren  von  Raubthieren  gehört,  Gott  sei  Dank,  zu  den  Ausnahmefällen, 
   und  wer  nach Persien  reist,  um  nach  dieser Seite hin  auf Abenteuer  
 auszugehen,  wird  sehr  bald den vollständigsten Enttäuschungen Raum geben  
 müssen.  Die  Anwesenheit  der  Menschen,  die  regelmäfsigen  Züge  der Karawanen  
 auf  denselben  Strafsen,  die  seit  Jahrhunderten  die  Verbindung  
 zwischen  den  Städten  und  den  Dörfern  herstellen,  haben  die  Raubthiere  
 in  die Berge  oder,  wie  im  Gilan,  in  die Wälder zurückgedrängt,  aus  denen  
 höchstens  einmal  ein  hungriger  Wolf  hervorbricht,  um  in  eine  fettschwän-  
 zige  Hammelheerde  auf  den  dürren  Weiden  der  Hochfläche  einzubrechen.  
 Von  den  Raubvögeln  sind  Adler  und  Geier  die  häufigsten  Besucher  der  
 Karawanenstrafse,  da,  wie  wir  bereits Gelegenheit hatten  Zu  bemerken,  sie  
 gefallenes  Aas  sofort  in  ihren  Leib  zu  befördern  pflegen,  und  die  Spur  
 desselben  sehr  bald  herauswittern.  Das  Plateau  verengte  sich  allmälig  zu  
 wellenförmigen Zwischenthälern,  durch  welche  etwa 20  Grad  südöstlich  die  
 Karawanenstrafse  auf-  und  abführte.  Zuletzt  zogen  wir  an  dem  Ufer  eines  
 wasserreichen  Rudkhaneh  einher  bis  zu  dem  grofsen  baumreichen  Dorfe  
 Kkunda,  das  an  dem  anderen  Ufer  des  schmutziggelben  Bergwassers  gelegen  
 ist.  Die  ganze  Karawane  mufste  durch  das Wasser  waten,  das  Pferden  
 und  Maulthieren  bis  über  den  Bauch  ging.  Unter  schattigen  Weiden,  
 welche  daselbst  besonders  zu  gedeihen  schienen,  machten  wir  gleich  nach  
 7  Uhr  Halt,  um  etwa  eine  Stunde  lang  der  Ruhe  nach  dem  nächtlichen  
 Ritte  zu  pflegen.  Der Weg  nach  Sultanabad  führt  auf  derselben  Seite,  auf  
 welcher  das Dorf  liegtj  hochansteigend  weiter  und  geht zunächst  über  eine 
 steinige  sonnige Wüste,  welche  sich  bis  zum  Fufse  felsiger  Höhen  hinzieht  
 ubd  an  Traurigkeit  und  Oede  mit  der  afrikanischen  Sahara  um  die  Wette  
 streiten  darf.  In  der  Nähe  von  Khunda,  wie  gewöhnlich  rechts  und  links  
 von  der  Strafse,  lagen  zwei  Leichenäcker  mit  vielen  Gräbern,  zwischen  
 welchen  sich  eine  grofse Menge  von Aas  befand,  als  ob  die  heiligen Plätze  
 nichts  weiter  als  Schindanger  wären.  Der  Ritt  bis  zum  nächsten  Menzile  
 beit einer  brennendheifsen Sonne  war um  so  ermüdender,  als  die  landschaftliche  
 Umgebung  des  Reizes  abwechselnder  Formen  gänzlich  entbehrte  und  
 dieiPaar  Dörfer,  in  deren  Nähe  wir  vorüberzogen,  in  endloser  Ferne  von  
 uns  ab  lagen  und  wegen ihres  sichtbaren Abstandes  die Geduld im höchsten  
 Mafse  erschöpften.  Erst  gegen  2  Uhr  Nachmittag  zogen  wir  in  das  Dorf  
 Gfauwerdn  ein,  welches  zwischen hübschen Bergkuppen  gelegen  ist  und woselbst  
 wir  das  Haus  eines  frommen Mollah  bezogen.  Der Wirth  des Hauses  
 hatte  anfänglich  die  gröfsten Schwierigkeiten gemacht uns  aufzunehmen,  da,  
 wie  er  naiv  bemerkte,  die  Karawane  ihm  aus  zu  vornehmen  Personen  zu  
 bestehen  schien.  Zu  vornehme  Personen  unter  den  Persern  pflegen  nämlich  
 niemals  zu  zahlen,  sobald  sie  auf  Reisen  in  irgend  ein  Quartier  einrücken. 
   Unser Mollah  war deshalb  überglücklich,  als wir ihm  die Erklärung  
 gaben,  dafs  wir  Frengi  nicht  zu  jener  vornehmen  Welt  gehörten,  welche  
 nimmt  ohne  zu  geben,  und  dafs  wir  durchaus  nicht  nach  dem  persischen  
 Sprichworte  lebten,  das  Stroh  ist  nicht  dein,  sondern nur  die  Strohscheuer.  
 Wir  bezogen  die  Oberetage  des Hauses  und  kletterten  mit  vieler  Noth  gegen  
 Abend  auf  die  Fläche  des  Daches,  um  uns  noch  vor  dem  Schlafengehen  
 des Genusses  eines  herrlichen Sonnen-Unterganges  zu  erfreuen.  Das  
 flache  Dach  war  in  seiner  ganzen  Ausdehnung  mit  Weinbeeren  bestreut,  
 ebenso  wie  die  Dachterrassen  der  benachbarten  Häuser,  welche  daselbst  
 in  der  Sonnengluth  trockneten,  um  später  als  Kischmisch  oder  „Rosinen“  
 weit  und  breit  versendet  zu  werden. 
 ■Kaum  hatten  wir  in  der  folgenden  Nacht  bis  gegen  Mitternacht  uns  
 nach  den Mühseligkeiten  des Tages  des  stärkenden Schlafes  erfreut,  als  der  
 eifrige  Tscherwadar  und  seine  Knechte  bereits  alles' aus  den  Betten  trommelten, 
   um  zum  Aufbruch  zu  ermuntern.  Herr  und Diener  werden  hierbei  
 unterschiedslos  mit  gleicher  Strenge  behandelt  und  die  wartenden  Thiere  
 der Karawane nicht eher bepackt,  bevor nicht  das  letzte  Stück Bettzeug  zusammengerollt  
 daliegt.  Wie  Einem  zu  Muthe  ist,  so  in  aller  Nacht  aus  
 dem  Schlafe  gerüttelt  zu  werden,  um  sich  vom  Lager  zu  erheben  und  in