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 nur  hin  und  wieder  zogen  mit  lautem Geschrei Wandergänse  über  unseren  
 Häuptern  dahin. 
 Sobald  wir  die  Höhe  des  zweiten  Passes  erreicht  hatten,  marschirteu  
 wir  in  einem öden,  steinigen,  vielfach  gewundenen  Felsenthale  neben  einer  
 schmalen Rinne  einher,  deren  klares  frisches Wasser  mit  leisem  Gemurmel  
 dahinflofs,  immer  in  der  Richtung  unserer  Strafse.  Unsere  Perser  schöpften  
 mit  den  Händen  das  lebendige  Wasser  und  riefen  sich  einander  das  
 Wort  Roknabad!  zu.  Wer  ein  Perser  is t,  kennt  sicher  den  Namen  der  
 persischen  Hippokrene,  welche  der  unsterbliche  Dichter  Haftz  so  sehr  
 gepriesen  h a t,  und  wenn  er  auch  nicht  aus  ihr  schöpft,  um  zu  gleichem  
 Sange  begeistert  zu  werden,  so  weiht  er  doch  gern  dem  Andenken  des  
 gefeierten  Liederhelden  den  frischen  Labetrunk  aus  dem  klaren  Quell  
 Roknabad.  Hier  und  da  belebt  ein  schattiger Baum  in  der Nähe  eines  zerfallenen  
 Gebäu’s  die  wüstenähnliche Umgegend,  in  deren  trauriger  Einsamkeit  
 der  Dichter  manche  seiner  herrlichen  Oden  gesungen  hat. 
 Während  wir  verwundert  ob  des  wüsten  Antichambre’s  unmittelbar  
 vor  Schiräz  vielgepriesener  Schöne  langsam  einherritten,  bald  hier  bald  
 dort  über  Lachen  des  übergetretenen  Roknabdd  hinwegschreitend,  kam  
 der  vorausgesendete  nestorianische Diener Jahijä mit  der Nachricht  zurückgesprengt, 
   dafs  sich  der  preufsische  Eltschi  auf  einen  feierlichen  Empfang  
 vorbereiten  möchte.  Kaum  hatte  er  die  letzten  Worte  seiner  Mittheilung  
 ausgesprochen,  als  auch  bereits  an  einer Felsenwendung  die  ersten Pferdeköpfe  
 eines  grofsen  Reiterzuges  sichtbar  wurden.  Eine  Schaar  von  mehr  
 als  hundert  Reitern,  theils  persisch,  theils  europäisch  costümirt7  bildeten  
 den  prächtigsten  Istakbdl,  den  wir  je  in  Persien  zu  sehen  Gelegenheit  gehabt  
 haben.  Die  Reiter,  den  schönsten  Typus  des  Pe'rserstammes  zeigend:. 
   ein  volles,  rundes,  wohlgestaltetes  Gesicht  mit  brennend  schwarzen  
 Augen,  mit  halbmondförmig  gebogenen  Augenwimpern  darüber,  mit  
 gewaltigen  schwarzen  Bärten,  waren  eben  so  sauber  als  reich  gekleidet  
 und  ritten  auf  Pferden,  die  zu  den  herrlichsten  Thieren  gezählt  werden  
 durften,  die  wir  jemals  in  Persien  oder  sonst  wo  bewundert  haben.  Freilich  
 waren  sie  auch  ächt  arabischer  Abstammung,  so  edlen  Blutes,  wie  
 ihre Herren,  die  zum  gröfsten Theile  aus Fars,  dem  alten  Stammlande  der  
 Perser,  gebürtig  waren.  An  der  Spitze  des  Istakbdl’s  ritt  als  vornehmste  
 Person  des  ganzen  Zuges  der  Wezir-i-daulet  oder  Minister  des  Gouvernements  
 von Schiräz,  der  im  Namen  seines  erlauchten  Gebieters  Herrn  
 Baron  v.  M.  feierlich  begrüfsen  sollte.  Generale,  Offiziere  und  sonstige  
 Vornehme  der  Stadt  hatten  sich  ihm  angeschlossen,  ein  Jeder  von  einem  
 oder  mehreren  Gholdm's  begleitet,  welche  in  dichtem Gedränge  den  imposanten  
 Zug  schlossen.  Die  Perser  und Preufsen  trafen  endlich  zusammen,  
 die  Begrüfsungen  nahmen  ihren  Anfang,  waren  kurz  und  bündig  und  bestanden  
 ihrem  zweiten,  sehr  wesentlichen  Theile  nach  aus  silbernen  und  
 goldenen,  reich  emaillirten  Wasserpfeifen,  welche  die  Diener,  hier  und  
 dort  durch  die  dichte  Masse  mit  ihren  Pferden  sehr  geschickt  hindurch-  
 sprengend,  den  Europäern  dienstbeflissen  anboten.  Die  Kaliune  waren  
 verschieden  von  denen,  die  wir  bis  dahin  in Persien  als Hauptform kennen  
 gelernt  hatten.  Es  waren  dies  sogenannte Dschauzeh's  d.  h.  Wasserpfeifen,  
 an  denen  die  Glasflasche  durch  ein  kokosnufsförmiges  Gefäfs.  vertreten  
 war.  Die-Urform  dieser  Pfeife  hatte  ich  schon  früher  an  den  Ufern  des  
 Niles,  in  Aegypten  und  Nubien,  kennen  gelernt.  Dort  ist  es  in  der  That  
 eine  Kokosnufs,  welche  als  Flasche  dient,  an  welcher  zwei  verschiedene  
 hölzerne  Röhren  befestigt  sind,  die  eine  zum  Mundstück,  die  andere  zum  
 eigentlichen Pfeifenrohr bestimmt.  Der Unterschied zwischen  der ägyptischen  
 Gozeh  und  der  persischen  Dschauzeh  ist  aber  nebenbei  der,  dafs  aus  jener  
 meist  der  betäubende  Haschisch  oder  Hanf ,  aus  dieser  der  wohlduftende /  
 persische  Tumbaki  eingezogen  (kescUd'en).  wird. 
 Wir  dampften  mit  den  Persern  um  die  Wette.  Das  Gespräch  belebte  
 sich  allmählig,  freilich  oft  durch  unsere  und  der Perser bissigen und  schlagenden  
 Pferde  unterbrochen,  welche  mit  einander  gar  keine  Freundschaft  
 schliefsen  zu  können  schienen.  Das Thal verengte  sich  zusehends,  da plötzlich  
 unvergefslich  steht  uns  der  Anblick  noch  heute  vor  Augen  —  
 öffnete  sich  wie  eine  Theaterbühne  der  Berg  nach  beiden  Seiten  hin  und  
 in  anmuthigster Gestalt  zeigte  sich  einem  Zauberbilde vergleichbar  in  einiger  
 Ferne  zu  unseren  Füfsen  liegend  die  Stadt  Schiräz.  Die  lichten  Farbentöne, 
   welche  dieses  Bild  in  zarten  Duft  einhüllten,  stachen  wundersam  
 genug  von  den  eintönigen  dunklen Wänden  des Felsenthales  der Roknabäd-  
 Quelle  ab.  Die  Stadt,  in  tiefem  Hintergründe  von  einer  hellschimmernden  
 Bergkette  begrenzt,  dehnte  sich  in  regelmäfsiger  Gestalt  mit  ihren  hellbraunen  
 Häuserwürfeln  vor  unseren  Blicken  nach  beiden  Seiten  hin  aus,  
 scharf  begrenzt  durch  das  kantige  Felsenthor  vor  uns.  Ans  der  Häusermasse  
 tauchte  ballonartig  eine  grünlich  leuchtende Moscheenkuppel  empor.