die Estraden, die Fontäne, zum Theil auch die Bekleidung der Wände
bestehen aus polirtem, schön gezeichneten grüngelblichen Täbrizer Marmor,
die Wände sind mit Spiegelfacetten und Spiegeln bedeckt, die wie der
Marmor von Goldrändern eingefafst, mit Blumenstücken bemalt und mit
ausgeschnittenen europäischen bunten Bildern beklebt sind. Die sonstigen
Theile des Saales strotzen von dem Reichthum goldener Inschriften und
buntfarbiger Arabesken in Stuck und Malerei, das Ganze ist, um es kurz
zu sagen, ein glänzendes Schmuckkästchen, in dem Geschmack ächt morgenländischer
Phantasie angelegt, in das eine reizende Odaliske, aber nicht
die Figur eines würdigen Imam Dschum'a hineingehört. Am Eingang des
Saales stand eine ganze Schaar armer Frauen und Bettler aufmarschirt, die
mit bittender Miene die mageren Hände nach einem Almosen ausstreckten.
Mir-Sejid-Muhammed safs in einen einfachen Rock gekleidet, wie ihn die
mohamedanischen Geistlichen zu tragen pflegen, in dem hintersten Säulengange,
und zeigte sich auch im Gespräche als ein munterer, vielbewanderter
Weltmann, der zu reden verstand und ein sehr richtiges Urtheil entwickelte.
Wir verliefsen befriedigt sein Haus, um auch dem Haupte der christlichen
Religion in Persien, dem vielgefeierten Erzbischof T a te o s unsere
Huldigung darzubringen. Der Ritt nach Dschulfa über die lange Bogenbrücke
des Zenderüd dauerte geraume Zeit und endigte vor dem Eingänge
zur Hauptkirche in der christlichen Vorstadt, wo der Gesandte von mehreren
schwarz gekleideten armenischen Geistlichen empfangen wurde. Die
Kirche selber macht einen vortrefflichen Eindruck. Sie ist in Gestalt eines
Kreüzes angelegt, mit einer mächtigen Kuppel, auf deren Spitze das vergoldete
christliche Kreuz schon aus weiter Ferne sichtbar ist. Das Innere
der Kuppel ist mit einer Fülle reizender Blumen und Arabesken in sauberster
Malerei, meist auf goldenem Grunde bedeckt, ebenso die Wände,
an welchen in dicht gedrängter Reihe neben und über einander ältere Oel-
bilder, Kopieen guter Originale, aufgehängt sind, deren Gegenstände der
heiligen Geshhichte und der Legende entlehnt sind. ' Der untere Theil der
Wände ist mit schönen Fayence-Ziegeln mit eingebrannten bunten Blumen
auf weifsem Grunde bekleidet. Der persische Einflufs auf die christliche
Kunst ist allenthalben sichtbar und erinnert lebhaft an die bereits früher
beschriebene Kirche von Etschmiadzin in der Nähe von Eriwan. Durch
einen Seitengang, in welchem sich die Gräber der früheren Erzbischöfe von
Dschulfa befinden, gelangten wir über einen Hof mit einem freistehenden
Glockenthurm zu der Wohnung des Erzbischofes, die im ersten Stocke des
klösterlichen Wohnhauses gelegen war. Alles war hier sauber, aber unendlich
einfach, einladend, das kleine Gemach des Erzbischofes in der bescheidensten
Weise europäisch meublirt und decorirt.
Ich beklage, dafs meine schwache Feder nicht im Stande sein wird,
die würdevolle Gestalt Sr. Eminenz und die herzgewinnende Art und Weise
seines Benehmens mit aller Treue zu schildern. Er ist ein Kirchenfürst
im vollsten Sinne des Wortes, eine apostolische Figur aus den vergangenen
Zeiten des Christenthums, ein Vater seiner Kinder in der ganzen Bedeutung
des Ausdrucks. Mit welcher Wärme empfing er uns, wie freundlich
geleitete er uns an der Hand zu den bereit stehenden Sitzen, wie
strahlte sein mildes^ durch den langen weifsen Bart und das silberglänzende
Haupthaar doppelt ehrwürdige Antlitz vor inniger Freude, nach drei Jahren
langen Wartens einmal wieder Europäer bei sich zu sehen! Die ce-
remoniellen Formen gesandtschaftlichen Besuches verschwanden vor dem
einnehmenden Wesen des lieben guten Khalifen vollständig und bald befanden
wir uns so heimisch, als hätten wir das Glück seiner Nähe bereits
seit langer Zeit gekostet. Die Unterhaltung wurde in vier Sprachen von
den anwesenden Personen geführt, die, aufser uns, aus einem russischen
Maler, der im Aufträge des Schah Oelbilder anfertigt, aus zwei Priestern,
von denen der eine als Dolmetscher, der andere als Secretair des Erzbischofes
fungirt, so wie aus einem sehr melancholisch aussehenden dienenden
Bruder Mönch bestand. Bald hörte man russisch, auch der Erzbischof
spricht diese Sprache mit ziemlicher Geläufigkeit, bald armenisch,
bald türkisch, bald persisch.
’Der Erzbischof, damals als wir ihn sahen fünf und sechszig Jahre
alt, ist bereits zehn Jahre lang das Haupt der armenischen Christen in Persien
und der nach Indien ausgewanderten Armenier. In Persien befinden
sich nach seiner ausdrücklichen Versicherung 3,300 armenische Khanewdr,
in Indien, meist in Batavia, Surat, Bombay und Calcutta, 700 Khaneicar.
Sein Kirchensprengel umfafst defnnach 4,000 Familien oder ungefähr
28,000 Seelen. Die Christen in Indien, wohin von Zeit zu Zeit Priester
von Dschulfa als Diener der Religion gesendet werden', machen ihm die
meiste Arbeit und Sorge, da der Weg so weit und die Correspondenz aus
Mangel einer Postverbindung eine so unregelmäfsige ist. Seiner Aussage
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