war auch diese durch keinen besonderen Vorzug malerischer Wirkung ausgezeichnet:
eine lange und schiefe Mauer von grauen Erdziegeln ungleicher
Höhe mit kleinen Gucklöchern in verschiedener Lage, mit langen Rissen
und Spalten, gekrönt hier und da von Decken-Tonnengewölben, natürlich
so zerklüftet wie das ganze zugehörige Haus, zerfallene Thürme an den
Ecken der hinteren Häusermauer, an öinem Ende eine rumpelige Moschee,
aus grauen Erdschollen aufgebacken, in die man als besondere Zierde nicht
geringeres als alte, blau bemalte — englische Fayence-Teller eingemauert
hatte, oben auf dem sogenannten Imamzadeh so Etwas wie eine Spitze,
natürlich schief wie Alles in der Umgebung, das war das wenig reizende
Bild der Kehrseite von S'chulgistdn. In der-Nähe derselben liegt das Posthaus,
eine wahre Musterwirtschaft dem Dorfe gegenüber, in dessen engen,
verstaubten und zuchigen Unterzimmern, eigentlich Menschen-Ställen, wir
für die Nacht ein bescheidenes Unterkommen fanden. Um bei Leibe keine
Merkwürdigkeit zu vergessen, gedenken wir noch einer Wasserader mit
„behexten“ Fischen an der Seite des Posthauses, aus welcher Mensch und
Thier seinen Durst löschte, in welcher die Weiber ihre schmutzige Wäsche
wuschen, und neben welcher, eigentlich und genauer über welcher eine
Erdmauer aufgeführt ward, um eine Oertlichkeit abzugrenzen, die näher
zu bezeichnen mir Anstand und gute Sitte verbietet. Alles,_ was nur immer
menschlich und unmenschlich erscheinen konnte, war hief bei der Quelle
von Schulgistan vereinigt.
Nach einer entsetzlichen Nacht, -in welcher mich die Schmerzen keinen
Augenblick schlummern liefsen, brachen wir wie gewöhnlich beim ersten
Frühroth auf, um unser Menzil für den neunten October fünf Fersach weiter
südlich zu versetzen. Der Ort, eigentlich der ganze Bezirk, auf weL
chen wir über ein fortgesetztes Wüstenplateau ohne allen Reiz der umgebenden
Natur lossteuerten,, führt den gehaltvollen Namen Abadeh,, so viel
als bebaute und bewohnte Stätte bezeichnend. Je näher man demselben
kommt, je mehr leuchtet, zur grofsen Freude der Reisenden, die Wahrheit
dieser Benennung' ein. Bereits eine Stunde vor Abadhh zeigen sich in
grünem Pflanzenschmuck weitausgedehnte Felder und Gärten, ,sich hinziehend
bis zum Fufse der dunkelen Berge im Hintergrund, auf derem
einen, oben auf dem Gipfel, ein Imamzadeh, als Wallfahrtsort wohlbekannt,
schon in weiter Ferner sichtbar ist. Dorf reiht sich da an Dorf, bis endlich
das stattlichste aller, Abadeh, links von der Karawanenstrafse, in der
Nähe einer Wasserader, in den Vordergrund tritt. In der That darf sich
Abadhh, das bereits von älteren persischen Schriftstellern als starke
„Festung“ erwähnt wird, seiner hohen und derben Mauern und Thürme
rühmen. Selbst der Eingang, vor welchem sich der unvermeidliche — der
Leser erräth nunmehr schon — Leichenacker ausdehnt, macht den Eindruck
solider und zweckmäfsiger Bauart und sogar die ersten Häuserreihen,
zwischen welchen wir hindurchritten, bildeten leidliche Strafsen und Gassen,
freilich enge, da Abadeh eben eine „Festung“ ist, wenn auch auf deren
Bazar oder Bazartscheh sogar —^ Wiener Streichhölzer, irren wir nicht mit
der deutschen, Firma Po lack, verkauft werden. In einer Nebengasse linker
Hand von der Hauptstrafse bezogen wir ein recht gehäbiges, leer stehendes
Gehöft, dessen Besitzer gestorben war und das nun unter Administration
stand. Wir nahmen von zwei verschiedenen Gemächern Besitz, die Diener
und Soldaten N.ebenkammern, und hatten bald nach unserem Einzug die Genugtu
u n g , Feldtische und Stühle mit eigentümlichen Raritäten bedeckt
zu sehen. Wer in Persien gewesen ist und mit den Dellalen zu thun gehabt
hat, wird sich erinnern, Holzschnitzereien aller Art gesehen zu haben,
als deren Herkunft Abadeh bezeichnet wird. Die Leute hier zu Lande
besitzen in der That eine staunenswerte Fertigkeit, aus dem Birnbaumholze
so vortreffliche Gegenstände aller Art zu schnitzen, dafs man nicht
müde werden kann, die zahlreichen Proben ihrer Kunstfertigkeit zu durchmustern.
Theils sind e,§ Kasten, die mit reichen Zeichnungen, Ornamenten
und Inschriften bedeckt sind, theils Kalemdan’s-oder Schreibgefäfse, theils
Spiegeletuis, theils gröfse und kleine Löffel, theils anderes, was eben dem
persischen Geschmack zusagt. Die Löffel, für warme Suppen und kalte
Scherbets eingerichtet, erregen das meiste Erstaunen durch die Feinheit
der durchbrochenen Arbeit ihrer Stiele, die ohne Uebertreibüng füglich
mit einer Spitzenarbeit in Holz verglichen werden kann. Von besonderem
Interesse sind nebenbei für den Neuling die portativen Reiselöffel, so eingerichtet,
dafs,.oft über, ein Dutzend, einer immer kleiner- als der andere,
in einander gelegt werden können. Die Arbeiten von AbadeJt, ausgezeichnet
auch durch einen besonders feinen und hellen Lacküberzug, gehen
durch ganz Persien und erfreuen sich eines wohlverdienten Rufes. -Unser
Menzil wurde nicht leer von Bewohnern des Ortes , welche die hübschen
Arbeiten ihrer Hände' zum Verkauf anboten und das Glück hatten, ebenso
zufriedene äls willige Käufer zu finden. Ja der Vorrath reichte nicht aus