billig eingekauft hatten, um damit in Teheran ein Geschäft zu machen.
Das Herbeischaffen neuer und stärkerer Thiere und die gleichmäfsige Ver-
theilung des Gepäckes erforderte einen stundenlangen Aufenthalt, wir konnten
deshalb erst spät die Christenstadt Dschulfa verlassen. Unser Personal,
vermehrt durch den mitreisenden schwedischen Arzt, nahm Abschied von
dem liebenswürdigen Erzbischof, der es sich nicht nehmen liefs, uns mit
der gesammten Geistlichkeit bis zum äufsersten Thore des Klosters zu begleiten,
und zuletzt Küsse und Segenswünsche-reichlichst austheilte. Unsere
Karawane zog in der Nachbarschaft von Dschulfa mitten durch die
schmalen Flufsstreifen des Zajend'eh und dann beinahe eine Stunde lang durch
Häüserruinen eines Theiles der Stadt Isfahan, unter denen manch schönes
altes Werk durch die letzten Reste seiner ehemaligen Pracht unser gerechtes
Erstaunen erregte. Nachdem wir ins Freie gekommen waren, befanden
wir uns bald auf der grofsen Karawanenstrafse, die nach Teheran führt.
Der Weg ist Anfangs entsetzlich langweilig, die nächste Umgebung ist
unbebaut oder mit den Trümmerresten ehemaliger Dörfer und Gebäude
bedeckt, dagegen der weite Kranz gewaltiger Bergkolosse mit vorliegenden
Hügelketten unendlich malerisch. Zur rechten Hand nehmen die Ketten
und Berge bedeutende Dimensionen an, über sie hinweg ganz im
Hintergründe erhebt sich ein mit glänzendem Schnee bedeckter Kegel.
Am Fufs der niedrigen Hügel, doch in ansehnlicher Entfernung von uns,
dehnten sich in langer Zeile und scheinbar zusammenhängend, abwechselnd
Dörfer und Gärten aus. Die Vegetation hatte durch den Einflufs
der herbstlichen Jahreszeit in den letzten Tagen ihr grünes Kleid beinahe
gänzlich abgestreift; fast alle Bäume waren kahl und streckten traurig ihre
dürren Aeste in die hohle Luft hinein. Der Staub, eine sonst unvermeidliche
Zugabe der Wanderungen auf persischen Landstrafsen, war zum
Glück durch den Regen des vorhergehenden Tages zu Boden geschlagen
und unschädlich gemacht worden. Die nächste Station Gäz lag nur drei
Fersach von Isfahan entfernt, eine Strecke, zu der wir bei langsamem
Marsche vier und eine halbe Stunde Zeit gebrauchten. Rechts von der
Strafse und gegenüber vom Dorfe steht eine alte, ziemlich grofse, aber gegenwärtig
sehr abgeregnete Festung = QaVa, links von derselben eine grofse
Karawanserai aus der guten alten Zeit mit einem stattlichen Portale und vielen
Gemächern im Hofe, die indefs durch moderne Barbarei ihrer schönen
Granitplatten beraubt, worden war und wie ein angenagtes Stück Zuckerwerk
aussah. Gegenüber vom Portale befindet sich ein Cisternenbau, freilich
halb verfallen, der ein gleiches Alter mit der Karawanserai theilt. Gäz
verdankt seinen Ursprung einem Günstlinge des grofsen Schah Abbas, ist
aber gegenwärtig durchaus nicht so blühend, als es in früheren Zeiten gewesen
sein mufste, als die Karawanserai noch wohlerhalten dastand und
den gehenden und kommenden reichen Karawanen eine Raststätte darbot.
Von den alten Kenät oder den unterirdischen Wasserleitungen haben sich
die meisten noch ziemlich gut erhalten. Sie werden meilenweit von einer
Wasserader hergeführt und sorgen dafür, dafs das Dorf ein Abdd, ein bebauter
Platz bleibe.
Nach der Wasserfülle wird von der persischen Regierung die Steuertaxe
angesetzt, und ein jedes Dorf geht zu Grunde, wenn es einem reichen,
bei Hofe mächtigen nachbarlichen Grundbesitzer in der Nähe gefallen
sollte, das Wasser abzuleiten und nach seinem Terrain hinzuführen.
Welche ungeheuren Verluste hierdurch entstehen, hat die neuere Geschichte
Persiens in der auffallendsten Weise bis auf den heutigen Tag an zahlreichen
Beispielen gezeigt. Man stelle sich einen vornehmen Perser vor,
der am Hofe zu Teheran lebt, sich der Gunst des Schah erfreut und von
bedeutendem Einflüsse ist. Seine Dörfer, die durch jene kostspieligen
Wasserleitungen, deren Herstellung bisweilen Tausende von Dukaten gekostet
h a t, bewässert werden, sind an einzelne Stämme verpachtet, welche
durch fleifsige Bodencultur einen ansehnlichen Gewinn herausschlagen.
Die Pacht wird regelmäfsig gezahlt, die Dörfer sind von allen drückenden
Nebenabgaben fi-ei, Jeder fürchtet die Anwesenheit des einflufsreichen
Grundbesitzers am Hofe. Plötzlich fällt derselbe in Ungnade; von diesem
Augenblick an sind die Dörfer ruinirt, denn die nächsten Nachbarn leiten
das kostbare Wasser ab, die Vegetation verschwindet, und die Bew'ohner
des Dorfes, welche die Pacht zu zahlen nicht mehr im Stande sind, wandern
eines, schönen Tages sämmtlich aus. Die Felder liegen öde da, die
Wohnungen fallen in Trümmer, und in der Umgebung blühender Abdd
erhebt sich einsam und traurig ein Kharäb, das heifst eine Ruinenstätte
modernen Datums, das redende Zeugnifs der Willkühr im geehrten
Lande Iran.
Am 21. November um halb sieben Uhr,, bei dichter Finsternifs und
bei rauher und kalter Luft, verliefs unsere Karawane die Station Gäz, um
nach dem sechs Fersach weiter ab gelegenen Dorfe Murtschehdr zu pilgern.