
 
        
         
		wärtigen  Angelegenheiten.  Bei  den  Persern  ist  es  Sitte,  dafs  nicht  nur  
 die  ankommenden  Gesandtschaften  durch  einen  entgegen  gesendeten  Meh-  
 menddr  eingeholt  und  begleitet  werden,  so  lange  bis  sie  das  Ziel  ihrer  
 Reise  erreicht  haben,  sondern  dafs  auch  die  Persien  verlassenden  Ambassaden  
 von  einem  solchen  Reisemarschall  bis  zur  Grenze  ein  Geleit  erhalten. 
   Wir  durften  uns  schon  aus  diesem  Grunde  den  Mehmenddr  gefallen  
 lassen,  und  hatten  uns  in  der  Folge  um  so  weniger  darüber  zu  beklagen,  
 als  sich  derselbe  auf  der  ganzen  Reise  bis  Persien  als  ein  dienstfertiger  
 und  aufmerksamer  Mann  erwies. 
 In  so  vermehrter  Begleitung  verliefsen  wir  am  28. Mjirz  den  Ort  und  
 hatten  hinter  demselben  die  Genugthuung,  das  bei  unserer  ersten  Anwesenheit  
 leere  Rudekhaneh  bis  zum  Uebertiufs  mit  strömendem  Wasser,  das  
 der  Regen  und  schmelzende  Schnee  von  den  Bergen  her  gespendet  hatte,  
 angefüllt  zu  sehen.  Eine  schwankende  Hölzbrücke  führte  nach  dem  jenseitigen  
 Ufer,  woselbst  in  steigender Höhe  die Landschaft  an  winterlichem  
 Charakter  zunahm.  Nachdem  der  Regen  eine  Stunde  lang  gedauert  hatte,  
 wurde  er  dm-ch  einen  orkanartig  wehenden  Wind  ersetzt,  der  uns  gerade  
 in  das  Gesicht  mit  so  gewaltiger  Kraft  blies  und  den  ganzen  Körper  mit  
 eisiger  Kälte  durchdrang,  wie  ich  es  bis  heutigen  Tages  nicht  wieder  erlebt  
 habe.  Die  Pferde  vermochten  nicht  in  gerader  Richtung  vorwärts  zu  
 gehen,  sondern  nahmen  unwillkürlich  eine  Seitwärtsstellung  ein,  um  dem  
 Orkan  nur  einigermafsen  Widerstand  zu  leisten.  Der  Weg  war  ziemlich  
 traurig,  die  todten Felsenstücke  erschienen  noch  todter  durch  die  Schneedecke  
 darauf,  und  die  Dörfer  an  der  Seite  linker  Hand  zeigten  sich  bis  
 zu  den  niedrigen  Dächern  der  Häuser  hinauf  in  Schnee,  begraben.  Ein  
 Mann,  dessen  dünne  sommerliche  Tracht  mein  ganzes  Mitleid  erregte,  
 stand  einmal  am  Wege  und  streckte  mit  lautem  Rufen  die  Hände  bittend  
 nach  mir  aus.  Sein  Begehr  war,  einen  meiner  nichts  weniger  als  hübschen  
 persischen  Diener,  R iza ,  der  mich  bis  zur  russischen  Grenze  begleiten  
 sollte  und  seine  Frau  ohne  einen  Schahi  in  Teheran  zurückgelassen  
 hatte,  zu  bewegen,  von  dem  ihm  vorgeschossenen  Gelde  eine  Summe  
 der  mittellosen  Frau  zu  übergeben.  Als  nächster  Verwandter  der  Frau  
 hielt  er  sich  für  berechtigt  bei  mir  Klage  zu  führen,  nachdem  er  Tags  
 vorher  von  Teheran  aufgebrochen  war,  um  unserer  Karawane  aufzulauern.  
 Da  ich  mich  in  Familienangelegenheiten  nie  gern  eingelassen  habe,  so  empfahl  
 ich  das  Schicksal  der  berCgten  Angelegenheit  einer  vermittelnden 
 Besprechung  beider  betheiligten Personen  an,  deren  endlicher  Schlufs,  wie  
 ich  aus  der  Ferne  wahrnahm,  eine  gegenseitige  höchst  kräftige  Prügelei  
 auf  offener  Landstrafse  bildete,  wobei  der  heulende  Orkan  eine  schaurige  
 Begleitungsmusik  zum  Besten  gab.  Nachdem  diese  Familienangelegenheit  
 in  beschriebener Weise  beendet war,  erreichten wir bald  darauf einen  Strom  
 mit  dahinschiefsender  schmutziger  Wassermasse,  über  welcher  sich  eine  
 Brücke  aus  rothen  Ziegelsteinen  erhob,  die  zu  einer  höchst  malerischen  
 Berglandschaft  im  schönsten winterlichen Schmucke im Hintergründe  führte.  
 Nur  mit  Hülfe  unserer  Perser  war  es  möglich,  die  richtigen  Spuren  der  
 Strafsen  aufzuiinden,  welche  nach  den  verschiedenen  Dörfern  an  und  neben  
 dem  Karawanenwege  führten.  Nach  einer fünfstündigen Reise  erreichten  
 wir  das  acht  Fersach  von  Teheran  ab  gelegene  Dorf  Qerrätsch,  woselbst  
 wir  in  dem Schlosse Feth-Ali-Schah'e  ein Unterkommen  für  die Nacht  
 fanden.  Auch  hier  war  die Theuerung  übergrofs  und  man  mufste  den Bat-  
 man  Brot mit  dreifsig  Schahi  (statt  früherer  fünf!)  bezahlen.  Es  ist  dies  
 derselbe  Ort,  welcher  in  dem  ersten  Bande  dieses  Werkes  unter  dem  ändern  
 Namen  Suleimanijeh  aufgeführt  worden  ist.  Der  Kastellan  desselben  
 empfing  uns  mit  derselben  Freundlichkeit  wie  früher,  und  wir  verbrachten  
 die  Zeit  mit Besichtigung  der  schon  beschriebenen Wandgemälde  der Kad-  
 scharen-  Dynastie. 
 Am  29sten  verfolgten  wir  den  sehr  kothigen  Weg  von  Qerrätsch  nach  
 Kitrddn.  Immer  am  Fufs  der  Berge  entlang  marschirend,  bei  trübem  und  
 bewölktem  Himmel  und  bei  einer  weniger  winterlichen  Landschaft  als  am  
 vorigen  Tage  legten  wir  die  Entfernung  von  vier  Fersach  in  verhältnifs-  
 mäfsig  kurzer  Zeit  zurück,  ln  dem  baumreichen  Orte  gewährte  uns  ein,  
 wie  es  schien  wohlhabender  Rajet  freundlichst  Quartier,  und  zwar,  in  seinem  
 Talar  oder  Salon,  freilich  nur  aus Erde  roh  aufgeführt,  mit  einer Art  
 von Balkon  davor.  Der letztere war  höchst primitiv  durch natürliche Baumstämme  
 als  Säulen  gestützt,  die  als  Kapitäl  ein  breites  eingekerbtes  Querholz  
 trugen.  Das  Panorama  von  dem  Balkon  aus  entsprach  durchaus  der  
 ureinfachen Bauart  des  letzteren.  Wir  hatten  die Aussicht  nach  einer erdigen  
 Hofmauef;' im  Hofraume  quälte  sich  mageres Rindvieh  damit  ab,  dürre  
 Holzwurzeln  als  Futter  in  den  hungrigen  Magen  zu  bringen;  ein  anderer  
 Theil  des Hofes  war  als  Garten  benutzt,  in  welchem  vor  allen  schlank  gewachsene, 
   dicht  neben  einander  stehende  Pappeln  und  die Dicke  der Weinreben, 
   Welche  zum  Theil  in  üppiger  Fülle  die  Pappeln  hinaufgerankt  wg