Der Weg führte von der Karawanserai aus, in der wir die Nacht über
geschlafen hatten, über eine kleine salzhaltige Wasserader, neben der tiefliegenden
Süfswasser-Cisterne vorbei, in der Richtung nach links auf die
grofse Karawanenstrafse. Er ist langweilig, — die Salzwüste macht hier
schon ihren Einflufs geltend, — aber so glatt und eben wie eine chaus-
sirte Strafse. Beim Sonnenaufgang erfreuten wir uns jenes Anblickes, der
dem Aufenthalte in alpinen Landschaften einen so hohen Reiz verleiht.
Der hohe schneebedeckte Kegel und der untér ihm liegende Kamm des
Gebirges leuchtete wie Alpenglühn in rosenfarbigem Lichte. Vor uns,, doch
weit im Hintergründe, erhob sich über tiefdunkle Klippenzüge, und in
weifsrothem Lichtglanz fernhin leuchtend, der Gebirgsstock des JKvhi'ud.
Nach der persischen Sage soll dort der treulose Bessus den König Darius
auf seiner Flucht vor Alexander ermordet haben.
Zu unseren Fiifsen beleuchtete dié Sonne das öde Blachfeld, auf welchem
wir langsamen Schrittes einhermarschirten, ohne zu wissen, dafs wir
auf historischem Boden einherwanderten. Hier war es nämlich, wo im
Jahre 1729 Nadir Schah einen so entscheidenden Sieg über die Afghanen
davon getragen hatte.
Nach einem Marsche von ungefähr drei Meilen begegneten wir einer
ganz-zerfallenen und elenden Karawanserai, deren schwarze Steinplatten
am Fundamente wie Spott und Hohn gegen den übrigen, aus Erdziegeln
aufgeführten Bau aussehen. Unsere Persqr führten von ihr die bedeutende
Thatsache an, dafs die königlichen Prinzen und Grofsen auf ihren Wanderungen
darin zu frühstücken geruhten.
Der weitere Weg führte aufwärts nach fünfstündigem Marsche, zu einem
niedrigen Bergquerzuge, auf dessen Höhe ein Pafs den Zugang nach der
jenseits gelegenen Ebene öffnete. Die Gegend hier ist nicht rechtN geheuer,
da es nicht selten ist, dafs Luren und Bakhüaren die Karawanen überfallen
und berauben. Von dem Passe aus sahen wir die Station in einem
Kranz noch grüner Baumgärten deutlich vor uns liegen. ' Vor ihr erhebt
sich eine im Verfall begriffene Karawanseraig welche den Namen Mader-i-
Schah, das heifst Mutter des Schah, führt, und der Angabe- der Perser
nach von der Mutter des Schah Abbas erbaut sein soll. Sie gehört mit
zu denjenigen Bauten jener Zeit, diè sich durch die Schönheit ihrer Ausführung
ganz besonders hervorthun, und erhebt sich auf einem Fundamente
mächtiger Quadern und Platten, welche aus einer schwarzen, von weifsen
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Adern durchzogenen, einst schön polirten Steinart bestehen. Die einzelnen
Werkstücke, sowohl aufsen wie im ganzen Innern des Hofes und des gepflasterten
Einganges, tragen folgende alte Bauzeichen:
L T U A
Von der Karawanserai aus, welcher das räuberische Gesindel nicht selten
seine Besuche abstattet, bis zum Menzile blieb uns noch eine volle Fer-
sach Weg übrig. In der Nähe eines Leichenackers mit schönen Grabsteinen
und Grabdenkmälern älterer Zeit vorbei, zieht sich die Strafse am
Rande eines salzwasserhaltigen, von kleinen Fischen belebten Baches hin.
Wir bezogen in dem Dorfe, das durchaus keinen angenehmen Anblick
darbietet, die kleine neugebaute, daher noch reinliche Tschaparkhanöh
oder das Posthaus, und machten von hier aus unsere nicht sehr ausgedehnten
Ausflüge in der Nähe.
Murtschehar, eine Festung, hatte in älteren Zeiten eine besondere Bedeutung
und zählt noch gegenwärtig, obgleich sehr heruntergekommen,
tausend Khanewar oder Familien. Das Quellwasser bezeichnete mir ein
Bewohner des Ortes unter dem Namen Gürgäb, indem er hinzufügte, es
sei warm und nicht trinkbar; daher man es in dem nahe gelegenen Ab-
embar oder der Wasseranstalt abkühlen müsse; dann erst sei es Äb-khuraki
oder trinkbares Wasser. Das in Rede stehende Gebäude sah wie ein grofses
gefülltes Bassin aus, mit einem Dache darüber. Auf der ändern Seite des
Dorfes, dicht an der Landstrafse, befand sich eine Wassermühle (asidb)
und ihr gegenüber eine prachtvolle, natürlich verfallene Karawanserai aus
den Zeiten Schah Abbas. Es ist auffallend, wie grofs die Zahl (in geringen
Abständen von einander) jener herrlichen Karawanseraien is t, mit
welchen mächtige, Fürsten in den vergangenen Jahrhunderten das persische
Land nach allen Richtungen hin bedeckten. Weder der Zahn der Zeit,
noch die zerstörende Hand des Menschen hat die meisten derselben bis auf
den Grund zu vernichten vermocht, und sie bieten selbst in ihren Trümmern
gegenüber den winzigen elenden Schöpfungen der Gegenwart das
redendste Zeugnifs des ehemaligen Blüthezustandes Persiens noch im sechszehnten
und siebzehnten Jahrhundert dar. Sollte sich Jemand von den
Europäern, welchen Beruf oder kaum wahrscheinliche Reiselust nach Persien
führt, der Mühe unterziehen, eine vollständige Topographie der noch
vorhandenen Karawanseraien zusaromenzüstellen, so würden wir ein weit