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 zu  geben.  Da  ich  mich  aber  einmal  mit  dem  jetzt  lebenden  Geschlechts  
 der  Perser  beschäftigt  habe,  so  beschränke  ich  meine  Bemerkungen  
 in  der  angedeuteten  Weise  und  beginne  die  litterarische  Betrachtung  
 zu  meiner  eigenen  grofsen  Freude  als  ehrlicher  Panegyrist  mit  einer  
 Lobrede. 
 Wahrlich  ist  es  ein  schöner,  nachahmuugswerther  Zug  im  Charakter  
 der  Perser,  dafs  die  ganze  Bevölkerung  ohne  Ausnahme  durch  einen  angeborenen  
 offenen  Sinn  für  jede  Art  litterarischer  Bestrebungen  ausgezeichnet  
 ist.  Der  König  auf  dem  Throne,  der  Minister  im  Diwan,  der  
 Mirza  in  der  Schreibstube,  der  Kaufmann  in  der  Bude,  der  Wasserträger  
 auf  der  Gasse,  der  Bauer  in  der  Hütte,  die  Frau  im  Harem,  alle  sind  sie  
 Bewunderer  und  Verehrer  der  nationalen  Litteratur,  alle  sind  sie  im  höchsten  
 Grade  begeistert  von  der  Schönheit  und  der  Gefälligkeit  der, Form,  
 der Bilder,  der Gedanken,  des  Inhaltes  der Werke  berühmter  Schriftsteller.  
 Und  nicht  nur,  dafs  die  Perser  ein  gut  Theil  der  Zeit,  welche  ihnen  von  
 den  nothwendigsten  Geschäften  des  Tages  übrig  bleibt,  dazu  verwenden,  
 die  Schriften  iranischer  Dichter  und  Prosaiker  eifrig  zu  lesen  und  zu  stu-  
 diren  (sewdd  duschten),  nicht  nur,  dafs  sie  ganze  Verse  und  Sätze  auswendig  
 lernen  (he/s  kerd'en) ,  um  solche  in  der  mündlichen  Unterhaltung  
 oder  in  ihren  schriftlichen  Mittheilungen  in  passender  Weise  zu  verwert 
 e n :   selber  auch  tauchen  sie  gedankenvoll  das  Schreibrohr  in  die  zähe  
 schwarze  Farbe  des  Kalemdan,  um  sich  in  der  Kunst  zu  erproben  und  zu  
 üben,  schön  und  geschmackvoll  zu  schreiben.  Eine , schöne Hand,-ein  schöner  
 Styl  (ibaret),  ein  -schöner  Gedanke  setzt  den  Perser  in  das  höchste  
 Entzücken.  Diese  den  Geist  veredelnde  Anlage  der  Bewohner  von  Iran  
 ist  ein  so  verbreitetes  Erbtheil,  dafs  ein  allgemeiner  Wetteifer  nach  litterarischer  
 Ausbildung  unter,  dem  Volke  herrscht  und  die  Hochgebildeten  
 nach  dem  Rufe  eines  vollendeten  Schriftstellers  mit  sichtbarem  Eifer  streben. 
   .Selbst  der  König  atif  dem  Throne  mufs  seinen  Platz  in  der  Litteratur  
 dem  Schems-e’-schu'erä  oder  „der  Sonne  der  Dichter“  und  dem  Me-  
 lek-d-schiderd  „Könige  der  Dichter“  einräumen,  und  geizt  mit  leidenschaftlicher  
 Begierde  nach  dem  Ruhme,  dafs  seine  Werke  von  den  Fürsten  der  
 Poeten  als  klassische  bezeichnet  und  somit  der  Unsterblichkeit  geweiht  
 werden.  Bekannt  ist,  dafs  Feth-Ali-Schah,  dessen  prosaische  Arbeiten  
 einen  höheren  Werth  erlangt  haben,  als  seine  zu  einem  vollständigen  DL 
 wäne  vereinigten  Versuche  auf  dem  Felde  der Poesie,  selbst  Intriguen  und  
 Gewalttat  nicht  für  schmähliche  Mittel  ansah,  um  den  zu  seiner  Zeit  
 lebenden  „Dichterkönig“  Feth-Ali-Khan  zu  bewegen,  seinen  königlichen  
 Diwan  mit  dem  Ehrenkranz  des  Klassischen  zu  krönen.  Die  höchsten  
 Aemter  und Würden  werden  demjenigen  zu  Theil,  welcher  sich  durch  seine  
 Vollendung  als  Schriftsteller  auszeichnet,  und  selbst  nach  seinem Tode wird  
 jede  von  ihm  geschriebene  Zeile  als  ein  kostbares  Andenken  aufgesucht  
 und  bewahrt,  und  schöne  gedankenvolle Aussprüche  von  ihm  leben  in  dem  
 Munde  der  Nation.  Ich  selber  habe  bisweilen  die  von  Anderen  bereits  
 hervorgehobenen  Worte  citiren  hören,  welche  der  unglückliche  Kaimakam  
 wenige  Minuten  vor  seinem  Tode  aussprach,  als  die  Henker  des  Königs  
 Mvhammed- SchaK's  in  das  Gartenschlofs  von  Negaristän  eintraten,  um  ihn  
 durch  Polsterkissen  dem  Erstickungstode  zu  weihen:  rüzgdr  est  ln  keh  gdh  
 izzetdehed  gdh.khdr  däred — "tscAärkh  baziglr  äz  ln  bäzltschehd  besiar dared  
 „So  ist  die  Welt!  Bald  giebt  sie  Ehren,  bald  hat  sie  Dornen;  —  das  
 „Glück,'  ein  Spieler,  hat  von  diesen.  Spielchen  gar  viele!“ 
 Unter  den  hochstehenden Personen  der  neusten  Zeit  haben  die  beiden  
 Minister  Mirza-Said-Khan  und  der  bekannte  Ferrvkh-Khdn  den  Ruf,  sich  
 in  Rede  und  Schrift  durch Eleganz  und  Gedankenreichthum  des Ausdrucks  
 hervorzuthun,  so  dafs  ihre  diplomatischen  Actenstücke,  Briefe  und  Billete  
 von  den  Persern  mit  dem  gröfsten  Wohlgefallen  gelesen  werden.  Dafs  
 diese  nicht  immer  dem  europäischen  Geschmacke  Zusagen,  da  sie  mehr  
 dureh  die  Form  des  Ausdruckes  und  durch  die  Wahl  der  Bilder  blenden,  
 als  durch Gedankenfülle  des  Inhaltes’befriedigen,  mag  zugegeben  werden,  
 ist  aber  eine  specifische  Eigentümlichkeit  aller  morgenländischen  Litteratur. 
   In  letzterer  Beziehung  kann  die  in  Teheran  herausgegebene  illu-  
 strirte  Staatszeitung  (Rüznämeh) ,  unter  der  Redaction  S.  M.  des  Schah,  
 als  ein  wahres  Muster  angesehen  werden.  Die* Erscheinung  jedoch,  dafs  
 man  aber  gerade  in  neuster  Zeit  angefangen  hat,  den  europäischen Anforderungen  
 und  Fortschritten  Rechnung  zu  tragen,  gereicht  den  Persern  
 ebenso  sehr  zur  Ehre,  als  sie  den  Beweis  liefert,  dafs  europäische  Gei-  
 stescultur  im  Lande  Tran  einen  sehr  günstigen  Boden  gefunden  hat  und  
 auch  fernerhin  im  ausgedehntesten  Mafsstab  finden  wird.  Am  meisten  haben  
 ,  meiner  Meinung  nach,  dazu  beigetragen  die  Erziehung  persischer  
 Kinder  in  Europa  und  die  Üebersetzung  europäischer  wissenschaftlicher  
 und.  belletristischer  Werke  in  das  Persische,  In  Paris  erhalten  meist  auf