
 
        
         
		und Wohnung,  mangelhafte Kleidung,  die  grausame Behandlung  hatten  ihn  
 schliefslich  so  herunter  gebracht,  dafs  seine  Gesundheit  nach  einer  hinzugetretenen  
 Dysenterie  den  härtesten  Stofs  erlitt  und  sein  Leben  in  der  
 höchsten  Gefahr  schwebte.  Die  Briefe,  welche  er  nach  Teheran  an  seine  
 Landsleute  richtete,  athmeten  Jammer  und  Elend,  und  beschworen  den  
 französischen  Gesandten,  ihn  sobald  als  möglich  von  seinen  Leiden  zu  erlösen. 
   Wie  es  nicht  anders  bei  Geschäften  mit  Persern  der  Fall  ist,  zogen  
 sich  die  diplomatischen Unterhandlungen  in  die Länge,  so  dafs  B lo c -  
 v i l l e   erst  ganz  spät  für  eine  Lösesumme  von  100,000  Francs  losgekauft  
 wurde.  Die  sehnlichst  erwarteten  Haupturheber  des  ganzen  Unglücks,  der  
 Gouverneur  von  Khorassan  und  sein  Wezir,  der  Gawdm-ed-daulet,  wollten  
 immer  und  immer  nicht  eintreffen,  da  sie  hofften,  dafs  sich  mit  der  Zeit  
 der  Zorn  des  Schah  legen  würde.  Die  Bevölkerung  Teherans  schob  die  
 meiste  Schuld  auf  den  Wezir,  welcher  eigentlich  Herr  in  der  Administration  
 von  Khorassan  war,  während  dem  Prinzen Hamza  eigentlich  nur  das  
 Geschäft  oblag,  —  Todesurtheile  zu  unterschreiben. 
 Das  Leben  inmitten  der  europäischen  Gesellschaft  Teherans  in  der  
 winterlichen  Jahreszeit  liefs  nichts  zu  wünschen  übrig.  Die  Gesandtschaften  
 gaben  Diners  und  Soireen,  in  welchen  sich  das  ganze  Europäerthum  
 Teherans  vereinigte ,-um   in  gemeinsamen  Erinnerungen  an  Europa  
 einige  Stunden  des  Abends  hinzubringen.  Die  jüngeren  Mitglieder  
 setzten  sich  wohl  auch  an  den  Spieltisch,  um  bis  in  die  späte  Nacht  
 hinein  das  bei  Persern  und  Europäern  gleichbeliebte  Hazardspiel  durchzuführen. 
   Den  meisten  Mangel  litt  die  europäische  Gesellschaft  Teherans  
 durch  die  geringe  Zahl  der  dort  vertretenen  Damenwelt,  und  wenn  
 auch  die  Liebenswürdigkeit  der  anwesenden  Frauen,  vor  allen  der  Baronin  
 v.  P i c h o n ,  Gattin  des  französischen  Gesandten,  und  der  vortrefflichen  
 Frau  J e s s e n ,   Gemahlin  meines  Freundes,  des  russischen  Legations 
 Secretairs,  im  Stande  war,  einen  gröfseren  oder  kleineren  Zirkel  
 auf  das  Angenehmste  zu  fesseln,  so  seufzte  doch  beinahe  die  ganze  Männerwelt  
 nach  der  häuslichen  Frauenwelt  und  nach  dem  Familienkreise  der  
 Heimath.  Nirgends  haben  wir  so  sehr  als  während  unseres  Aufenthalts  
 in  Persien,  die  Wohlthat  weiblichen  Umganges  vermifst  und  mit  wahrer  
 Sehnsucht  nach  dem  Augenblick  geschmachtet,  der  uns  nach  der  europäischen  
 Heimath  zurückführte. 
 Der  liebste  Zirkel,  in  dem  wir  uns  Preufsen,  der  deutschen  Elemente 
 halber,  am  wohlsten  fühlten,  war  der  gemüthliche  Abendkreis  bei  Freund  
 J e s s e n .  Es  wurde  musicirt,  gesungen  und  geplaudert  bis  spät  in  die  
 Nacht  hinein,  und  man  trennte  sich  nur  mit  dem Versprechen,  sich  sobald  
 wie  möglich  wiederzusehen.  J e s s e n ’s Haus  lag  in  der russischen Gesandtschaft  
 in  der Burg,  so  dafs  wir  allabendlich  bei  unsenn Hin- und Hergange  
 die  beste Gelegenheit  hatten,  das  Leben  und Treiben  am  späten Abend und  
 in  der Nacht  hier  näher  kennen  zu  lernen.  Kaum  war  die  Sonne  untergegangen, 
   so  wurden  nach  altmohamedanischer  Sitte  die Thore  der Burg  geschlossen  
 und  kein Mensch  in  dieselbe  eingelassen,  welcher nicht im  Stande  
 war,  den Wachtposten  das  Ism-i-schäb  oder  das  geheimnifsvolle  Nachtwort  
 mitzutheilen.  In  dem  Wachtgebäude  am  Thore  lagen  die  Soldaten  
 auf  dem  Erdboden  und  schnarchten  nach  Herzenslust.  Die  Hauptstrafsen  
 der  Burg,  deren  Steinpflaster  die  Regengüsse  der  vorangegangenen  Tage  
 so  aufgeweicht  hatten,  dafs  der  ganze  Boden  ein  gräuliches  Gemenge  
 schmiegsamen  Kothes  und  kantiger  Steine  neben  fufstiefen  Löchern  war,  
 erhellten  in  langer  Reihe  aufgesteckte  russische  Stearinlichte  in  Glaslampen  
 bis  zu  den  Gängen  der  kaiserlichen  Wohnung  hin.  Die  Karaul  oder  
 Schildwachen,  die  alle  hundert  Schritt  als Hüter  und  Wächter  der  öffentlichen  
 Sicherheit  aufgestellt  waren,  schliefen  so  fest,  als  ob  sie  sich  in  
 dem  wärmsten  Bette  befänden,  und  wurden  regelmäfsig  durch  unsere  voranschreitenden  
 Soldaten  mit  Hülfe  des  langen  Stockes  aufgeweckt,  um  
 schlaftrunken  die  militairischen Honneurs  nach  europäischem System  zu bezeugen. 
   Wenn  Gott  nicht  über  die  Sicherheit  der  „heiligen  Allgegenwart“  
 auch  bei  Nacht  wachen  würde,  seine  Soldaten  thäten  es  wahrhaftig  nicht. 
 Zu  dem  Hapteingaung  der  Wohnung  des  Schah  führen  verschiedene  
 Thore  mit  Gängen,  an  welchen  mehrere  Wachtposten  aufgestellt  sind  und  
 von  denen  jeder  im  Besitz  einer  anderen  Nachtparole  ist.  Um  hinein  zu  
 kommen,  mufs  Einer  sämmtliche  Parolen  wissen,  oder  aber  dem  Posten  
 einige  Silberstücke  einhändigen,  nach  welcher  Freigebigkeit  es  ihm  gestattet  
 ist,  ungehindert  einzupassiren. 
 Am  21. December  früh  7  Uhr  verkündigte  ein  starker  Kanonenschufs  
 der  gesammten  Stadt  Teheran,  dafs  Se.  Majestät  so  eben  sein Rofs  bestiegen  
 habe,  um  sich  auf  die  Jagd  zu  begeben,  welche  zwei  Fersach  von  
 Teheran  entfernt  stattfinden  sollte.  Das Ereignifs  war  gleichbedeutend  mit  
 der  Gewifsheit,  dafs  sofort  schlechtes  Wetter  eintreten  würde,  was  in  der  
 That  auch,  in  der  darauf folgenden Nacht,  nicht  lange  auf sich warten liefs.