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 Linien  viel  schärfer,  alle  Formen  viel  präcisirter.  Die  Durchsichtigkeit  
 der  Luft  lälst  die  Entfernungen  schwinden  und  zeigt  alle  Formen  in  viel  
 zarteren  und  mannigfaltigeren  Sehattirungen.  Auf  der  Höhe  des  Passes  
 steht  eine  neue,  von  dem  berühmten  oder  berüchtigten  Hadschi  Gawam  
 erbaute  Karawanserai,  die  einem  lange  gefühlten  Bediirfnifs  der  Karawanen  
 abhilft.  Der  Weg  führte  nach  zwei  Stunden  weiter  auf  der  Höhe  des  
 Kammes  entlang  durch  Anpflanzungen  einer Art Eichen,  die  allerdings  nur  
 in  der  Frucht  eine  Aehnlichkeit  mit  den  unsrigen  haben.  Sie  werden  von  
 den  armen Bergbewohnern  zir Mehl  zerrieben  und  zu  einem wenig schmackhaften  
 Brod  gebacken.  Das  Hinabsteigen  in  die  .Ebene  war  so  steil,  dafs  
 wir  selbst  unsere  an  das  Klettern  gewöhnten  Pferde  verlassen  mufsten.  
 Trotzdem  ein  Schirazer  Kaufmann  diesen  Theil  des  Weges  in  Folge  eines  
 Gelübdes  hatte  ausbessern  und  mit  einem  Geländer  versehen  lassen,  stürzen  
 dennoch  von  den  beladenen  Karawanen  oft  schwache  Maulthiere  die  
 jähen  Abstürze  hinab.  Naeh  zweistündigem  Hinabklettern  erreichten  wir  
 die  Ebene  von  Qasrün.  Sie  trägt  die  Spuren  einer  frühem  Cultur;  zahlreiche  
 Dorfruinen,  trockene Wasserläufe  bezeichnen  den  traurigen Zustand  
 der  persischen  Südprovinzen.  Die  Stadt  selbst  mufs  ehemals  bedeutend  
 gewesen  sein,  die  verfallenen  Festungswerke  und  die  weitläuftige  Bauart  
 der  Gehöfte  zeugen  von  ihrer  frühem  Gröfse.  Mit  jeder  Tagereise  nach  
 dem  Süden  verändert  sich  die  Vegetation. 
 In  Schirdz  zeigte  man  uns  als  Merkwürdigkeit  zwei  vereinzelte  Palmen. 
   Hier  umgab  die  ganze  Stadt  ein  Kranz  dieser  Bäume  des  Südens.  
 Der  Gouverneur  war  zu  dem  unvermeidlichen  Makbäl  entgegengekommen,  
 er  führte  uns  durch  einen  kaiserlichen Garten,  in  welchem  uns  der duftige  
 Schatten  riesiger  Orangen  nach  der  Hitze  des Tages  wie  ein Paradies  vorkam, 
   in  seine  bescheidene  aber  reinliche Wohnung,  wo  wir  ein  persisches  
 Diner  vorfanden.  Fern  von  unserer  Karawane  und  allen  Bequemlichkeiten  
 lernten  wir  auf  dieser  Tour  erst  die  persische  Küche  recht  kennen.  Ein  
 riesiger  Reisberg  mit  Orangenschalen  vermischt  verhüllte  einige  gekochte  
 Hühner.  Eine  junge  Ziege  mit  einer  Sauce  von  getrockneten  Pflaumen  
 und  Aprikosen,  der  unvermeidliche  Hammel  als  Kebab,  und  als  Dessert  
 Datteln  in  einem  Brodteig  gebacken  und  mit  Fett  übergossen,  waren  unsere  
 heutigen  Gerichte,  die  alle  gleichzeitig  auf  riesigen  Schüsseln  aufgetragen  
 wurden.  Auf  den  Teppichen  knieend  verzehrten  wir,  uns  der  Finger  
 als  Messer  und  Gabeln  bedienend,  mit  vielem  Appetit  das  Diner. 
 Der  andere  Morgen  fand  uns  schon  früh  zu  Pferde.  In  Begleitung  
 des Wirthes  durchritten  wir,  an  einigen Zuckerpflanzungen vorbei,  die  hier  
 als  Versuch  auf  Befehl  des  Schah  angelegt  worden  sind,  die  Ebene  und  
 erstiegen  die  nächste  Parallelkette  bei  Teng-i-Turkdn.  Nordöstlich  breitet  
 sich  die  Ebene  von  Schapvr  aus,  an  deren  nördlichen  Abhängen  uns  die  
 merkwürdigen  Ruinen  der  alten  Sassaniden-Hauptstadt  gezeigt  wurden.  
 Leider  beschlossen  wir,  sie  erst  bei  unserer  Rückkehr  zu  besuchen.  Auf  
 höchst beschwerlichen Wegen  erkletterten unsere braven Pferde,  die wir von  
 Tag  zu  Tag  mehr  schätzen  lernten,  den  Kotel-i- Komaredsch,  wir  nahmen  
 nnser  Frühstück  in  einem  kleinen  Dorfe,  wo  man  uns  einige  sehr  schöne  
 Salzkrystalle,  die  in  der  Nähe  gefunden  werden,  brachte,  und  stiegen  in  
 das  Flufsbett  des  durchsichtig-klaren  <S'cAap?/r-Flusses  hinab.  Die  Pferde  
 drängten  unwiderstehlich  zum  Wasser  hin,  schienen  aber  sehr  enttäuscht  
 als  sie  den  starken  Salzgehalt  desselben merkten.  Sehr bald führte der Weg  
 wieder  aufwärts,  und wir waren hoch  erfreut  die  reich  bebaute,  von  Palmenwäldern  
 überdeckte Ebene  von  Kischt oder  Gischt,  unser heutiges Nachtquartie 
 r,  zu  erreichen.  Beim  Sonnenuntergang,  der  die  röthlichen  Kalkberge  
 glühend  beleuchtete,  empfing  uns  der  Khan  der  Ebene  mit  einer  auserlesenen  
 Schaar  seiner  Reiter.  Auf  guten  arabischen  Pferden  jagten  sie  in  
 elegantem  Reitkampf  um  uns  herum.  Die  Bevölkerung  der  Dorfes  be-  
 grüfste  uns,  Hügel  nach  Hügel  besetzend,  mit  lustigen  Gewehrsalven.  Musikanten, 
   Tänzer,  Affen  spielten  und  sprangen  vor  uns  her.  Das  bunte  
 Schauspiel,  von  den  letzten  Strahlen  der  sich  in  den  Palmen  brechenden  
 Sonne  beleuchtet,  verscheuchte  schnell  die  Müdigkeit.  Das  Dorf  lag  mitten  
 im  Walde,  die  Hütten  von  Holz  erbaut  und  mit  Blättern  gedeckt,  
 wichen  von  der  persischen  Bauart  ganz  ab.  In  der  Mitte  lag  das  burg-  
 ähnliche Haus  des Khäris.  Finstere,  dunkele Gänge  führten  uns  durch verschiedene  
 Höfe  nach  dem  geräumigen  mit  Teppichen  belegten  Empfangssaal. 
   Einige  Tassen  Thee,  so  gut  wie  man  ihn  nur  bei  persischen Grofsen  
 trinkt,  stellten  bald  unsere  Kräfte  wieder  her ;  auch  der  lange  Besuch  unseres  
 jungen,  in  tiefe  Trauer  gekleideten  Wirthes  endigte,  nnd  wir  salseu  
 noch  lange  am  Fenster,  in  die  herrliche  Mondnacht  hinaussehend  und  die  
 balsamische  Luft  einer  persischen Nacht  einathmeud.  Jean  wufste  uns  viel  
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