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 Nachmittags  von  Nachitschewan  aus,  riefen  den  russischen  Freunden  daselbst  
 em  lautschallendes  Lebewohl  zu  und  trafen  nach  einer  Fahrt  von  
 zwei  und  vierzig Werst  gegen  neun  Uhr  Abends  in  das  Dorf Kimrach  ein  
 Der  Weg  war  vortrefflich  und  der  vollständig  klare  Himmel  schenkte  uns  
 den wahrhaft  entzückenden Anblick  des Ararat,  hinter welchem  bei prachtvoller  
 Beleuchtung  die  Sonne  zuletzt  in  Purpurgluth  zu  Rüste -ging  Wir  
 begegneten  auf  unserer  Strafse  langen  Kameel-Karawanen,  die  mit  schweren  
 Lasten  bepackt  waren,  und  feierten  bei  dem Anblick  der  herrlich  grünen  
 Felder  und  der  ersten  vollständig  grün  belaubten  Bäume  ein  wahres  
 Frühlingsfest.  Am  21.  April  betrug  die  Reisezeit  nicht  weniger  als  drei  
 und  zwanzig  Stunden.  Der Weg  führte  durch  Landschaften  und  Dörfer,  
 die  wir  von  unserer  früheren  Reise  her  auf  der  Stelle  wieder  erkannten!  
 Der grofse und  kleine Ararat,  der  erstere  mit  seinen  zu majestätischer Höhe  
 sanft  anschwellenden  Linien,  blieben  uns ,  zur  linken  Hand  liegen.  Die  
 Kutscher  fuhren  mit  geringer  Schnelligkeit,  da  die  Wege  sehr  morastig  
 waren.  Die  begleitenden  Tataren,  welche  anf  ihren  kleinen  Pferden  neben  
 unseren  Wagen  einhertrabten,  lösten  sich  von  Posten  zu  Posten  ab  
 und  schienen  mehr  der  Ehre  als  der  Sicherheit  wegen  als  Begleitung  zu  
 dienen.  In  dem  Dorfe  Baschnaraschen,  woselbst  ein  graubärtiger  Postmeister  
 viel  Schwierigkeiten  wegen  Stellung  neuer  Pferde  machte r  begegneten  
 wir  einem  der  Söhne  des  alten  Tataren - Khans  Halü-Beg,  welcher  
 hocherfreut war,, hier auf der offenen Poststrafse mit  uns zusammenzutreffen. 
 Gegen  Nachmittag  setzte  der  grofse  Ararat  eine  dichte  W’olkenkappe  
 auf,  zum  Anzeichen,  dafs  schlechtes  Wetter  eintreten  würde.  In  der  That  
 war  der  Himmel  am  folgenden  Tage  trübe  und  zuletzt  ganz  und  gar  mit  
 Regenwolken  bedeckt.  Spät  am  Abend  (22.  April)  hielten  wir  vor  dem  
 Posthause  in  Eriwan,  woselbst  die  Zimmer  unreinlich  und  jämmerlich  
 schlecht  waren,  obgleich  eins Armenierin  sich  abquälte  die  liebenswürdige  
 Wirthin  zu  spielen.  Unsere  ehemaligen  Gönner  von  Eriwan  hatten  zu  unserem  
 grofsen  Leidwesen  die  Hauptstadt  Armeniens  seit  längerer Zeit  verlassen. 
   Der  martialische  General  Kolubakin  war  inzwischen  nach  Kutdis  
 als  General-Gouverneur  versetzt  worden  und  der  liebenswürdige  Graf  Si-  
 moniUch  nach  St. Petersburg  übergesiedelt.  Mit  dem  neuen  Civil-Gouver-  
 neur,  an  den  ich  amtliche  Briefe  abzugeben  hatte,  konnte  ich  mich  nur 
 mit Hülfe  eines  russisch  redenden Persers  unterhalten,  den  ich  zufällig  auf  
 dem  Hauptplatz  in  Eriwan  getroffen  und  als  Perser  erkannt  hatte. 
 Unser Nachtquartier  am 22. April war  die  einsame  aber  gute  und  reinliche  
 Station  Fontanka,  die  zweite  von  Eriwan  aus,  dieselbe,  in  welcher  
 uns  im  vergangenen  Jahre  die  Kosaken  durch  ihre  künstlerischen Leistungen  
 so  sehr  belustigt  hatten.  Der  Weg  von  Eriwan  aus  bis  dahin  gehört  
 zu  den  schlechtesten  in  diesen  Theilen  der  armenischen  Landschaft.  Bergauf  
 und  bergab  steigend  mufsten  wir  bald  über  Steingerölle,  bald  durch  
 Kothschlamm,  bald  durch  dünnflüssige  Schneescbichten  fahren,  so  dafs  die  
 Zahl  der  Pferde  vor  jedem  Wagen  zuletzt  bis  auf  fünf  vermehrt  werden  
 mufste.  Es  war  ein  wahres  Wunder,  dafs  die  Achse  an  unserem  nicht  
 allzustarken  Wagen  aushielt  und  uns  nicht  Veranlassung  gab,  auf  der offenen  
 einsamen  Strafse  bei  weidlichem  Regengüsse  zu  campiren. 
 Am  23sten  erreichten  wir  glücklich  und  ohne  Gefährde  die  Poststa-  
 tion  Tschubukli  an  den  Gestaden  des  blauen  Goktscha-Sees.  Wir  trafen  um  
 ein  Uhr  ein  und  mufsten  wider  unsern  Willen  den  ganzen  Rest  des  Tages  
 in  der  Poststube  thatenlos  zubringen.  Von  der  vorigen  Station  aus  hatte  
 die  Strafse  eine  leidlichere  Physiognomie  angenommen;  sie  war  mit  Hauderern  
 und  Karawanen  bedeckt,  die  letzteren  meist  aus  beladenen  Ka-  
 meelen  und  Eseln  bestehend.  In  den  Maldkanen-Dörfern  fielen  mir  grofse  
 Züge  von  Staarmätzen  besonders  auf. '  An  den  einzelnen  Poststationen,  
 woselbst  nach  Vorzeigung  unserer  Krons- Podoroschna  (siehe  Bd.  I.  S.  61)  
 Pferde  gestellt  wurden  oder  gestellt  werden  sollten,  gewöhnten  wir  uns  
 zuletzt  an  den  üblichen  und  unvermeidlichen  Geschäftsgang.  Kaum  waren  
 wir  angelangt,  so  trat  der  Smatritel  oder  Postmeister  vor  die  Thür  und  
 erwiederte  auf  unser  Begehr  nach  loschedi,  d.  h.  „Pferden“ :  loschedi  niest,  
 d.  h.  „Pferde  sind  nicht  da“,  worauf  wir  einstimmig  aus  dem  geringen  
 Schatze  unserer  russischen  Sprachkenntnifs  ihm  entgegen  brüllten:  Skar-  
 reh!  d.h.   „schnell!“  worauf  wir  am Ende  als  langweilig werdende  Schreier  
 dennoch  Pferde  erhielten.  Die  Dörfer  mahnten  immer  mehr  und  mehr  an  
 europäische  Bauart  und  Gewohnheiten.  Die  meiste  .Unterhaltung  gewährten  
 uns  die  wanderndeu Reisenden.  Sehr  häufig  begegneten  wir  dicht  vermummten  
 Kosakenfrauen,  welche  wie  die  Männer  rittlings  auf  den  Pferden  
 safsen,  und  bunt,  meist  roth  und weifs  gekleideten Tatarinnen,  welche  
 hübsche  frische  Gesichter  erkennen  liefsen  und,  wie  die  Kosakenfrauen