bendes Bild hervorzurufen. Die alten Stadtthore und Pforten hingen mit
ihren spitzgewölbten Bögen an den zerfressenen Pfosten und die glasirten
Ziegel der ehemaligen Ornamente sahen wie Hohn und Spott, wie ein
Memento mori, wie ein Dräuen gegen' alles Menschenwerk und gegen die
Geschichte der Menschheit aus. Die historischen Erinnerungen an Isfahans
wechselvolle Schicksale sind kaum im Stande, den eklen Anblick wenn
auch nur obenhin zu vertuschen. Zu dieser Grabstädt eine glühend heifse
Sonne, unaufhörliche dichte Staubwirbel, das Aneinanderdrängen und Stofsen
unruhiger Pferde, und man wird sich einigermafsen unsere wenig erbaulichen
Empfindungen beim Einzug in lsfahan vorstellen.
Die Strafsen wollten gar kein Ende nehmen. Erst nach langem Ritte
durchzogen wir belebtere, aber elende Quartiere, kamen durch schattige
Bazare, die hier und da einen Blick auf die Seitenstrafsen und einzelne
Hauptgebäude darin gestatteten. Zwei architektonische Eigenthümlichkeiten
fielen mir zunächst in die Augen, da sie einen gewissen Gegensatz zu dem
bekundeten, was ich bisher von persischer Strafsenarchitektur kennen zu
lernen Gelegenheit hatte: Die Saqqa-ichaneh's und die Gallerien der Muezzin
zum Ausrufen des üblichen Gebetes. Die ersteren, Trinkwasserbehälter,
sehen wie viereckige, mit Gitterwerk versehene Kasten aus, welche auf
einer steinernen Unterlage gleicher Gestalt ruhen. Eine kleine Oeffnung
im Gitterwerk gestattet das Schöpfen des Wassers mittelst eines Bechers.
Sie befinden sich an der Seite der Bazare und Strafsen und gelten als sehr
wohlthätige Einrichtungen für das öffentliche Leben. In ihrer Bestimmung
haben sie durchaus Aehnlichkeit mit den Sebil’s oder öffentlichen Brunnen
der ägyptischen Städte. Die Gallerien der Muezzin, welche Sich auf dem
flachen Dache der Moscheen und Schulen, gewöhnlich über den Eingängen
zu denselben, aufbauen, haben die Form eines, auf vier Holzsäulen ruhenden
Pavillons mit c h in e s is c h em Dache. Das letztere ist mir bis auf
den heutigen Tag durch seine Eigenthümlichkeit in der Erinnerung an
lsfahan unvergefslich geblieben, vielleicht ist’s eine mongolische Reminiscenz
aus jenen Tagen, in welchen der lahme Timur flink genug wär, um aus
70,000 Schädeln getödteter Isfähaner sich eine Pyramide zu erbauen, die
so lange die Geschichte schreibt als das scheufslichste Denkmal der Wuth
eines blutdürstigen .Eroberers dastehen wird.
Ehe wir unseren Pferden die Sporen geben, um durch ein herrliches
Portal in die paradiesischen Königsgärten mitten in der Stadt einzuziehen,
¡darf es wohl gestattet sein, einen kurzen historischen Ueberblick des
fjirsprunges und der Schicksale Isfahans vorzulegen, um bei Besprechung
einzelner Baulichkeiten und Anlagen die isfahanische Stadtchronik hinter
uns zu haben.
lsfahan, oder mit dialektisch persischer Aussprache Isfahün, ist die
moderne Bezeichnung des Stadtnamens in Schrift und Sprache. Die ältere
Schreibung Ispahdn führt auf die ursprüngliche Form zurück, die in dem
itolemäischen Aspadana und der Zend-Benennung Sepahan ihre ältesten
Iglege hat. Dafs, wie gewöhnlich angenommen wird, Ispahdn vom persi-
fohen Asp, Pferd (woher der Plural Asp-lia) abzuleiten sei, also gleichsam
ein persisches Stuttgart, ist um -so weniger wahrscheinlich, als selbst die
¡persischen Geographen der Herkunft von sepah, espah, woher der Plural
mp/dum „die Heere, die Armeen“ den Vorzug geben. Hiernach würde
lsfahan etymologisch seinen Ursprung von einem H e e r la g e r ableiten. Die
persischen Geographen versteigeu sich bei den Untersuchungen über den
jlfsten Erbauer der Stadt in die kühnsten Behauptungen. Bald ist es
Alexander*) der Zweigehörnte, bald König Dschemschid, bald ein anderer
vorhistorischer Heldenfürst, welcher lsfahan zu bauen oder zu erweitern
lind zu verschönern befahl. Uebereinstimmender und von gröfserem Iu-
;|eresse sind die Nachrichten, welche wir aus mohamedanischen Quellen von
«eil ältesten Anlagen Isfahans und deren frühsten Bezeichnungen besitzen.
|5s wird erzählt, dafs die Stadt zuerst Dschei geheifsen habe, und dafs dar-
linter derjenige Theil verstanden worden sei, auf welchem sich später das
Ruartier Schehristdn (arabisch Medtneh) d. h. „die Stadt“ erhoben habe.
¡Als Nebukadnezar, im sechsten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung, die
■luden aus der Heimath nach Medien in die Verbannung überführte, da
giabe er auch einen grofsen Theil derselben auf das Gebiet von lsfahan
■erpflanzt, woselbst sie in der Perserstädt Dschei sich ansiedelten und einen
grofsen Stadttheil erbauten, welcher nach ihnen die Benennung Jahudijeh
d. h. die Judenstadt erhielt. In der That ist noch heutigen Tages das
1 *) Es ist eine vielleicht nicht nebensächliche Bemerkung, dafs die persische Alexander-
D p iu s -S a g e , wie sie in Iran im Munde der Leute leb t, hauptsächlich auf dem Gebiete
I ris c h e n Khonsär, lsfahan und dem Kuhruil-Rerge, auf der Strafse von lsfahan nach Teheran,
spielt.