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 andere  an  die  assyrisch-babylonische  Verwandtschaft  erinnert.  Wir  dürfen  
 als  einfache  Reisebeschreiber  uns  nicht  in Vermuthungen  über- die  r ä ts e lhafte  
 Bedeutung  jener  kolossalen  Thorwächter  ergehen,  und  überlassen  es  
 dem  denkenden  Leser,  sich  eine  Vorstellung  darüber  zu  bilden,  wozu  ihm  
 die  vorstehende,  nach  der Natur  und  nach  der Photographie  aufgenommene  
 Abbildung  nicht  ohne  wesentlichen  Nutzen  sein  wird.  Die  beiden  Portale  
 mit  ihren  drohenden Ürstier-Zwillingspaaren  hatten  offenbar  eine Holzbedachung  
 und führten  das  eine  hinein,  das  andere hinaus  in  eine Halle und  ans  
 einer Halle,  die von vier  schlanken Säulen getragen wurde,  deren  Holzdach,  
 wie  alle  übrige Holzbekleidung,  längst  spurlos  verschwunden  ist.  Zwei  von  
 den Säulen  stehen  noch  aufrecht  da,  schlank,  gefällig  undschmuck wie  die  
 jonische  heitere  Schwester,  nur  unterschieden  von  der  griechischen  Verwandtschaft  
 durch  die  asiatische Mitgift  des nicht aufwärts  strebenden,  sondern  
 umgekehrt  nach  dem  Boden  gesenkten  Blumenkelches,  aus  dem  und  
 in  dem  sich  der Säulenschaft  bis  zu  dem  oberen aufwärts gerichteten Kelch  
 erhebt,  auf welchem  der  tragende  viereckige  Pfeiler  mit  jonischen. Voluten  
 in  doppelten  Bollenwindungen  ruht.  Wir  entbehren  zu  sehr  des  architektonischen  
 Verständnisses,  um  ein  Urtheil  über  die  Formenverwandtschaft  
 dieser  Säulen  mit  den  griechisch-jonischen  Formen  zu  gestatten,  doch  
 können  wir  hier  nur  wiederholen ,  dafs  der  Gesammteindruck  entschieden  
 an  griechischen Zusammenhang  erinnert.  Mit Recht  müssen  wir  das Urtheil  
 eines  geistreichen  Schriftstellers  unterschreiben,  welcher  den jonischen  Stil  
 „als  den  gemeinsamen  Stil  Asiens  schon  in  unberechenbar  alter Zeit“  hinstellt. 
   „Es  ist  ein  mächtiger  Stil,  fügt  J u l i u s   B r a u n   in  seiner  gehaltvollen  
 Ge sc hi c h t e   der   Kun s t   hinzu,  dessen  Sendboten  wir  durch  ganz  
 Klein-Asien  und über  die phönizische Küste  nach Karthago und in’s  innerste  
 Afrika  verfolgen  können.“ 
 Richten  wir  den  Blick  von  dem  Standpunkt  inmitten  der  vier  Säulen  
 nach  Ost  und  Süd  hin,  so  ist  der  Anblick  für  das  prüfende  Augenpaar  
 beinahe  verwirrend.  Thore  und Thüren,  Fenster  und Nischen  wie  einzelne  
 Pfeiler  dastehend,  ohne  Seitenwände,  Treppen  die  auf  und  ab  führen,  dazwischen  
 Säulen,  die  wie  Schiffsmaste  im  Hafen  aus  einem  scheinbar  un-  
 regelmäfsigen  Steinlager  hervorragen,  alles  auf  einem  herrlichen  Marmorpflaster  
 ruhend,  das  ist  das  Ergebnifs  einer  ersten  Anschauung  der  
 persepolitanischen  Ruine.  Lichter  und  klarer  wird  alles,  sobald  man  von 
 Thor  zu  Thor ,  von  Säule  zu  Säule  wandert  und  im  Geiste  die  ehemalige  
 Anlage  der  Paläste  wieder  aufbaut.  Man  fülle  die  leeren  Räume  zwischen  
 dem  vielförmigen  Gestein  durch  glatte  Wände  von  Erdziegeln  aus,  man  
 bekleide  das  Dach  mit  Holztäfelwerk  und  bald  wird  man  von  Hallen,  
 Sälen  und  Gemächern  reden  können,  deren  alte  Bestimmung  die  kräftige  
 Sculptur,  znm  Theil  auch  die  Inschriften,  mit  ziemlicher  Sicherheit  erra-  
 then  lassen. 
 Die  obere  Terrasse  von  Persepolis  ist  nicht  überall  gleich  eben,  vielmehr  
 besteht  sie  aus  drei grofsen,  wohlgepflasterten Plateformen  ungleicher  
 Höhe,  die  durch  Treppen  mit  einander  in  Verbindung  stehen.  Je  mehr  
 nach  Süden  zu,  je  mehr  nehmen  die  baulichen  Anlagen,  so  weit  die  erhaltenen  
 Reste  ein  Urtheil  hierüber  zulassen,  den  Charakter  innerer  Gemächer  
 oder,  um  mit  den  heutigen  Persern  zu  reden,  des  Enderun  an. 
 Die  Abbildungen,  welche  wir  hier  folgen  lassen,  und  welche  nach  
 Photographien  in  getreuer Nachbildung  ausgeführt worden  sind,  werden  im  
 Stande  sein,  mehr  als Beschreibungen  es  vermögen,  eine  wenigstens  allgemeine  
 Vorstellung  von  dem  Charakter  der  persepolitanischen  Trümmer  
 zu  geben. 
 Wir  beginnen  mit  den  Abbildungen  die  auf  der  folgenden  Seite  angeschlossen  
 sind  und  von  denen  die  Zeichnung  a  die  Vorderseite  eines  
 Thores  oder  vielmehr  einer  Thüre  darstellen  soll.  Wunderbar  genug  versetzt  
 uns  dieser  Anblick  unmittelbar  nach  Aegypten.  Obgleich  der  eingestufte  
 Thürrahmen  eine  unägyptische,  fremde  Beigabe  is t,  so  giebt  das  
 krönende  Hohlgesims  der  Thüre  den  eigentlichen  ägyptischen  Charakter  
 wieder,  bis  auf  die Blätterreihen hin,  welche  neben  einander  in  dem  Hohlgesims  
 p a raM   fortlaufen.  Wieder  unägyptisch  ist’s ,  dafs  diese  Blätter  
 dreimal  auseinander  aufzusteigen  scheinen,  während  sie  im  ägyptischen  
 Sculpturstil  ununterbrochen  ein  e inziges   Blatt  bilden. 
 Dasselbe Hohlgesims  mit  der  oben  beschriebenen Blätterreihe  krönt  in  
 Persepolis  die Nischen  und  Fensterpfeiler,  von  denen  wir  unter  b  eine  getreue  
 Abbildung  gegeben  haben.  Niedriger  als  die  Thüren  haben  diese  
 Nischen  eine  Construetions-Form,  die,  wie  sich  leicht  erkennen  läfst,  unmittelbar  
 aus  dem  Thürstil  hervorgegangen  ist.  Keilinschriften  pflegen den  
 oberen  Rand  der  Nische  oder  des  Fensterrahmens  zu  schmücken.  Der  
 Stein/schwarzgrauer  Marmor,  hat  besonders  im  Innern  der  Nische  seine  
 alte  Politur  auf  eine  wunderbare Weise bewahrt.  Wir  sahen Nischen,  deren