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 Winkels  machten,  dessen  Spitze  eine  in  grader  Linie  vor  uns  liegende  
 einsame  Karawanserai  bezeichnete.  Wir  zogen  in  die  Richtung  der  letztgenannten  
 weiter,  ohne  zu  wissen,  dafs  die  Karawane  hinter  uns  einen  
 näheren Weg  eingeschlagen  hatte.  Auf  unserer Wanderung  begegneten  wir  
 streckenweise  Haufen  von  Arbeitern,  welche  sich  im  Schweifse  ihres  
 Angesichtes  auf  der  dürren,  sonnigen  Ebene  abquälten,  Gräben  aufzuwerfen  
 und  die  im  Innern  des  Bodens  deutlich  zu  Tage  liegende  weifsglänzende  
 Gypserde  auszugraben  und  damit  die  Körbe  und  Säcke  ihrer  
 Lastesel  zu  füllen.  Im  Hintergründe,  am  Fufse  der  traurig-kahlen  Berggruppen, 
   flohen  ganze  Heerden  leichtfüfsiger  Gazellen  mit  Windesschnelle  
 über  den  Boden  hin  und  verschwanden  hinter  niedrigen  Hügeln,  die  aus  
 der  Ebene  wie  Maulwurfshaufen  emportauchten.  Bei  der  Karawanserai,  
 einem  aus Ziegeln  und Feldstein  roh  aufgeführten  Gebäu  jüngeren  Datums,  
 belehrten  uns  rastende  Pilgrime  über  die  falsche  Richtung  unserer  Strafse  
 und  zeigten  uns  den  pfadiosen  Weg  in  der  rechtwinkligen  Direction  nach  
 Kitschi.  Zwischen  Riethgras  ritten  wir  auf  dem  lockern,  mit  blendend-  
 weifsen  Salpeterkrystallen  bedeckten  Boden  einher,  der  unter  den  Hufen  
 der Thiere  wie  Schnee  knarrte,  und  erreichten  endlich  nach mehr  als  fünfstündigem  
 Marsche  von  Isfahan  aus  das  Menzil  Kitschig  dessen  Entfernung  
 von  der  Hauptstadt  aus, vier  Fersach  betragen  soll. 
 Ein  kleiner,  schnell  fliefsender  Bach  legt  sich  quer  vor  Kitschi.  Eine  
 verfallene Brücke  aus  gebrannten Steinen führt  über  das Wässerlein,  das mit  
 Tausenden  von gs- -natürlich  behexten  —  Forellen  angefüllt  ist,  denen  das  
 salzig-bittere Wasser  besser  zu  bekommen  scheint,  als  den  daraus  trinkenden  
 Menschen  und  Thieren.  Kitschi  liegt  frei  und  ungeschützt  in  der  weiten  
 Ebene;  Festungsmauern,  wie  sie  sonst  bei  den  persischen  Dörfern  
 Vorkommen,  fangen  an  in  der  Umgebung  Isfahans  nach  dieser  Seite  hin  
 seltener  zu  werden.  Das  Dorf  sieht  arm  und  elend  aus.  Quartier  war  für  
 uns  bei  dem  Kedkhoda  desselben  bestellt.  Zum  grofsen  Unglück  war  der  
 Herr Schulze  abwesend  und nur  eine  alte  einäugige Frau war  als Wächterin  
 des  Hauses  zurückgelassen.  Trotz  der  vielleicht  absichtlichen  Unsichtbarkeit  
 des  Kedkhoda  hatte  unsere  Karawane  auf  dem  Hofe  seines  Grundstückes  
 Halt  gemacht  und  unsere  Ankunft  abgewartet,  um  die  Thiere  ab -  
 packen  zu  können.  Als  wir  nahten,  um  ein  Zimmer  als  Nachtquartier  zu  
 erbitten,  erhob  die  Alte  einen  Teufelslärm,  schrie  Feuer  und  Mordio  und 
 hätte  uns  sicher  zum  Abzüge  genöthigt,  wäre  nicht  plötzlich  ein  Stellvertreter  
 des  Herrn  Kedkhoda  erschienen,  um  uns  in  höflichster  Weise  zum  
 Bleiben  zu  veranlassen.  Wir  erhielten  ein  grofses,  mit  weiten  Bögen  gewölbtes  
 Gemach,  weifs  angestrichen,  an  verschiedenen  Stellen  mit  den  
 schwarz  geschriebenen Worten  Ya  A li  „o  Ali“  bemalt.  Bei  unserem  Eintritt  
 in  das  geräumige  Zimmer  war  die  Alte  damit  beschäftigt,  ein  Kind  
 in  Windeln  aus  seiner  Wiege  zu  nehmen,  die  nach  Dörfler  Weise  in  folgender  
 Art  construirt  war.  Man  hatte  an  den  beiden  Schmalseiten  eines  
 Schaffelles  Stöcke  befestigt,  und  an  den  Enden  eines  jeden  lange  Stricke  
 angebracht,  die  durch  zwei Ringe  an  den  beiden gegenüberstehenden Wänden  
 hindurchgezogen  waren.  Das  Kind  wird  auf  das  Schaffell  gelegt,  fest  
 geschnürt  und  diese  improvisirte  Wiege  nunmehr  nach  Art  einer  Schaukel  
 in  Bewegung  gesetzt.  Nebeii  dieser  Wiege-Hängematte  haben  die  Perser  
 eine  Art  niedrigen  hölzernen  Bettgestelles  für  Kinder,  das  ganz  ähnlich  
 den  unsrigen.,  nur  darin  wesentlich  verschieden  is t,  dafs  sich  unten  in  
 dem  Bettbrett  ein  Loch  befindet,  durch  welches  eine  hölzerne  Röhre  mit  
 einer  Vorrichtung  zum  Auffangen  von  Flüssigkeiten  angebracht  ist.  Die  
 jungen  Kinder  werden  in  diese  Wiege  in  entsprechender  Weise  hiriein-  
 gebettet, -ohne  dafs  die  Mutter  nöthig  hätte,  mit  Rücksicht  auf  die  praktische  
 Construction  der  Wiege,  die  Windel  zu  wechseln.  Unter  den  Modellen  
 persischer  Haus-  und  Ackergeräthe,  welche  wir  während  unseres  
 Aufenthaltes  in Tiflis  in  den Sammlungen  des- Fürsten Bariatinsky Gelegenheit  
 hatten  kennen  zu lernen,  befand  sich  auch  das Modell  einer  derartigen  
 persischen  Wiege,  die  also  auch  den  Rüssen  auffallend  genug  erscheinen  
 mufste,  um  neben  Pflug  und  Schippe  en  miniature  zu  paradiren. 
 Den  kurzen Aufenthalt  in Kitschi  zeichnete-nichts  Besonderes  aus,  das  
 bittere  Wasser  abgerechnet,  welches  nicht  einmal  zum  Kochen  verwendet  
 werden  konnte.  Gegen  Abend  kehrte , der  Kedkhoda  von  seiner  Ausfahrt  
 heim  und  war  nicht  wenig erstaunt,  in  seinen  vier Pfählen fränkische Gäste  
 anzutreffen.  Er  schnitt  ein  unzufriedenes Gesicht  und hatte  nicht übel Lust,  
 die  ungebetenen Gäste  zu  exmittiren,  als  das  eiserne Schicksal  in  der Person  
 eines  Bakhtiaren  noch  zur  rechten Zeit  dazwischen  trat.  Selbiger  war  
 seit  langen Jahren  Büchsenspanner  des. Schahzadeh  von Isfahan,  hatte  seine  
 bakhtiarischen  Manieren  fein  abgelegt,  persische  Sitten  und  Gewohnheiten  
 dagegen  angenommen  und  war  so  wenig  auch  seinem  Aeufseren  nach  von  
 einem Perser  zu  unterscheiden,  dafs  ihn  nur  seine  enganliegende Filzkappe