die Ankunft recht vieler Briefe, die natürlich sofort geöifnet und gelesen
werden, die Unterhaltung jeweilig zu unterbrechen. In Persien geht nun
einmal nichts über die Wichtigkeit einer Person.
Wir legten uns früh zur Ruhe, die übrigen Herren der Gesandtschaft
im luftigen Oberhause, wo der Wind die ganze Nacht über mit vollen
Backen blies, ich unter meinem Zelte, das von allen Seiten wohl verschlossen
war. Kaum eine Stunde mochte ich in Morpheus Armen geschlummert
haben, als mich die persische Dienerschaft aufrüttelte, dafs ich
vermeinte, von Räubern und Mördern überfallen zu werden. Ich machte
beim Lichtschein einer Stalllaterne grofse Augen, als ich mich von allen
Seiten von einer Wasserfluth umgeben sah, in welcher meine Kleider,
Stiefel, Bücher und Decken herumschwammen, während die Diener, bis
zum Knie im Wasser watend, nichts Eiligeres zu thun hatten, als zu retten
was zu retten war. Der hochweise Gärtner, welcher zweimal wöchentlich
den ganzen Garten unter Wasser zu setzen pflegte, hatte mein Zelt übersehen
und seiner Gewohnheit folgend, an dem zufällig eintretenden Wassertage
sämmtliche Kanäle und Schleusen geöffnet. Ich mufs gestehen, dafs
ich der Verzweiflung nahe war und gute Lust hatte, den Gärtner mit Haut
und Haar zu verschlingen. Zum grofsen Glück für ihn mufste ich in meinem
Feldbette unterm Zelte liegen bleiben, das die Perser mit einem Stein-
und Erdwalle umgaben, um mich wenigstens einigermafsen vor den zudringlichen
Fluthen zu schützen. Ich schlief von Neuem ein, um nach einer
kalten Nacht am nächsten Morgen das Erwachen inmitten einer sumpfigen
froschreichen Lagune höchst trübselig zu feiern.
Der folgende Tag (20. September) sah uns noch in Khumein. Unser
Eltschi hatte in Rücksicht auf den Zustand der Reitthiere, welche die langen,
sehr ermüdenden Märsche abgemagert und auffallend heruntergebracht
hatten, den Entschlufs gefafst, einen Rasttag in dem Orte zu halten, so dafs
sich die Gelegenheit fand, die Bekanntschaft mit Land und Leuten weiter
fortzusetzen. In der Frühe des Tages wurde zunächst dem zuthulichen
SerMng eine bdzdid-Visite zugestanden. Sein Haus, am Ende einer langen,
schnurgraden Allee gelegen, die auf das von uns bewohnte Gartenhaus
führte, sah wie ein wohlbefestigtes Kloster aus. Es hatte hohe Mauern und
Eckthürme mit Zinnen, und ein kühler, langer und schön gewölbter Gang
führte durch ein Thürportal in das Innere, zunächst zum ersten Hofe, woselbst
sich das eigentliche Empfangszimmer befand. An der Thür desselben
empfing in ächt orientalischer Weise der zwanzigjährige Sohn des Obersten
und eine grofse Schaar von Dienern des Hauses unseren Eltschi, den sie
in höflichster Art, natürlich nach abgelegtem Schuhwerk, m das Zimmer
zum Vater geleiteten. Alles sah hier, reinlich und sauber aus, für den
Eltschi war sogar ein Stuhl auf den Teppichen in Bereitschaft gestellt
worden. „Friede sei über Euch!“- — '„Ihr habt gewürdigt Eure Fufssohlen
zu ermüden!“ — „ Ihr habt uns geehrt!“ — „Ihr bringt uns die Freude
in’s Haus!“ — „Wir sind Eure Sclaven!“ — „Unser Haus ist Euer Haus!“
^ „Ist Euer Gehirn in Ordnung?“ — „Möge Euer Schatten über unserem
Haupte niemals klein werden!“ — bildeten die eiligst zugerufenen Eingangshöflichkeiten,
worauf natürlich der Landessitte entsprechend die passenden
Erwiederungen : „ Und über Euch der Friede !“ „Nein, es ist
Ruhe und Erholung für uns, Euch zu besuchen!“ — „Wir sind wohl, in
Folge Eures Reichthumes und Eurer Güte, mit der Ihr uns überschüttet!“
—. „In Wahrheit unsere Gesellschaft hat ohne Eure Gegenwart kein Vergnügen!“
reichlichst allseitig ausgetheilt wurden. Der Herr Oberst war ein
Mann von Welt und liefs sich’s darum nicht nehmen, die Bitte inständigst
zu wiederholen, dafs wir statt eines Tages zehn Tage der Ruhe in seinem
Gerten pflegen möchten. Das weitere Gespräch berührte Frengistan,
Preufsen und Berlin, wobei die Frage gestellt wurde, ob Preufsen die
Hauptstadt von Berlin sei, und ging zuletzt auf das glückselige Iran und
auf Khumein und. die benachbarte Landschaft über. Wir erfuhren, dafs hier
im . Winter der Schnee drei Monate lang fufshoch zu liegen pflege, dafs es
dann sehr kalt und windig sei und man defshalb in Kaminen tüchtig heizen
müsse. Das Holz komme aus dem Kuh d. h. dem Gebirge, wo dasselbe
in grofser Fülle vorhanden sei. Wenn die Erntezeit vorüber wäre, so gingen
die Leute hier zu Lande auf die Holzlese aus und versorgten sich für
den bevorstehenden Winter mit dem nöthigen Brenn- und Heizungsmaterial.
Weiter wurde die Waffenfabrication in den Diwan der Unterhaltung mit
hineingezogen. Wir würden auf der nächsten Station bereits die Stadt
Gülpdigdn berühren: dort seien viele Waffenschmiede, die vorzügliche
Schiefsgewehre anfertigten, sogar Du-luUh oder Doppelgewehre, besonders
zwei Meister, die mit einander rivalisirten und deren Adresse uns eingehändigt
wurde. Wir würden leider hier manches an Bequemlichkeit vermissen,
dafür aber in Isfahan, nis/-i-dschehan „der Hälfte der Welt“, alles
finden, was uns augenblicklich fehle. Zu solcher Unterhaltung die Wasser