wenigstens eine merkliche Linderung verspürten. Schon im alten Persien I
mufs der Granatapfel eine ebenso beliebte als bedeutungsvolle Frucht ge- I
wesen sein, wenigstens zeigen die Denkmäler von Persepolis in ihren I
Sculpturen die altpersische Vorliebe für den Granatapfel in unverkenn- I
barer und bemerklicher Weise.
Aulfallend unter der Zahl der uns begegnenden Eingeborenen war die I
Menge vollständig erblindeter Personen, welche von -einem Sehenden an I
der Spitze geleitet wurde, der wie an einer langen Kette die armen Er- B
blindeten an einem ziemlich langen Stocke führte. Je mehr wir uns der I
Station Nedschefabad näherten, je mehr nahm die gfofse .Zahl wohl be- I
festigter Qal’a’s zu, welche zum Theil neben weit ausgedehnten Gärten, I
hinter langen Erdmäuern, gelegen sind. Da, wo die Gegend menscheu- I
leere Strecken darbot, hatten wir das lustige Schauspiel, ganze Heerden I
von Gazellen (ahu) in eiligster Flucht über die Hochfläche dahinjagen und I
hinter den felsigen Bergen spurlos verschwinden zu sehen. Trotz unseres I
sehnlichsten Wunsches nach einem Gazellenbraten war es dennoch unmög- I
lieh, auch nur einer einzigen habhaft zu werden, da sie auf ihrer Flucht I
höchstens eine vorübergehende Secunde in unsere Schufsweite zu kommen I
pflegten. Nedschefabad, oder vielmehr die Gärten dieses Dorfes bieten be- I
reits in meilenweiter Ferne ein schönes Panorama dar, wenn auch einfach I
als landschaftliches Bild, so doch angenehm durch den Reichthum vegeta- I
tiven Lebens. Ein langer Wald zieht sich am Horizonte, in munter grüner |
Farbenpracht hin; wundersam gezackte Berggruppen und Kegel-steigen da- |
hinter empor, vor allen macht sich ein pyramidenförmig, gestalteter Felsen |
durch Regelmäfsigkeit seiner Form und Ausdehnung seiner Steinmasse be- I
merkbar. E r darf sich in der That ein wenig brüsten, da er .von den I
Persern gleichsam als Markstein der nahe gelegenen Stadt Isfahan den I
Fremden gezeigt und deshalb vorzugsweise mit dem ehrenvollen Taufnamen I
Kuh-i-Isfahän „des Berges von Isfahan“ belegt wird.
Die Gärten von Nedschefabad,^ welche den Ort umgeben, sind so aus- |
gedehnt, dafs wir beinahe drei volle Viertelstunden zwischen den Mauern |
derselben reiten mufsten, ehe. es uns vergönnt war, in die belebten 'Strafsen I
des Bazars einzuziehen. Die Gartenstrafsen waren von Schaf- und Ziegen- |
heerden überfüllt, die von Kindern auf die Weide getrieben wurden und I
ungeheure Staubwolken äufwühlten, die uns so verhüllten, dafs wir für ein- I
ander förmlich unsichtbar wurden. Der Umfang der Stadt, denn so kann I
man füglich die Ortschaft nennen, beträgt mit den Gärten nach den Aussagen
der Eingeborenen vier volle Fersach. Unmittelbar vor dem Eingang
in Nedschefabad ist ein Todtenacker gelegen, dessen Grabhügel in mancher
¡Beziehung auffallen mufsten. Dieselben bestehen aus Hügeln, die aus demselben
Material wie die Hütten aufgeführt sind d. h. aus feuchter Erde, die
imit gehacktem Stroh untermischt ist. Sämmtliche Grabhügel hielten dies
e l b e Richtung inne, nach mohamedanischer Vorschrift, und hatten auf der
oberen Fläche am Kopfe und Fufsende ein schmales Dreieck aus gleichem
[Material wie der Grabhügel oder aus weifsem Kalkstein stehen. Bisweilen
| jag zwischen den beiden Dreiecken ein Leichenstein mit schönen Inschrif-
iten, die sich rings um das Bild des persischen Trauerbaums, der Cypresse
I (su rb ih ), in kunstvollen Zügen und Verschlingungen vertheilten. Aeltere,
mit prachtvollen Schriftzügen bedeckte Steinplatten, welche gegenwärtig
[als Brücken- und Wegsteine dienen und von den Vorübergehenden kaum
merklich abgetreten sind, reden von einer-, geschichtlichen Bedeutung der
I Stadt, von der die Gegenwart nicht einmal ein schwaches Abbild genannt
I werden kann.
Die persischen Leicheninschriften, um auch darüber ein Wort zu sagen,
entsprechen dem Charakter des lebenslustigen, für poetische Eindrücke
empfänglichen Perservolkes.- Da wo-nicht der religiöse Inhalt des Korans
(besonders das erste Kapitel desselben oder die Fatihheh, welche man für
j das Seelenheil der Verstorbenen zu beten ziemlich regelmäfsig den vorübergehenden
Wanderer auffordert) berührt wird, nimmt der Gedankenflug häufig
einen ebenso sinnigen als melancholischen Ausdruck an, ohne in die breite
f Ueberschwänglichkeit morgenländischer Dichtung zu verfallen. A le x a n d e r
C h o d z k o , einer der gelehrtesten modernen Kenner der persischen Litte-
.ra tu r, hat mehrere solcher Leicheninschriften abgeschrieben und ich entlehne
seiner Sammlung die beiden folgenden, welche beinahe wörtliche
Übersetzungen der persischen Texte enthalten.
Der Frühling kommt, ich schwinde hin vor Sehnen,
Mein Herz erglüht, mein Auge schwimmt in Thränen:
Der Blumen Haupt steigt tagwärts aus dem Staube,
Mein Haupt allein liegt ewiger Nacht zum Raube.