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 noch  einen  Arm  erheben  würde.  Der  Anblick  der  Pistolen  wirkte  wie  
 ein  elektrischer  Schlag.  Man  beruhigte  sich,  schimpfte  zwar  noch  fort,  
 fand  es  aber  nunmehr  gerathen,  sich  zu  verziehen,  um  den  Alten  des  
 Dorfes  die  Sorge  der  Unterhandlungen  zu  überlassen.  Die  Hauptpersonen  
 hatten  sich  freilich  versteckt:  der  Kedkhodd  safs  in  irgend  einem  verborgenen  
 Winkel  und  war  durchaus  nicht  zu  linden,  ebenso wenig  die  eigentlichen  
 Urheber  des  Streites,  welche  unsere  Leute  zuerst  geschlagen  und  
 von  dem  Dache  einer  Hütte  heruntergeworfen  hatten.  Da  Herr  v.  Mi-  
 n u t o l i   darauf  bestand,  diese  Personen  vor  sich  geführt  zu  sehen  und  da  
 dieser Aufforderung  nicht Genüge  geleistet war,  so  war  er  eben  im Begriff,  
 nach  dem  in  der Nähe  von Murghdb wohnenden Besitzer  des Dorfes,  einem  
 vornehmen  Perser  Namens  Dsehafer-Khan,  zu  senden,  um  eine  eclatante  
 Genugthuung  zu  fo rd e rn ,r als  das  ganze  Dorf  in  bittender  Stellung  nebst  
 Geschenken  in Naturalien  erschien  und  flehentlich um Verzeihung bat.  Unser  
 Eltschi  gewährte  dieselbe  auch gern,  fügte  aber  gleichzeitig  hinzu,  dafs  
 der  geschlagene  Unteroffizier  im  Dienste  S.  M.  des  Schah  stünde  und  er  
 ihm  seine  Erklärung  Vorbehalten  müsse.  Auch  dieser  vergab  und  so war;  
 wie  der  Eltschi  in  seinem  Tagebuche  bemerkt  hat,  Friede  und  Freude  
 hergestellt. 
 Wir  bezogen  nunmehr  zwei  gastlich  eingeräumte  Hütten,  so  niedrig,  
 dafs  man  kaum  im  Stande  war,  aufrecht  darin  zu stehen.  Die  ministerielle  
 Wohnung  war  ziemlich  reinlich  und  hatte  den  Vorzug  gröfseren  Raumes,  
 da  der  persische Besitzer  gütig genug  war,  seinem  persischen Hausrath  bis  
 zur  Handmühle  hin  draufsen  vor  der  Thür  einen  Platz  anzuweisen.  Ich  
 selber  kroch  in  die  Hütte  des  Dorfschulmeisters,  die  mit Getreide,  Früchten, 
   Stroh,  Holzgerathschaften,  Lumpen und  Lappen  bis  zur Uebersättigüng  
 ausgestopft  war  und  kaum  so  viel  Platz  gestattete,  um  das  Haupt  niederzulegen. 
   Die  Bibliothek  des  Schulmeisters  hätte  sicher  die  bescheidenste  
 Stelle  im  ganzen Zimmer,  denn  sie  befand  sich  in Gesellschaft fettiger Oel-  
 fläschchen  und  in Form  vermoderter Bücher,  Handschriften  des  Koran  und  
 einiger  persischer  Dichter-,  in  der  schmutzigen  Nische  über  dem  oberen  
 Thürbalken  des Einganges;  In Murghdb  erlebten wir  sonst nicht  viel  Neues,  
 wenn  ich  nicht  eines  Geschenkes  zweier  Gazellen  gedenken  will,  die  unserem  
 Eltschi  vom  Mollah  präsentirt  wurden,  sich  aber,  wie  sich  später  
 herausstellte,  auf  eine  einzige  redUcirten,  die  man  in  zwei  verschiedenen 
 Pasargadä.  xo° 
 Malen  vor  die  Augen  des  Beschenkten  zu  führen  für  gut  befunden  hatte,  
 natürlich  in  der  Erwartung  eines  doppelt  berechneten  Geschenkes. 
 In  der Frühe  des  vierzehnten Octobers  hatten  wir  die Freude,  uns  von  
 einem  persischen  Regierungs- Teohapdr  erreicht  zu  sehen,  der  von Teheran  
 aus  ein  dickes  Packet  Briefe  aus  der  Heimath  überbrachte.  Wie  immer,  
 so  war  die  Ankunft  der  Depeschentasche  ein  ganz  besonders  frohes  Er-  
 eignifs  Jeder  hockte  auf  dem  Erdboden  hin,  und  die  lautlose Stille wurde  
 eine  halbe  Stunde  lang  nur  durch  das  Geräusch  beim  Oeffnen  der  Bnef-  
 couverts  unterbrochen. 
 VII.  Kapitel. 
 P a s a r g a d ä   u n d   P e r s e p o l i s . 
 Eben  erhob  sich  die  Sonne  am  östlichen Himmel  hinter  einem  matten  
 Nebelstreifen,  als  wir  uns  mit  unserer Karawane  bereits  am  Ausgange  des  
 Dorfes,  in  der  Nähe  des Posthauses  von  Murghdb,  befanden,  um  die  lange  
 Strafse  einzuschlagen,  welche  sich  in  der  Nähe  des  kanalartigen  Ab-i-  
 Murghäb  quer  durch  die  lange  Ebene  von  Pasargadä  hinzieht.  Rechter-  
 Hand  lagen  uns  die  massigen Bergrücken  in  ziemlicher  Nähe,  sich  zu  hügeligen  
 Vorbergen  absenkend;  linker  Hand,  in  weiter  Ferne  von  unserem  
 Standpunkte,  zog  sich  ein Bergrücken  hin,  dessen Länge  sich  vorläufig  gar  
 nicht  absehen  liefst  denn  vor  uns  schien  die  Ebene  durch  dunkelbraun  
 gefärbte Felsmassen und hellere Hügelgruppen  gleichsam  abgesperrt zu sein  
 Wir  hatten  die  Verabredung  getroffen,  dafs  Herr  v.M.   und  sein  Neffe  auf  
 persischen Courierpferden  vorausreiten  sollten,  um  die  von  unserer  tra se  
 seitwärts  ab  gelegenen Ruinen  von  Pasargadä  zu  besichtigen,  während  wir  
 übrigen  mit  der  Karawane  ruhig  unseres  Weges  zogen,  um  spater  in  dem  
 Dorfe  Kamin  mit  Ren  genannten  Herren  nach  Vollendung  unseres  Tagemarsches  
 zusammenzutreffen.  Obgleich  Kämin  ein  wenig  abgelegen  von  
 der  gewöhnlichen  Strafse  ist  und  von  den  Reisenden  Derbend  als  Rastort  
 gewählt  zu  werden  pflegt,  so  hatten  wir  dennoch  mit  Rücksicht  auf  eine  
 die  ganze  Gegend  mit  Angst  erfüllende  Nachricht  hin  dem  erstgenannten