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 Pischkhedmet  oder Kammerherr  des  Schah,  um  im Namen  seines  erhabenen  
 Herrn  sein  Bedauern  über  den  Tod  seines  dahingesc'hiedenen  Freundes,  
 des  Barons  v.  M in u to li,  auszudrücken.  Er  fügte  hinzu,  der Baron  sei  
 einer  von  den  Wenigen  gewesen,  die  seine,  des  Schah,  und  Persiens  Intel  
 essen  im  Auge  gehabt  hätten,  er  wünsche,  dafs  die  preufsische  Regierung  
 einen  neuen  Vertreter  mit  gleicher  Gesinnung  an  'seinen  Hof  
 schicken  möge,  und  ermahne  mich,  bis  dahin  für  Persien  dieselben  Gefühle  
 zu  hegen,  durch  welche  sich  der  verstorbene  Minister  seine  Allerhöchste  
 Freundschaft  in  so  hohem  Grade  zu  erringen  gewufst  habe.  Er  
 wolle  mich  bald  sehen,  um  die  Einzelheiten  über  den  Tod  des  Ministers  
 zu  vernehmen,  und  werde  dazu  den  Tag  nach  der Rückkehr  von  der Jagd  
 ansetzen.  Wie  bei  allen  Gelegenheiten,  so  hatte  auch  bei  diesem  für  uns  
 Preufsen  so  traurigen  Ereignifs  der  Schah  den  Gefühlen  seines  Herzens  
 Rechnung  getragen  und  bewiesen,  dafs  er  das  Talent  ebenso  sehr  als  die  
 wahre  Humanität  zu  schätzen  wufste.  Rührend  und  ebenso  schön  sind  in  
 der That  die Worte,  in welche  der Kaiser  bei  der  Nachricht  von  dem Tode  
 unsers Chefs  ausbrach,  und  die  ich  um  so  lieber hier anführe,  als  sie meine  
 Behauptung  von  der  natürlichen  Herzensgüte  des  Schah  beweisen. '  „Hätte  
 doch  Gott  gegeben,“  rief  er  äus,  „dafs  ich  den  durch  Herz  und  Wissen  
 gleich  ausgezeichneten  Mann  nie  kennen  gelernt  hätte,  nur  uni  ihn  zu  
 verlieren  und  den  tiefen  Schmerz  um  den  Verlust  eines  Freundes  zu  empfinden  
 ! “ H H 
 Am  25sten  erhielt  ich  durch  den  mir  befreundeten  und  unserer  Gesandtschaft  
 stets  anhänglichen  General Dawud  Khan  die  schriftliche  Nachricht, 
   dafs  der  Schah  am  folgenden  Tage  mich  und  die  übrigen  Mitglieder  
 zu  empfangen  wünsche.  Der  Himmel  sah  regnig  ausj  so  dafs  ich  
 beinahe  befürchten  mufste,  die  Audienz  würde  hierdurch  vereitelt  werden, 
   da  ein  vom  Regen  durchnäfster  Europäer  dem  Mohamedaner  ein  
 Greuel  ist.  Zum  Glück  liefs  sich  das  Wetter  gut  an,  wir  begaben  uns  in  
 grofser  Uniform  und  auf Paradepferden  zunächst  nach  dem  Diwan  des Ministers  
 des  Auswärtigen  in  der  Burg,  um  uns  nach  der  vorgeschriebenen  
 Etiquette  zuerst  diesem  vorzustellen.  Seine  Excellenz  Mirza  Said Khan  
 hockten  auf  einer  grünen  Decke  Angesichts  eines  Berges  von  Briefen  in  
 der  üblichen  persischen  Streifenform,  welche  der  persische  Tschapdr  von  
 Constantinopel  so  eben  überbracht  hatte.  Thee,  Kaliun,  beide in  doppelter 
 Auflage,  und  Gespräche  über Cholera-Präservative  vertrieben  die  Zeit  des  
 Wartens bis  zum Aufbruch, letzterer dadurch  bezeichnet,  dafs  der Wezir sich  
 seine  rothen Stiefeln  herbeiholen  liefs,  mit welchen  allein  bekleidet  er  sich  
 nach  alter Sitte  der  „heiligen Gegenwart“ vorstellen darf.  Zu bufs  gingen wir  
 durch  den  bekannten  Hof,  welcher  von  den  eigenthümlichen Kachelmauern,  
 mit  schnurrbärtigen Soldaten  darauf,  eingefafst  ist,  und  an dessen Eingänge  
 der  Wezir  eine  zweite  Wandelung  seiner  Bekleidung  vornahm-,  indem  er  
 die  schwarze  persische  Pelzmütze  mit  dem  officiellen  altpersischen  Turban  
 vertauschte  und  seine Glieder  in  einen  bunten kostbaren Ehrenkaftan hüllte.  
 Durch  eine  kleine  Nebenthür  rechter  Hand  traten  wir  in  einen  bis  dahin  
 noch  nicht  gesehenen Hof,  der  eine  Menge  von Wasserrinnen  enthielt,  mit  
 einem .Grunde  blauer  Kacheln  durchzogen,  und  in  dessen  Mitte  als  besondere  
 Merkwürdigkeit  ein  Glastreibhaus  aufgebaut  war.  Der  Minister  
 nöthigte  uns  hinein  zu  treten  und  inmitten,  schöner  Orangenbäume  und  
 scheufslicher Blumentöpfe  mit  halb  verwelkten  Levkoyen,  Geraniums,  Re-  
 seda’s,.  Strohblumen  und  sonstigen  europäischen  Marktblumen  darin,  in  
 der  Nähe  eines  gluthausstrahlenden  französischen  eisernen  Kanonenofens,  
 auf  den  Stühlen  Platz  zu  nehmen.  Der  Aufenthalt  hierselbst  wurde  durch  
 den  augenblicklich  abwesenden Ober-Ceremonienmeister  hervorgefufen,  der  
 endlich,  blutroth  gekleidet,  erschien,  um  uns  zum  „Mittelpunkt  des  Weltalls“ 
   zu.  geleiten.  Er  führte  uns  wieder  nach  dem  grofsen  Hofe,  wo  an  
 der  einen  Seite  durch  ein  geöffnetes  Fenster  die  Figur  des  Schah  schon  
 von  weitem  sichtbar  war.  Bei  seinem  Anblick  fanden  die  üblichen  dreimaligen  
 tiefen  Verbeugungen  und  allgemeines  Schuhausziehen  statt,  wonach  
 wir  e$st  in  der Verfassung  waren,  die  Nähe  des  „Königs  der Könige“ 
 ertragen  zu  können., 
 Der  Schah  safs  auf  einem Stuhle,  trug  seine  gewöhnliche  halbeuropäische  
 Nizamtracht  und  sah  frisch  und  munter  aus.  Links  von  ihm  stand  
 ein  Thron  in  Gestalt  eines  hohen  Stuhles  und  nach  Art  der  altpersischen  
 Königssessel  mit  einem  hohen  Fußschemel  Versehen.  Von  oben  bis  unten  
 war  er  mit  einem  unendlichen  Reichthum  hellflimmernder  kostbarer  Edelsteine  
 bedeckt,  die  aus  einem  vortrefflich  gearbeiteten  Grunde  von  Goldplatten  
 heiworzuwachsen  schienen 
 Beim Eintritt  blieben  wir  in  der  vorgeschriebenen Entfernung vor dem  
 sitzenden  Schah  stehen,  und  ich  hatte  die  Ehre,  an  ihn  in  französischer  
 Sprache  eine  Anrede  zu  richten,  welche  der  Adjutant  Jahijd-Khan,  der