weit ausdehnte. Die Grabsteine waren zum grofsen Theil mit vieler Kunstfertigkeit
behandelt. Eine nicht geringe Zahl war aus felsenhartem Granit
gemeifselt und mit schönen Inschriften bedeckt, welche zu den besten Proben
persischer Schrift-Seulptur gehörten. Aus ihrer Mitte erhob sieh einsam
und trauernd ein halb zerbrochener Granitlöwe, der hier wie so häufig
anderwärts das Grab irgend eines -Helden vergangener Zeiten schmückte.
Eine halbe Stunde weiter führt über sehr unebenes, hügeliges Terrain hinweg
die Strafse nach einer schlechtgemauerten graden Brücke und endet
zuletzt in einen Pfad, der deutlich sichtbar zu dem nächstgelegenen Stadt-
thore von Qumischeh geleitet. Der Anblick der letzteren ist eigenthümlich
genug und überrascht den von Norden kommenden Wanderer nicht wenig.
Ziemlich regelmäfsig angelegt, nach persischer Städtebefestigungsregel in
einem Viereck, ist sie von einem Mauer- und Thurmgürtel umgeben, über
welchem sich eine wahre Unzahl dünngestalteter Taubenthürme erheben.
Es sieht aus, als seien die fetten dickleibigen Thürme von Isfahan zu
mageren schmächtigen Gestalten zusammengeschrumpft. Trotz des Sonderbar
fremdartigen hat dennoch dieser Anblick etwas ungemein Munteres.
Hinter Gräben und Gruben führt das kleine Stadtthor in das- Innere von
Qumischeh, wo der Eltschi gleich bei seinem Eintritt von dem Hakim oder
Gouverneur der Stadt (abhängig von dem isfahanischen SchahzadeK) und
den bedeutendsten Persönlichkeiten derselben durch eine feierliche Anrede
begrüfst wurde. E r geleitete uns durch etliche Strafsen des ziemlich reinlich
aussehenden, wenn auch verfallenen Ortes nach unserem Menzile, einem
kleinen Hause mit gepflastertem Hofe, in dessen Mitte sich neben einem
Beete halb welker Herbstblumen ein gefülltes Wasserbassin befand. Unsere
Zimmer lagen wie gewöhnlich nach diesem Hofe hinaus, waren mit nebeneinander
laufenden Tonnengewölben überdach!, und die Fenstergatter der
kleinen viereckigen Fensteröffnungen mit Papier verklebt. Die von Bauch
geschwärzten Decken lieferten den Beweis, dafs .die- Kamine im Winter arg
rauchen müssen und dafs den Leuten in Qumischeh nicht viel daran gelegen
ist, ob das Zimmer weifs oder schwarz aussieht. - In der finsteren Nebenkammer
des Gemaches, in s ic h e rn Hr. v. Grolman und meine geringe
Person das heutige Quartier aufgeschlagen hatten, entdeckten wir neugierige
Europäer ein sonderbares Instrument, welches folgendermafsen gestaltet
war:
Was sollte das bedeuten, ein Holzbalken mit vier Einschnitten, darüber
eine bewegliche Eisenstange-, die mittelst eines Schlosses unbeweglich
wurde? Unsere Perser erklärten mit gröfster Ausführlichkeit den Zweck
jener Maschine, welche sie mit dem Namen Tärezu bezeichneten. Es war
eine Fufsklammer für zwei Personen, so eingerichtet, dafs eine Doppel-
Bastonade optima forma applicirt werden konnte. Das Nebenkämmerchen,
in welchem sich das eben beschriebene Instrument vorfand, dient aufser-
dem als Gefängnifs für solche, welche sich Uebertretungen schuldig "gemacht
haben. Natürlich war unser Wunsch, für die Zeit unseres Aufenthaltes
keine criminelle Nachbarschaft in nächster Nähe zu geniefsen.
Von Qumischeh an nahmen die Leiden derer unter uns, welche an
gastrischen Uebeln befallen waren, einen höchst bedenklichen Charakter an.
Wir safsen schweigsam und traurig in unserem Menzile, und versuchten,
leider vergeblich, durch medicinische Mittel unserer leidenden Natur einige
Hülfe zu verschaffen. Die stärksten Dosen sonst kräftig .wirkender Medi-
camente" blieben vollständig erfolglos. Vor allen hatten wir den Schmerz,
unseren hochverehrten Chef'” in einem so bedenklichen Zustand zu sehen,
dafs wir trotz seiner Gegenvorstellungen gemeinsam den Entschlufs fafsten,
unseren Aufenthalt in Qumischeh mindestens um einen Tag länger auszudehnen.
So verlebten wir denn in trübster Stimmung den ganzen folgenden
Tag, den 5. October, in dem einsamen Menzile.
-Um fünf Uhr Morgens, d. 6. October, zögen wir bereits wieder mit
Sack und Pack aus dem Stadtthore in das- Freie hinaus. Die frische Luft,
vor allen jedoch der angenehme Anblick der uns umgebenden, von Menschenhand
gepflegten Natur schien wohlthuend auf unseren Körper und Seele
zu wirken. Beinahe ohne Unterbrechung dehnte sich von Qumischeh an bis
zum nächsten, vier Fersach abgelegenen Menzile eine lustige Reihe von
Gärten und Dörfern mit Taubenthürmen aus, die einer reichen Wasserader
ihr fröhliches Aussehen zu danken hatten. Linker Hand zog sich die Ka-
rawanenstrafse an einem Bergzuge mit Steilabfall hin. Von hier aus rechter
Hand lag ein wenig tiefer das bebaute Land , das sich bis zum Fufse
der gegenüberliegenden kahlen Bergkette in der Länge wie ein grünes