
und für unsere. Stammesgeschichte höchst interessanten Verhältnisse
sehr klar übersehen können.
Um den Stammbaum unseres Geschlechts innerhalb des Wirbeltierstammes
richtig zu verstehen, ist es von großer Bedeutung, die
maßgebenden Charaktere fest im Auge zu behalten, welche die
Fische und die sämtlichen anderen Kiefermäuler von den Rundmäulern
und den Schädellosen trennen. Gerade in Bezug auf diese
entscheidenden Charaktermerkmale stimmen die Fische mit allen
anderen Gnathostomen bis zum Menschen hinauf überein, und
gerade darauf gründen wir unseren Anspruch der Verwandtschaft
mit den Fischen (vergl. die XVII. Tabelle, S. 463). Als solche
systematisch - anatomische Charaktere von höchster Bedeutung
müssen namentlich folgende Eigenschaften der Gnathostomen hervorgehoben
werden: 1) der innere Kiem enbogenapparat nebst den
Kieferbogen; 2) die- paarige Nasenbildung; 3) die Schwimmblase
oder Lunge, und 4) die beiden Gliedmaßenpaare.-
Bedeutungsvoll ist für die ganze Gruppe der Kiefermäuler
vor allem die eigentümliche Ausbildung des K i eme n b ö g e n g
e rüs te s und des damit zusammenhängenden Kieferapparates.
Die Anlage derselben vererbt sich bei allen Gnathostomen mit
größter Zähigkeit, von den ältesten Fischen bis zum Menschen
hinauf. Allerdings ist die uralte, schon bei den Ascidien vorhandene
Umbildung des Vorderdarms zum Kiemendarme ursprünglich
bei allen Wirbeltieren auf dieselbe einfache Grundlage zurückzuführen;
ganz charakteristisch sind in dieser Beziehung die Klemenspalten,
welche bei sämtlichen Wirbeltieren und ebenso bei den
Ascidien die Wände des Kiemendarmes durchbohren; Allein das
äußere , oberflächlich gelegene Kiemengerüst, welches bei den
Cyclostomen den Kiemenkorb stützt, wird bei sämtlichen Gnathostomen
durch ein inneres Kiemengerüst verdrängt, das an des
ersteren Stelle tritt. Dasselbe- besteht aus einer Anzahl hintereinander
gelegener knorpeliger Bog en, welche zwischen den
Kiemenspalten innen in der Schlundwand liegen und den Schlund
ringförmig von beiden Seiten her umgreifen. Ursprünglich sind
diese Kiemenbogen segmental angelegt, aus Hyposomiten hervorgegangen
(Branchiomerie). Das vorderste Kiemenbogenpaar
gestaltet sich zum Ki e f e rb o g en , aus dem unser Oberkiefer und
Unterkiefer entstanden ist.
Die Ge ruchso r g ane werden bei allen Kiefermäulern ursprünglich,
in derselben Form angelegt, als ein paar Hautgruben
des Vorderkopfes, oberhalb der Mundöffnung; man kann diese
Gruppe daher auch Paarnasen (Amphirhind) nennen. Im Gegensätze
dazu sind die Rundmäuler „Unpaarnasen“ (Monorhina); ihre
Nase bildet ein einfaches, in der Mittellinie der Stirnfläche gelegenes
Rohr. Da jedoch die Geruchsnerven hier wie dort paarig
sind, ist es möglich, daß die eigentümliche Nasenbildung der
heutigen Cyclostomen erst sekundär erworben ist (in Anpassung
an die saugende Lebensgewohnheit), - fff.
Ein dritter wesentlicher Charakter sämtlicher Kiefermäuler,
durch welchen sie sich von den bisher betrachteten niederen Wirbeltieren
sehr bedeutend unterscheiden, ist die Ausbildung eines Blindsackes,.
welcher sich aus dem vorderen Teile, des Darmkanales
hervorstülpt und zunächst bei den Fischen zu der mit Luft gefüllten
Schwimmblase gestaltet (Taf. VII, Fig. 13 lu). Indem dieses
Organ durch den mehr oder weniger komprimierten Zustand der
Luft, welche es enthält, oder durch die wechselnde Quantität dieses
Luftgehaltes dem Fische ein mehr oder weniger hohes spezifisches
Gewicht verleiht, dient es als hydrostatischer Apparat. Der Fisch
kann mittelst desselben im Wasser auf- und niedersteigen. Diese
Schwimmbla s e ist das Organ, aus dem sich die L u n g e der
höheren Wirbeltiere entwickelt hat.
Endlich treffen wir als vierten Hauptcharakter der Gnathostomen
in der ursprünglichen Anlage des Embryo zwei paar
Ex t r emi t ä t en oder Gliedmaßen: ein paar Vorderbeine, welche
bei den Fischen Brustflossen genannt werden (Fig. 304 v), und ein
paar Hinterbeine, welche bei den Fischen Bauchflossen heißen
(Fig, 304 h). Gerade die vergleichende Anatomie dieser Flossen
ist von dem allerhöchsten Interesse, weil dieselben bereits die
Anlage für alle diejenigen Skeletteile enthalten, welche bei den
höheren Wirbeltieren bis zum Menschen hinauf das Gerüste der
Extremitäten, der Vorder- und der Hinterbeine bilden. Hingegen
ist bei den Schädellosen und Rundmäulern von diesen beiden
Gliedmaßenpaaren noch keine Spur vorhanden. .
Wenden wir uns nun zur näheren Betrachtung der F i s c h kla
s se selbst, so können wir dieselbe zunächst in drei Hauptgruppen
oder Unterklassen zerfallen, deren Genealogie uns vollkommen
klar vor Augen liegt. Die erste und älteste Gruppe ist
die Unterklasse der Se la chie r oderyUrf ische, von denen die
bekanntesten Vertreter in der Gegenwart die formenreichen Ordnungen
der Haifische und der Rochen sind (Fig. 302— 306). An
diese schließt sich zweitens die weiter entwickelte Unterklasse der
Schme l z f i s che oder Ganoiden an (Fig. 307—309)- Sie ist seit