
nicht die Ausübung der Lebenstätigkeiten an die Anwesenheit eines
Pla smakö rpe r s unabänderlich geknüpft wäre. Bei den Moneren
aber, den einfachsten Organismen, die wir uns denken können,
besteht eben der ganze Körper einzig und allein aus Pla sson,
entsprechend dem „Ur schleim“ der älteren Naturphilosophie.
Man pflegt gewöhnlich die weiche, schleimartige Plasson-
substanz des Monerenkörpers als „Protoplasma“ zu bezeichnen
und demnach mit der Zellsubstanz der gewöhnlichen Tier- und
Pflanzenzellen zu identifizieren. Wie jedoch namentlich Eduard
Van Beneden in seinen trefflichen Arbeiten über dië Gregarinen
klar hervorgehoben hat, müssen wir, streng genommen, zwischen
dem Plasson der Cytoden und dem Protoplasma der Zellen wohl
unterscheiden. Diese Unterscheidung ist für die Entwickelungsgeschichte
von prinzipieller Bedeutung. Wie schon früher gelegentlich
erwähnt wurde, müssen wir zwei verschiedene Entwickelungsstufen
unter jenen „Elementarorganismen“ annehmen,
welche als Bi ldne r innen oder Pla s t iden die organische
Individualität der ersten Ordnung darstellen. Die ältere und niedere
Stufe sind die kernlosen Cytoden, deren ganzer Körper bloß
aus einer le i eiweißartiger Substanz besteht, aus gleichartigem
Pla s son oder „Bildungsstoff“. Die jüngere und höher§y Stufe
sind die kernhaltigen Zel l e n, bei denen bereits eine Sonderung
oder Differenzierung des ursprünglichen Plasson in zwe ie r le i
verschiedene bildende Substanzen ëingetreten ist, in das Karyo-
plasma des inneren Ze l l enke rns {Nucleus) und das Cytoplasma
des äußeren Ze l l enl e ibe s (Cytosoma). (Vergl. S. 112,119.)
Die Moneren sind einfachste permanente Cytoden. Ihr
ganzer Körper besteht bloß-aus weichem, strukturlosem Plasson.
Wenn wir denselben noch so genau mit Hülfe unserer feinsten
chemischen Reagentien und unserer schärfsten Optischen Hülfsmittel
untersuchen, so können wir doch keine bestimmten Formbestandteile,
keine morphologische Struktur darin unterscheiden. Daher sind
diese Moneren im eigentlichen Sinne des Wortes „Organismen
ohne Or g ane “ ; ja, im strengeren philosophischen Sinne dürfte
man sie eigentlich nicht mehr „Organismen“ nennen, weil sie eben
keine Organe besitzen. Sie können nur insofern noch Organismen
genannt werden, als sie die organischen Lebenserscheinungen der
Ernährung und Fortpflanzung, der Empfindung und Bewegung
zu bewirken im stände sind. Wollten wir versuchen, a priori
einen denkbar einfachsten Organismus zu konstruieren, so würden
wir immer auf ein solches Moner zurückkommen müssen.
Die Moneren der Gegenwart, die heute noch in mehreren
sehr verschiedenen'Formen existieren, zerfallen nach ihrem Stoffwechsel
in zwei verschiedene Gruppen: die Phytomone r en
mit plasmodomer und die Zoomoneren mit plasmophager Art
der Ernährung; jene sind, physiologisch betrachtet, die einfachsten
Anfänge des Pflanzenreiches, diese des Tierreiches. Die Phytomoneren
können als die primitivsten und ältesten unter allen jetzt
lebenden Organismen betrachtet werden, insbesondere deren einfachste
Formen, die Chromaceen (Phycochromaceen oder Cyano-
phyceen). Die typische Gattung Chroococcus (Fig. 277) ist durch
mehrere Arten im Süßwasser vertreten und bildet häufig einen
sehr zarten, blaugrünen Ueberzug auf Steinen und Holz in unseren
Teichen und Wassergräben. Derselbe besteht aus kugeligen, blaßspangrünen
Pla smakö rne rn von 0,003-^,01 mm Durchmesser.
a b e ' , d
7' ig. 277. Chroococcus minor (Naegeli), : ;oonud vergrößert. Eine Phylomonere,
deren kugelige Plastiden eine gallertige strukturlose Hülle ausscheiden. Die
kernlose Plasmakugel (von blaugrüner Farbe) vermehrt sich durch einfache Teilung (a— ä).
Das ganze Leben dieser homogenen Plasmakügelchen besteht in
einfacherruWachstum und Vermehrung durch Teilung. Nachdem das
kleine Plasmakorn durch fortgesetzte Plasmodomie (oder Carbon-
Assimilation) bis zu einer gewissen Größe gewachsen ist, zerfällt
es in zwei gleiche Hälften, indem es sich in der Mitte einschnürt.
Die beiden Tochtermoneren, die so durch Halbierung des Plasmakügelchens
entstanden sind, beginnen sofort denselben einfachsten
Lebensprozeß von neuem. Ebenso verhält sich die braune Procytella
primordialis (— früher als Protococcus marinus beschrieben —);
sie bildet große Mengen von monotonem Plankton in den arktischen
Meeren. Die kleinen Plasmakugeln dieser Art sind grünlichbraun
gefärbt und erreichen nur 0,002—0,004 mm Durchmesser. Während
bei den einfachsten Chroococcaceen noch keine besondere Membran
am strukturlosen Plasmakorn zu unterscheiden ist, läßt sich bei
anderen Phytomoneren derselben Familie eine solche deutlich erkennen;
bei Aphanocapsa {Fig. 278) fließen die Hüllenmembranen
der sozialen Plastiden zusammen; bei Gloeocapsa bleiben sie durch