
„hochcivilisierten“ Kulturnationen Tempel bauen und Prozessionen
widmen! Denn er belehrt uns über den langen historischen Stufengang,
auf welchem unsere Ahnen von der niederen Gastraea-
Stufe bis zur Vertebraten-Höhe emporgeklommen sind.
Wie unendlich bedeutungsvoll der Amphioxus und die Ascidie
für das Verständnis der menschlichen Entwickelung und somit
des wahren Menschen Wesens sind, davon werden Sie sich am
klarsten durch die vergleichende Uebersicht überzeugen, in welcher
ich die wichtigsten Homologien des höchsten und des niedersten
Wirbeltieres zusammengestellt habe (XVI.—XVII. Tabelle, S. 462).
Sie ersehen, daraus die unleugbare Tatsache, daß der menschliche
Embryo in früher Zeit seiner Entwickelung in den wichtigsten
Organisationsverhältnitsen mit dem Amphioxus und mit dem Embryo
der Ascidie übereinstimmt, hingegen von dem entwickelten
Menschen grundverschieden ist. Auf der anderen Seite ist es aber
nicht minder wichtig, die tiefe Kluft im Gedächtnis zu behalten,
welche den Amphioxus von allen übrigen Wirbeltieren scheidet.
Noch heute wird das Lanzettiercheü in den meisten zoologischen
Lehrbüchern als ein Mitglied der Fischklasse aufgeführt. Als ich
dagegen (1866) den Lanzelot ganz von den Fischen trennte und
den ganzen Wirbeltierstamm jn die beiden Hauptgruppen der
Schädellosen (Amphioxus) und der Schädeltiere (alle übrigen
Vertebraten) teilte, galt das als eine unnütze und unbegründete
Neuerung76). Wie es sich hiermit verhält, sehen Sie am besten aus
der morphologisch - vergleichenden Uebersicht der XVII. Tabelle
(S. 463). In allen wesentlichen Beziehungen der Organisation und
Entwickelung stehen die echten'Fische dem Menschen viel näher
als dem Amphioxus.
Achtzehnter Vortrag.
.Zeitrechnung unserer Stammesgeschichte.
„Vergeblich hat man bis jetzt nach einer scharfen Zeitgrenze zwischen M e n s ch en g
e s c h i c h t e und v o rm e n s c h l ic h e r G e s c h i c h te gesucht: der Ursprung des
Menschen und die Zeit seines ersten Auftretens verlaufen in das Unbestimmbare; es
läßt sich nicht scharf eine sogenannte V o r w e i t von der J e t z tw e l t sondern. Dieses
Schicksal teilen aber alle geologischen, wie alle historischen Perioden. Die Perioden, die
wir unterscheiden, sind daher mehr oder weniger willkürlich abgetrennt und können,
wie die Abteilungen des naturhistorischen Systematikers, nur zur bequemeren TJeber-
sicht und Handhabung dienen, nicht aber zu einer wirklichen Trennung des Ungleichen.“
Bernhard Cotta (1866).
Ontogenetische und phylogenetische Zeiträume. Perioden der
organischen Erdgeschichte. Paläontologische Zeitrechnung.
Phylogenetische Methoden der vergleichenden Sprachforschung
und der vergleichenden Morphologie. Urzeugung der Moneren.