
70. (S. 376-) Die Aehnl i chkeft der Amniotenkeime ist
vorzüglich deshalb so lehrreich, weil .sie uns lehrt, wie durch verschiedenbärtige
Entwickelung aus einer und derselben Gestalt die verschiedensten
Gebilde hervorgehen können. Wie wir dies von den Keimformen
tatsächlich sehen-, so dürfen wir dasselbe für die Stammformen
hypothetisch annehmen. Uebrigens ist jene Uebereinstimmung niemals
wirkliche Identität, sondern stets nur höchste Aehnlichkeit. Wirklich
identisch sind auch die Keime bei den verschiedenen Individuen einer
und derselben Art gewöhnlich nicht
71. (S. 3S3.). Das Gesetz des ontogeneti schen Zusammenhanges
systematisch verwandter Tierformen erleidet scheinbar
zahlreiche Ausnahmen. Diese erklären sich aber vollständig durch"
die c en o gen eti che-Anpassung des Keimes an besondere embryonale
Existenzbedingungen. Wo die palingenetische Entwickelungsform des
Keimes durch Vererbung getreu übertragen wird, da macht sich stets,
jenes Gesetz unmittelbar geltend.
72. (S. 420.)r Blutsverwandtschaft des Menschen und
der Menschenaffen. Die Versuche von Hans Friedenthal sind deshalb
von so hoher Bedeutung, weil sie die nahe' Stammesverwandtschaft
des Menschen und der anthropoiden Affen auch von physiologi scher
Seite unzweideutig beweisen. Sie liefern somit eine glänzende Bestätigung
für die Annahme einer direkten Abstammung des Menschen von aus-
gestorbenen anthropoiden Catarrhinen, welche von morphologi scher
Seife schon seit vierzig Jahren mit Sicherheit angenommen wurde.
73. (S. 44°-) - Die Methoden der Phylogenie besitzen den
gleichen logischen Wert wie die allgemein anerkannten Methoden der
Geologie; sie dürfen daher ganz dieselbe wissenschaftliche Geltung
beanspruchen. Vergl. die trefflichen Reden von Eduard Strdsburger: Ueber
die Bedeutung phylogenetischer Methoden für die Erforschung lebender
Wesen (1874)1 und von Arnold Lang: Mittel und Wege phylogenetischer
Erkenntnis (1887). Jena. -
74. (S. 442.) Literatur über Amphioxus. Vergl. die zusammenfassende
Monographie von Arthur Willey, Amphioxus and the
ancestry of the Vertebrates. Boston 1894.
75. (S. 442.) Die Arten der Gattung Amphioxus (8—-10
verschiedene Species) habe ich 1893 auf zwei verschiedene Genera verteilt,
den älteren Amphioxus mit zwei Gbnadenreihen (rechts und links
gleichmäßig entwickelt) — und den jüngeren Paramphioxus mit einer
Gonadenreihe, rechts unterhalb der Leber gelegen (letztere Gattung kann
wieder in drei Subgenera : Epigonichthys, Heteropleuron und Asymmetron,
verschieden durch die Bildung des Flossensaumes und der Mundcirrhen,
getrennt werden). Bei dem australischen Paramphioxus bassanup sind gewöhnlich
die Geschlechtsdrüsen der linken Seite ganz rückgebüdet; aber
bei einzelnen Individuen fand ich (1893) Rudimente derselben teilweise
erhalten. Vergl. meine „Systematische Phylogenie der Wirbeltiere“ (1895,
S. 214); ferner meine Abhandlung „Zur Phylogenie der Australischen
Fauna“ in dem—Werke von R. Semon, Zoologische Forschungsreisen in
Australien; Systematische Einleitung, Bd. I, S. 15; Jena 1893.
76. (S. 442,) Acranier, und Cranioten. Die logische Scheidung
der Wirbeltiere in Schädellose und Schädeltiere, wie ich sie zuerst
1866 in der Generellen Morphologie vorgeschlagen habe, erscheint mir
für das phylogenetische Verständnis des Vertebratenstammes unentbehrlich.
Trotzdem führen noch heute viele Lehrbücher Amphi-
öxüs unter den Fischen auf.
77. (S. 450i)f Die Ontogenie der Cy clostomen. Vergl.
H. E. Ziegler, 1902. Lehrbuch der vergleichenden Entwickelungsgeschichte
der niederen Wirbeltiere, S. 74— 100. Petromyzon S. 89. Myxi-
noiden S. 100.
78. (S. 457.) . Tuni cata oder Manteltiere. Eine sehr ausführliche
Darstellung dieser merkwürdigen Chordatiere aus neuester Zeit
gibt Oswald Seeliger in „Bronns Klassen und Ordnungen des Tierreichs“.
Aeltere grundlegende Schriften sind: Savigny, Mémoires sur les animaux
sans vertèbres. Vol. TI, Ascidies, 1816. P. J. Van Beneden, 1846,
Recherches sur- les Ascidies simples. Giard, Recherches sur les Syn-
ascidies. Archives de Zoologie expérimentale, Tome I, 1872.
79. (S. 464.)-Der ontogeneti sche Zéllenstammbaum des
Amphioxus gilt bezüglich der wichtigsten Verhältnisse für alle Wirbeltiere,
und also auch für den Menschen; denn unter allen hat Amphioxus die
Palingenesis am getreuesten durch zähe Vererbung bis heute bewahrt.
80. (S. 483.)" Die Metamerie' des Amphioxus, die an
seinem Muskelsystem erst nach dem Chordulastadium auftritt, beweist
unzweifelhaft, daß die einfache Chorda der Wirbeltiere schon vor der
Metamerenbi ldung derselben existierte, mithin von den ungegliederten
Vermalien (Prochordoniern) geerbt wurde.
81. (S. 492.) C. Kupfer, Lie Stammverwandtschaft' zwischen
Ascidien und Wirbeltieren (Arch. für mikrosk. Anat., 1870, Bd. VI, S. 115
bis 170). Oscar Hertwig, Untersuchungen über den Bau und die Entwickelung
des Cellulosemantels der Tunicaten. Richard Hertwig, Beiträge
zur Kenntnis des Baues der Ascidien. Jenaische Zeitschrift für Naturw.,
1873, Bd. VII.
82. (S. 501.) Das ewige Leben. Ebensowenig als die anderen
Wirbeltiere hat auch der Mensch Anspruch auf ein „ewiges Leben“. —
„Der Glaube an die Unsterblichkeit der menschlichen Seele ist ein
Dogma, welches mit den sichersten Erfahrungssätzen der modernen
Naturwissenschaft in unlösbarem Widerspruche steht.“ Näheres darüber
enthält das XI. Kapitel meiner „Welträtsel“.
83. (S. 520.) Urzeugung. Gen. Morphologie,vBd. I, S. 167
bis 190. Die Moneren und die Urzeugung: Jenaische Zeitschrift für
Naturwiss., 1871, Bd. VI, S. 37p 42- Ferner: Naegeli, a. a. O., und
besonders Heinrich Schmidt, ,1903 : „Die Urzeugung und Professor Rernke;“
Heft 8 der „Gemeinverständlichen Darwinistischen Vorträge und Abhandlungen“,
herausgegeben von Dr. Wilhelm Breitenbach (Odenkirchen). In
dieser Meinen Schrift ist der neueste Stand dieser wichtigen Streitfrage
Mar dargestellt und sind die unhaltbaren Einwände widerlegt, - die der
H a e ck e l, Anthropogenie. 5. Au fl. 6 l