
Inhalt des zweiundzwanzigsten Vortrages.
Fossile Amphibien der Steinkohlenperiode: Panzerlurche (Stegocephala). Ueber-
gang vom Wasserleben zum Landleben. Umbildung der vielzelligen Fischflosse in den
fünfzehigen Fuß. Ursachen und Wirkungen derselben. Dezimalsystem. Abstammung
aller höheren Wirbeltiere von einem fünfzehigen Amphibium. Mittelstellung der Amphibien
zwischen den niederen und höheren Wirbeltieren. Verwandlung oder Metamorphose
der Frösche. Umbildung der Zirkulations- und Respirationsoigane. Verschiedene
Stufen der Amphibienverwandlung. Kiemenlurche (Proteus und Axolotl).
Schwanzlurche (Molche und Salamander). Froschlurche (Frösche und Kröten). Hauptgruppe
der Amniontiere oder Amnioten (Reptilien, Vögel und Säugetiere). Abstammung
aller Amnioten von einer eidechsenartigen gemeinsamen Stammform (Protamnion).
Schnabelköpfe (Rhynchöcephala), Brückenechse (Hatteria). Erste Bildung der Allantois
und des Amnion. Spaltung der Amnioten in zwei verschiedene Linien: einerseits
Reptilien (und Vögel), anderseits Säugetiere. Uebergang von den Proreptilien zu den
Säugetieren: Säugä-eptilien (Sauromammalien). Unterklassen der Säugetiere: Mono,
tremen oder Gabeltiere, Marsupialien oder Beuteltiere, Placentalien oder Zottentiere.
Literatur :
Johannes Müller, 1832. B eiträge zu r Anatomie und Naturgeschichte der Amphibien.
Mauro Rusconi, 1854. H istoire naturelle^développement e t métamorphosé de la Sala-
mandre terrestre. Paroia.
Frans Leydig, 1867— 1873. Beiträge zu r K en n tn is der Amphibien (Caecilien. Molche.
Batrachier). — 187g. D ie in D eutschland lebenden A rten der Saurier, Bonn.
Carl Gegenbaur, 1862. Untersuchungen zu r vergleichenden Anatomie der Wirbelsäule
bei Amphibien und R eptilien. Leipzig.
Max Mlrbringer, 1878— igo2. r Z u r vergleichenden Anatomie und Entwickelungsgeschichte
der Vertebraten. Jena.
Alexander Goette, 1874. Entwickelungsgeschichie der Unke. Leipzig.
Hermann Oredner, 1886. D ie Stegocephalen aus dem Rotliegendén des Plauenschen
Grundes bei Dresden. Leipzig.
F a u l Sarasin un d Frits Sarasln, 188g. Z u r Entwickelungsgeschichte und Anatomie
der ceylonesischen Blindw ühle (Ichthyophis glu tino sus). Wiesbaden.
Heinrich Rathke, 183g. Entwickelungsgeschichte der N atter, der Schildkröten u. s. w.
Albert Günther, 1867. Contribution to the anatomy o f H atteria (Sphenodon)..
Edward Cape, 186g. Synopsis o f the exstin ct Batrachia and R ep tilia o f N.-America.
Marl Zittel, 1886. Palaeozoologie, B d . H I. (Fossile Amphibien und Reptilien.)-
Gustav Steinmann und Ludwig Doederlein, i8go. Elemente der.Palaeontologie.
Ernst Haeckel, i8g$. Systematische Phylogenie der W irbeltiere (V . Amphibien,
VI. Sauropsiden, V II. Mammalien) S . 266— 612. - B erlin .
Th. Morgan, i8g7. The development o f the fr o g ’s egg. A n Introduction^ to E x -
perim ental Embryology. New York.
H. Schauinsland, 1903. Beiträge zu r Entwickelungsgeschickte und Anatomie der
W irbeltiere (m it 56 T a feln ). Sphenodon, Callorhynchm .Cham aeleo. S tu ttg a rt.
. Meine Herren !
M i t der phylogenetischen Untersuchung der vier höheren
Wirbeltierklassen, zu der wir uns jetzt wenden, gewinnt unsere
Ahnengeschichte viel festeren Boden und viel erfreulichere Klarheit,
aL sie bisher vielleicht zu besitzen schien. Zunächst verdanken
wir eine Reihe von höchst wertvollen Aufschlüssen derjenigen
hochinteressanten Wirbeltierklasse, die sich unmittelbar
an die Dipneusten anschließt und aus diesen entwickelt hat: den
Lur chen oder Amphi bien. Dahin gehören die Molche und
Salamander, Kröten und Frösche. Früher rechnete man zu den
Amphibien nach dem Vorgänge von Linné auch noch die sämt-
lichenReptilien (Eidechsen, Schlangen, Krokodile und Schildkröten).
Doch sind diese letzteren viel höher organisiert und schließen sich
in den wichtigsten Eigentümlichkeiten ihres anatomischen Baues
enger'an die Vögel als an die Amphibien an. Die echten Amphibien
hingegen stehen näher den Dipneusten und den Fischen:
sie sind auch viel älter als die Reptilien. Schon während der
Steinkohlenperiode lebten zahlreiche (zum Teil große) und sehr
entwickelte Amphibien; die ältesten Reptilien dagegen treten erst
später während der permischen Periode auf. Wahrscheinlich haben
sich die Amphibien sogar noch früher, bereits im Laufe der
devonischen Periode, aus Dipneusten hervorgebildet. Diejenigen
ausgestorbenen Amphibien, deren versteinerte Reste uns aus jener
altersgrauen Urzeit (sehr zahlreich namentlich aus der Triasperiode)
erhalten sind, zeichneten sich durch ein zierliches Schuppenkleid
oder einen mächtigen Knochenpanzer der Haut aus (ähnlich dem
der Krokodile), während die heute noch lebenden Amphibien
größtenteils eine glatte und schlüpfrige Haut besitzen.
Die ältesten von diesen Panze r lur chen (Phractamphibia)
bilden die Ordnung der Dachköpfe oder S t e g o c epha len, von
denen neuerdings zahlreiche und wohlerhaltene Abdrücke und