
Inhalt des fünfundzwanzigsten Vortrages.
Entstehung der höchst zweckmäßig eingerichteten Sinnesorgane ohne vorbedachten
Zweck, bloß durch natürliche Züchtung. Die sechs Sinnesorgane und die acht Sinnesfunktionen.
Ursprüngliche Entstehung aller Sinnesorgane aus der äußeren Hautdecke
(aus dem Hautsinnesblatte). Organe des Drucksinnes, Wärmesinnes, Geschlechtssinnes
und Geschmackssinnes. Bau des Geruchsorgans. Die blinden Nasengruben der Fische.
Die Nasenfurchen verwandeln sich in Nasenkanäle. Trennung der Nasenhöhle und
Mundhöhle durch das Gaumendach. Bau des Auges. Die primären Augenblasen (gestielte
Ausstülpungen des Zwischenhirns). Einstülpung derselben durch die .von der
Homplatte abgeschnürten Linsensäckchen. Einstülpung des Glaskörpers. Gefäßkapsel
und Faserkapsel des Augapfels. Augenlider. Bau des Ohres. Schallempfindungsapparat:
Labyrinth und Hömerv. Entstehung des Labyrinthes aus dem primitiven Ohrbläschen
(durch Abschnürung von der Homplatte). Schallleitungsäpparat: Trommelhöhle, Gehörknöchelchen
und Trommelfell. Entstehung derselben aus der ersten Kiemenspalte
und ihren Begrenzungsteilen. Rudimentäres äußeres Ohr. Die rudimentären Muskeln
der menschlichen Ohrmuschel.
Literatur :
Johannes Müller, 1833. Handbuch der Physiologie des Menschen. (4 . A u fl.. 1844.)
V. B uch. Von den Sinnen. Koblenz.
Hermann Helmholtz, 1862. Physiologische Optik. Lehre von den Tonempfindungen.
Ernst Haeckel, 1878. Ursprung und Entw ickelung der Sinneswerkzeuge. {'Kosmos,
B d . III, S . 20; und ,, Gemeinverständl. wissensch. V o r tr ä g e B d. I I .) Bonn.
Oscar Hertwig und Richard Hertwig, 1878. Das Nervensystem und die Sinnesorgane
der Medusen. Leipzig.
Gustav Schwalbe, 1887• Lehrbuch der Anatomie der Sinnesorgane: Jena.
John I/ubbock, 1889. Sinne, Instinkte und In tellig en z der Tiere. Leipzig.
E. Jourdan, 1891. D ie S inne und Sinnesorgane der niederen Tiere. Leipzig.
G. Horn, 1876— 1883. D ie Nasenhöhlen und der Tränennasengang der Amphibien
und Amnioten. (M orphol. Ja h rb., Bd. II, V, V III.) Leipzig.
A. Kölliker, 1883. Z u r Entw ickelung des Auges und Geruchsorgans menschlicher
Embryonen. Wurzburg.
Heinrich Müller, 18*72. Gesammelte S chriften zu r Anatomie und Physiologie des
Auges. .. Würzburg.
Wilhelm Müller, 1874• Ueber die Stammesentwickelung des Sehorgans der Wirbeltiere.
Jena.
L. Kessler, 1877. Z u r Entw ickelung des Auges der W irbeltiere. Leipzig.
Justus Carrière, 1885. D ie Sehorgane der Tiere vergleichendanatomisch dar g estellt.
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Emil Huschlce, 1831, 1832. Tfeber die erste Bildungsgeschichte des Auges und
Ohres beim bebrüteten Hjuhnchen. Jena.
Carl Hasse, 1870— 1873. Anatomische S tu d ien (größtenteils über das Gehörorgan).
Gustav Retzius, 1881— 1900. Das Gehörorgan der W irbeltiere. Jena.
Rudolph BurcTchardt, 1902. D ie E in h eit des Sinnesorgan-Systems bei den Wirbeltieren.
Jena.
Meine Herren!
An den wichtigsten und interessantesten Teilen des menschlichen
Körpers gehören unstreitig die Sinne so r g ane (Sensilla);
diejenigen Teile, durch deren Tätigkeit wir allein Kunde von den
Objekten der uns umgebenden Außenwelt erlangen. „Nihil est in
intellectu, quod non prius fuerit in sensu.“ Sie sind die Urquellen
unseres Seelenlebens. Bei keinem anderen Teile des Tierkörpers
sind wir im stände, so außerordentlich verwickelte und feine anatomische
Einrichtungen nachzuweisen, welche für einen bestimmten
physiologischen Zwe ck Zusammenwirken; und bei keinem anderen
Körperteile scheinen diese wundervollen und höchst zweckmäßigen
Einrichtungen so unmittelbar zur Annahme eines vorbedachten
Sch öpfung splane s zu nötigen. Daher pflegt man denn auch
nach der hergebrachten teleologischen Anschauung hier ganz besonders
die sogenannte „Weisheit des Schöpfers“ und die zweckmäßige
Einrichtung seiner „Geschöpfe“ zu bewundern. Freilich
werden Sie bei reiflicherem Nachdenken finden, daß bei dieser
Vorstellung der Schöpfer im Grunde nur die Rolle eines genialen
Mechanikers oder eines geschickten Uhrmachers spielt; wie ja
überhaupt alle diese beliebten teleologischen Vorstellungen vom
Schöpfer und seiner Schöpfung im Grunde auf kindlichen Anthropomorphismen
beruhen.
Allerdings müssen wir zugeben, daß auf den ersten Blick für
die Erklärung solcher höchst zweckmäßigen Einrichtungen jene
teleologische Deutung als die einfachste und zusagendste erscheint.
Wenn man bloß den Bau und die Funktionen der höchst entwickelten
Sinnesorgane ins Auge faßt, so scheint für die Erklärung
ihrer Entstehung kaum etwas anderes übrig zu bleiben als die
Annahme eines übernatürlichen Schöpfungsaktes. Dennoch zeigt
uns gerade hier die Entwickelungsgeschichte auf das allerklarste,
daß jene übliche Vorstellung grundfalsch ist. An ihrer Hand