
Reminiscenz an unsere Fischahnen ist, als solcher umgebildet.
Die Teile, welche davon übrig bleiben, verwandeln sich in ganz
andere Gebilde.
Trotzdem aber so die vordere Abteilung unseres Nahrungskanals
ihre ursprüngliche Bedeutung als Kiemendarm völlig aufgibt,
behält sie dennoch die physiologische Bedeutung des Atmung s -
d a rm e s bei. Wir werden nämlich jetzt durch die höchst interessante
Wahrnehmung überrascht, daß auch das hleibende Respirationsorgan
der höheren Wirbeltiere, die luftatmende Lung e , sich ebenfalls
aus diesem vorderen Abschnitte des Darmkanals entwickelt.
Unsere Lunge entsteht samt der Luftröhre und dem Kehlkopf aus
Fig. 435- Darm eines
Hundeembryo (der in
Fig. 210, S. 399 dargestellt
ist, nach B isch o ff), von der
Bauchseite, a Kiemenbogen
(4' Paar), b Schlund- und
Kehlkopf anlage, c Lungen,
d Magen, f Leber, g "Wande
des geöffneten Dottersackes
(in den der Mitteldarm mit
weiter Oeffnung mündet), h
Enddarm.
Fig. 436— Derselbe
Darm, von der rechten Seite
gesehen, a Lungen, b Magen,
c Leber, d Dottersack, e Enddarm.
(Vergl. S. 399.)
Fig- 435- Fig. 436.
der Bauchwand des Kiemendarmes. Dieser ganze große Atmungsapparat,
der beim entwickelten Menschen den größten Teil der
Brusthöhle einnimmt, ist anfänglich nichts als ein kleines paariges
Bläschen oder Säckchen, welches unmittelbar hinter den Kiemen
aus dem Boden des K o p f darmes hervorwächst (Fig. 436 c, 440 l;
Taf. VII, Fig. 13, 15, 16 lu). Dieses Bläschen findet sich bei allen
Wirbeltieren wieder, mit Ausnahme der beiden untersten Klassen,
der Schädellosen und Rundmäuler. Dasselbe entwickelt sich aber
bei den niederen Wirbeltieren nicht zur Lunge, sondern zu einer
ansehnlichen, mit Luft gefüllten Blase, die einen großen Teil der
Leibeshöhle einnimmt und eine ganz andere Bedeutung "hat. Sie
dient hier nicht zur Atmung, sondern zur vertikalen Schwimmbewegung,
mithin als ein hyd ro s ta t i s ch e r Appa ra t : das ist
die S chwimmblase der Fische (Nectocystis, S. 599). Die Lunge
des Menschen und aller luftatmenden Wirbeltiere entwickelt sich
aber aus demselben einfachen blasenförmigen Anhänge des Kopfdarmes,
welcher bei den Fischen zur Schwimmblase wird.
Ursprünglich hat diese Blase gar keine respiratorischen
Funktionen, sondern dient nur als hydrostatischer Apparat, um
das spezifische Gewicht des Körpers zu vermehren oder zu vermindern.
Die Fische, welche eine entwickelte Schwimmblase besitzen,
können dieselbe zusammenpressen und dadurch die darin
enthaltene Luft bedeutend verdichten. Die Luft entweicht auch
bisweilen aus dem Darmkanal durch einen Luftgang, welcher die
Schwimmblase mit dem Schlund verbindet, und wird durch den
Mund ausgestoßen. Dadurch wird der Umfang der Schwimmblase
verkleinert, der Fisch wird schwerer und sinkt unter. Wenn derselbe
dagegen wieder in die Höhe steigen will, so wird die Schwimmblase
durch Nachlaß der Kompression ausgedehnt. Bei manchen
Quastenfischen ist die Wand der Schwimmblase mit Knochenplatten
gepanzert, so bei der triassischen Undina (Fig. 307, S. 607).
Nun fängt schon bei den Lurchfischen oder Dipneusten dieser
hydrostatische Apparat an, sich in ein Atmungsorgan zu verwandeln,
und zwar dadurch, daß die in der Wand der Schwimmblase
verlaufenden Blutgefäße nicht bloß mehr Luft absondern,
sondern auch frische Luft aufnehmen, die durch den Luftgang
eingetreten ist/ Bei allen Amphibien kommt dieser Prozeß zur
Vollendung. Die ursprüngliche Schwimmblase wird hier allgemein
zur Lunge, und ihr Luftgang zur Luftröhre. Die Lunge der
Amphibien hat- sich von diesen auf die drei höheren Wirbeltierklassen
vererbt. Auch bei den niedersten Amphibien ist die Lunge
jederseits noch ein ganz einfacher, durchsichtiger und dünnwandiger
Sack, so z. B. bei unseren gewöhnlichen Wassersalamandern, den
Tritonen. Sie gleicht noch ganz der Schwimmblase der Fische.
Allerdings haben die Amphibien bereits zwei Lungen, eine rechte
und eine linke. Aber auch bei manchen Fischen (bei alten Ganoiden)
ist die Schwimmblase paarig und zerfällt durch einen Einschnitt
in eine rechte und eine linke Hälfte. Anderseits ist die Lunge
unpaar bei Ceratodus (Fig. 311, S. 610).
Beim Embryo des Menschen, wie bei allen anderen Amnioten,
entwickelt sich die L u n g e aus dem hinteren Teile der Bauchwand
des Ko p f dar mes (Fig. 437). Gleich hinter der unpaaren Anlage
der Schilddrüse schnürt sich hier vom Schlunde eine mediane
Rinne ab, die Anlage der Luftröhre. Aus ihrem hinteren Ende
wachsen ein paar Bläschen hervor, die einfachen schlauchförmigen
Anlagen der rechten und linken Lunge. Späterhin wachsen beide