
720 Unsterblichkeit der Seele. XXIV.
Die vollständige Uebereinstimmung, welche in der Struktur'
und Entwickelung der. Seelenorgane zwischen dem Menschen und
den höchsten Säugetieren besteht, und welche sich nur durch die
gemeinsame Abstammung derselben erklärt, ist von grundlegender
Bedeutung für die moni s t i sche Ps y cho lo g ie . Diese tritt
erst dann in ihr volles Licht, wenn man jene morphologischen
Tatsachen mit den entsprechenden physiologischen Erscheinungen
zusammenstellt, wenn man bedenkt, daß jede. Seelentätigkeit zu
ihrer vollen und normalen Ausübung den vollen und normalen
Bestand der entsprechenden Gehirnstruktur erfordert. Die höchst
verwickelten molekularen Bewegungserscheinungen im Innern der
Nervenzellen, die wir in dem einen Worte „Se elenleben“ zusammenfassen,
können ohne ihre Organe beim Wirbeltiere, und
also auch beim Menschen, ebensowenig existieren, als der Blutkreislauf
ohne Herz und Blut. Da aber das Zentralmark lies
Menschen sich aus demselben Markrohr wie das der übrigen
Wirbeltiere entwickelt, und da der Mensch die eigentümliche
Bildung seines Großhirns (— des Denkorgans! —) mit den Menschenaffen
teilt, so hatvauch sein Seelenleben denselben Ursprung.
Wenn man das hohe Gewicht dieser morphologischen und
physiologischen Ta t s a chen gebührend erwägt, wenn man die
ontogenetischen Beobachtungen richtig phylogenetisch deutet, so
muß man sich überzeugen, daß die altehrwürdigen Vorstellungen
von der pe r sönl i chen Un s t e rb l i ch k e i t def menschlichen
Seele wi s s ens cha f t l i ch unhal tbar sind. Mit dem Tode
erlischt. beim Menschen, wie bei allen anderen Wirbeltieren, die
physiologische Funktion der cerebralen Neuronen, der unzähligen
mikroskopischen Ganglienzellen, deren gesamte Arbeitsleistung wir
mit dem einen Worte „Seele “ bezeichnen. Jener uralte und noch
heute weitverbreitete Aberglaube, „die unzerstörbare Citadelle
aller mystischen und dualistischen Vorstellungskreise“, wird durch
die Tatsachen der Anthropogenie endgültig widerlegt. Dasselbe
gilt von den kritiklosen Irrlehren des Spiritismus, die sich auf
jenen Athanismus gründen. Den eingehenden Beweis dafür enthält
das XI. Kapitel meiner „Wel t r ät s e i“.
Gehirne von Säugetieren.
Anthropogenie F. Aujl. Taf. X X I I
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