
Inhalt des vierundzwanzigsten Vortrages.
Animale und vegetale Organsysteme. Ursprüngliche Beziehungen derselben zu
den beiden primären Keimblättern. Sinnesapparat. Bestandteile desselben: ursprünglich
nur das Ektoderm oder Hautblatt; später Hautdecke vom Nervensystem gesondert.
Doppelte Funktion der Haut (Decke und Tastorgane). Oberhaut (Epidermis) und Lederhaut
(Corium). Anhänge der Epidermis: Hautdrüsen (Schweißdrüsen, Tränendrüsen,
Talgdrüsen, Milchdrüsen); Nägel und Haare. Das embryonale Wollkleid. Haupthaar
und Barthaar. Einfluß der geschlechtlichen Zuchtwahl. Einrichtung des Nervensystems.
Motorische und sensible Nerven. Zentralmark: Gehirn und Rückenmark. Zusammensetzung
des menschlichen Gehirns (großes und kleines Gehirn). Vergleichende Anatomie
des Zentralmarks. Keimesgeschichte des Markrohrs. Sonderung des Medullanrohrs in
Gehirn und Rückenmark. Zerfall der einfachen Gehimblase in fünf hintereinander
liegende Himblasen: Vorderhim (Großhirn); Zwischenhim (Sehhügel); Mittelhim (Vierhügel);
Hinterhim (Kleinhirn); Nachhim (Nackenmark). Verschiedene Ausbildung der
fünf Himblasen bei den verschiedenen Wirbeltierklassen. Entwickelung des Leitungsmarks
oder peripherischen Nervensystems. Folgerungen für die Psychologie.
Literatur:
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Meine Herren!
Durch unsere bisherigen Untersuchungen sind wir zu der
Erkenntnis gelangt, wie sich aus einer ganz einfachen Anlage,
n äm lich aus einer einzigen einfachen Zelle, der menschliche Körper
im großen und ganzen entwickelt hat. Ebenso das ganze Menschengeschlecht,
wie jeder einzelne Mensch, verdankt einer einfachen
Zelle meinen Ursprung. Die e inz e l l ig e Stammform des
ersteren wird noch heute durch d i e e in z e l l ig eKe imfo rm des
letzteren wiederholt. Es erübrigt nun noch, einen Blick auf die
Entwickelungsgeschichte der einzelnen Teile zu werfen, welche
den menschlichen Körper zusammensetzen. Natürlich muß ich
mich hier auf die allgemeinsten und wichtigsten Umrisse beschränken
, da ein spezielles Eingehen auf die Entwickelungsgeschichte
der-einzelnen Organe und Gewebe wéder durch den
diesen Vorträgen zugemessenen Raum, noch durch den Umfang
des anatomischen Wissens, welchen ich bei den meisten von Ihnen
yoraussetzen darf, gestattet ist. Wir werden bei der Entwickelungsgeschichte
der Organe und ihrer Funktionen denselben Weg wie
bisher verfolgen, nur insofern abweichend, als wir gleichzeitig die
Keimesgeschichte und die Stammesgeschichte der Körperteile ins
Auge fassen. Sie haben bei der Entwickelungsgeschichte des
menschlichen Körpers im großen und ganzen sich überzeugt, wie
uns die Phylogenese überall als Leuchte auf dem dunkeln Wege
der Ontogenese dient, und wie wir nur mittelst des roten Fadens
phylogenetischer Verknüpfung im stände sind, überhaupt uns in
dem Labyrinthe der ontogenetischen Tatsachen zurecht zu finden.
Ganz ebenso werden wir nun auch bei der Entwickelungsgeschichte
der einzelnen Teile verfahren: nur werde ich genötigt sein, immer
gleichzeitig die ontogenetische und die phylogenetische Entstehung
der Organe Ihnen vorzuführen. Denn je mehr man auf die Einzelheiten
der organischen Entwickelung eingeht,, und je genauer