Affen vor. Es kann demnach keinem Zweifel unterliegen, daß
der Fuß der Affen diese Bezeichnung ebenso gut verdient, wie
derjenige des Menschen; und daß alle echten Affen ebensogut
echte ..Zweihänder“ oder Bimana sind, wie der Mensch. Die
gebräuchliche Unterscheidung der Affen als „Vierhänder “ oder
Quadrumana ist morpho lo gi s ch in der Tat völhg unberechtigt.
Es könnte aber nun die Frage entstehen, ob nicht, hiervon
ganz abgesehen, andere Merkmale aufzufinden seien, durch welche
sich der Mensch von dem Affen in höherem Grade unterscheidet,
als die verschiedenen Affenarten unter sich verschieden sind. Diese
wichtige Frage hat Huxley in so überzeugender Weise endgültig
verneinend beantwortet, daß die jetzt noch von vielen Seiten gegen
ihn erhobene Opposition als völlig unbegründet und wirkungslos
betrachtet werden muß. Huxley führte auf Grund der genauesten
vergleichend-anatomischen Untersuchung sämtlicher Körperteile
den folgenschweren Beweis, daß in jeder morphologischen Beziehung
die Unterschiede zwischen den höchsten und niedersten
Affen größer sind als die betreffenden Unterschiede zwischen den
höchsten Affen und dem Menschen. Er restituiert demnach Linnes
Ordnung der Pr imaten (nach Ausschluß der Fledermäuse) und
teilt diese Ordnung in drei verschiedene Unterordnungen, von
denen die erste durch die Ha lba f f en (Lemuridae), die zweite
durch die echten A f f e n (Simiadae) und die dritte durch den
Mens chen (Anthropidae) gebildet wird").
Wenn wir jedoch ganz konsequent und vorurteilsfrei nach
den Gesetzen der systematischen Logik verfahren wollen, so
können wir, auf Huxleys eigenes Gesetz gestützt, bei dieser Einteilung
noch bedeutend weitergehen. Wie ich zuerst 1866 bei
Behandlung derselben Frage in der „Generellen Morphologie"
gezeigt habe, sind wir berechtigt, mindestens noch einen wesentlichen
Schritt weiter zu tun und dem Menschen seine natürliche
Stellung innerhalb einer der Abteilungen der Affenordnung anzuweisen.
Alle die charakteristischen Eigentümlichkeiten, welche
diese eine Affenabteilung auszeichrien, kommen auch dem Menschen
zu, während sie den übrigen Affen fehlen. Demnach erscheinen
wir kaum berechtigt, für den Menschen eine besondere, von den
echten Affen verschiedene Ordnung zu gründen.
Schon seit langer Zeit hat man die Ordnung der echten
Af f e n (Simiae oder Pitheca) — nach Ausschluß der Halbaffen
— in zwei natürliche Hauptgruppen eingeteilt, welche auch durch
ihre geographischeWerbreitung sehr ausgezeichnet sind. Die eine
X X I I I . Gebiß des M e n sch e n u nd der Affen. 669
Abteilung (.Hesperopitheca oder Wes ta f fen) lebt in der neuen
Welt, in Amerika. Die andere Gruppe, zu welcher auch der
Mensch gehört, sind die Eopitheca oder Ostaf fen; sie leben in
der alten Welt, in Asien, Afrika und früher auch in Europa.
Alle Affen der alten Welt, alle Eopitheken, stimmen mit dem
Menschen in allen jenen Charakteren überein, welche in der
zoologischen Systematik für die Unterscheidung dieser beiden
Affengruppen mit Recht in erster Linie benutzt werden, vor
allem in der Bildung des Gebisses. Man könnte hier gleich
den Einwand erheben, daß das Gebiß ein physiologisch viel zu
untergeordneter Körperteil sei, als daß man auf dessen Bildung
in einer so wichtigen Frage einen so großen Wert legen dürfe.
Allein diese hervorragende Berücksichtigung der Zahnbildung hat
ihren guten Grund; und es geschieht mit vollem Fug und Recht,
daß die /systematischen Zoologen schon seit mehr als einem Jahrhundert
die Bildung des Gebisses bei der systematischen Unterscheidung
und Anordnung der Säugetier - Ordnungen ganz vorzugsweise
betonen. Die Zahl, Form und Anordnung der Zähne
v e r e rb t sich nämlich vie l s t r eng e r innerhalb der einzelnen
Ordnungen der Säugetiere, als die meisten anderen Charaktere.
Die Bildung des Gebisses beim Menschen ist daher besonders
wichtig.-- Wir haben im ausgebildeten Zustande 32- Zähne in unseren
Kiefern, und von diesen 32 sind 8 Schneidezähne, 4 Eckzähne
und .20 Backzähne. Die 8 Schne ide zähne (Dentes incisivi),
welche in der Mitte der Kiefer stehen, zeigen oben und unten
charakteristische Verschiedenheiten. Im Oberkiefer sind die inneren
Schneidezähne größer als die äußeren; im Unterkiefer sind umgekehrt
die inneren Schneidezähne kleiner als die äußeren. Auf
diese folgt jederseits oben und unten ein E c k zahn, welcher
größer ist als die Schneidezähne, der sogenannte Augenzahn oder
Hundszahn {Dens caninus). Bisweilen springt derselbe auch beim
Menschen, wie bei den meisten Affen und vielen anderen Säugetieren,
stark hervor und bildet eine Art Hauer. Nach außen von
diesem endlich folgen jederseits oben und unten 5 Ba ck z ähne
{Dentes molares), von denen die beiden vorderen klein, nur mit
einer Wurzel versehen und dem Zahnwechsel unterworfen sind
(„Lückenzähne“, praemolares), während die 3 hinteren viel größer,
mit zwei Wurzeln versehen sind und erst nach dem Zahnwechsel
auftreten („Mahlzähne“, tritores). Genau dieselbe Bildung des menschlichen
Gebisses besitzen die Affen der alten Welt: alle Affen, welche
lebend oder fossil in Asien, Afrika und Europa gefunden wurden.