
den Brustkorb {Thorax). In diesem elastischen und doch festen
Brustkorb hegen die beiden Lungen und dazwischen das Herz.
Auf die Brustwirbel folgt ein kurzer, aber starker Abschnitt der
Wirbelsäule, der aus 5 großen Wirbeln gebildet wird. Das sind
die L end enwi rbe l (Fig. 395), welche keine Rippen tragen und
keine Löcher in den Querfortsätzen zeigen. Dann folgt dahinter
das K r e u z b e i n , welches zwischen die beiden Hälften des
Beckengürtels eingefügt ist. Dieses Kreuzbein wird durch fünf
feste, völlig miteinander verschmolzene Kreuzwirbel gebildet. Endlich
zuletzt kommt eine kleine, rudimentäre Schwanzwirbelsäule,
das sogenannte Ste ißbe in (Coccyx). Dieses Steißbein besteht
aus einer wechselnden Anzahl (gewöhnlich 4, seltener 3 oder 5— 6)
kleiner, verkümmerter Wirbel und ist ein nutzloses, rudimentäres
Organ, welches gegenwärtig keine physiologische Bedeutung mehr
besitzt. Aber morphologisch ist dasselbe von hohem Interesse, als
ein unwiderleglicher Beweis, daß der Mensch und die Anthropoiden
-von langschwänzigen Affen abstammen. Denn nur durch diese
Annahme läßt sich die Existenz dieses rudimentären Schwanzes
überhaupt erklären. Beim menschlichen Embryo ragt sogar der
Schwanz in frühen Perioden der Keimesgeschichte beträchtlich
frei hervor (Taf. XIII, M. II). Später verwächst er; aber die Reste
der verkümmerten Schwanzwirbel und der sie früher bewegenden
rudimentären Muskeln bleiben zeitlebens bestehen. Bisweilen bleibt
der Schwanz auch äußerlich erhalten (Fig. 195, S. 389). Nach der
Behauptung älterer Anatomen ist das Schwänzchen beim menschlichen
Weibe gewöhnlich um einen Wirbel länger als beim Manne
(hier 4, dort 5 Wirbel); nach Steinbach umgekehrt.
Wirbelzahlen verschiedener
Catarrhinen
Halswirbel
2 â
m Ë
Lendenwirbel
Kreuzwirbel
Schwanzwirbel
Summa
Schwanzlose I
Mensch (Fig. 337, S. 672; Fig. 392)
Orang (Fig. 236—238, S. 424) . pj
Gibbon (Fig. 235, 333) . '. . .
Gorilla (Fig. 242—244, 336) . .
Schimpanse Fig. 239—241, 335) .
7
7;
. 7
'7
7
12
12
13
13
14
. 5
- 5
5
4
. 4 ‘
5
...4
,4
4
4
- 4
3
. 3.
J’5
5
33
31
32
33
34
© Mandrill (Mormon chords) . '7 13 6 3 5 34
c Drill (Mormon leucophaeus) . . . 7 12 7 . 3 8 37
* Rhesus (Inuns rhesus) . . . . 7 12 - 7 2 18 46
KJ Sphinx (Papio sphinx) . . . . 7 r3, 6 3 24 53
©
o Shnpai (Semnopithectis mêlas) 7 12 7 3 31 60
D ie Zahl der Wi rbe l in der menschlichen Wirbelsäule
beträgt gewöhnlich zusammen 33. Es ist jedoch von Interesse,
daß diese Zahl häufig abgeändert wird, indem einer oder der
andere Wirbel ausfällt, oder indem ein neuer überzähliger Wirbel
sich einschaltet. Auch bildet sich nicht selten am letzten Halswirbel
oder am ersten Lendenwirbel eine frei bewegliche Rippe,
so daß dann 13 Brustwirhel neben 6 Halswirbeln oder 4 Lendenwirbeln
bestehen. In dieser Weise können die angrenzenden
Wirbel der verschiedenen Abteilungen der Wirbelsäule sich einander
stellvertretend ersetzen. Auf der anderen Seite zeigt die
vorstehende Zusammenstellung der Wirbelzahlen verschiedener
schwanzloser und geschwänzter Catarrhinen, wie. beträchtlichen
Schwankungen diese-Zahlen selbst innerhalb dieser einen Familie
unterliegen109). -
LTm die Entwickelungsgeschichte der menschlichen Wirbelsäule
zu verstehen, müssen wir nun die Gestalt und Zusammenfügung
der Wirbel zunächst noch etwas näher betrachten. Jeder
Wirbel hat dm allgemeinen die Gestalt eines Siegelringes (Fig. 393
bis 39s|ÿ Der dickere Teil derselben, der der Bauchseite zugekehrt
ist, heißt der Wi rb e lk ö rp e r und bildet eine kurze Knochenscheibe;
der dünnere Teil desselben bildet einen halbkreisförmigen
Bogen, den Wi rb e lb o g en, welcher der Rückenseite zugewendet
ist. Die Bogen aller hintereinander hegenden Wirbel sind durch
dünne „Zwischeübogenbänder“ (Ligamenta intercruralia) in der
Weise miteinander verbunden, daß der von ihnen gemeinschaftlich
umschlossene Hohlraum einen langen Kanal herstellt.- In diesem
Wirbelkanal hegt der Rumpfteil des Zentralnervensystems, das
Rückenmark. Der Kopfteil desselben/ das Gehirn, 'ist in der
Schädelhöhle eingeschlossen, und der Schädel selbst ist dementsprechend
nichts anderes als das vorderste, eigentümhch umgebildete
oder modifizierte Stück der Wirbelsäule. Die Basis oder
die Bauchseite der blasenförmigen Schädelkapsel entspricht ursprünglich
einer Anzahl von erwachsenen Wirbelkörpern, ihre
Wölbung oder Rückenseite dagegen den verschmolzenen oberen
Wirbelbogen.
Während die festen, massiven Wirbelkörper die ■ eigentliche
Zentralachse des Skeletts herstehen, dienen die dorsalen Bogen
zum Schutze des davon umschlossenen Zentralmarks. Aehnliche
Bogen entwickeln sich aber auch auf der Bauchseite zum Schutze
der Brust- und Baucheingeweide. Solche unte re oder v e n t
rale Wi rbe lbog en, die von der Bauchseite der Wirbelkörper