
ist in jeder Zwischenwirbelscheibe eine große bimförmige Höhle sichtbar,
die mit einer gallertartigen Zellenmasse erfüllt ist (Fig. 399 a).
Wenn auch weniger scharf abgegrenzt, bleibt dieser 0„Gallert-
kern“ der elastischen Knorpelscheiben doch bei allen Säugetieren
zeitlebens bestehen, während bei den Vögeln und den meisten Reptilien
auch der letzte Rest der Chorda verschwindet. Bei der
späteren Verknöchemng der knorpeligen Wirbel entsteht die erste
Ablagerung von Knochensubstanz (der „erste Knochenkern“) im
Wirbelkörper unmittelbar um den Chordarest herum und verdrängt
letzteren bald ganz. Sodann entsteht ein besonderer „Knochenkern“
in jeder Hälfte des knorpeligen Wirbelbogens. Erst nach der Geburt
schreitet die Verknöcherung so weit fort, daß sich die drei
Knochenkeme nähern. Im ersten Jahre verschmelzen die beiden
knöchernen, Bogenhälften, aber erst viel später, im zweiten bis
achten Jahre verbinden sie sich mit dem knöchernen Wirbelkörper.
In ganz ähnlicher Weise wie die knöcherne Wirbelsäule des
Rumpfes entwickelt sich auch der knöcherne S ch äde l (Cranium),
der Kopfteil des sekundären Achsenskeletts. Wie der Wirbelkanal
der ersteren das Rückenmark schützend umgibt, so bildet der
Schädel eine knöcherne Umhüllung für das Gehirn; und da das
Gehirn nur das eigentümlich differenzierte Kopfstück, das Rückenmark
hingegen das längere Rumpfstück des ursprünglich gleichartigen
Medullarohrs darstellt, so werden wir von vornherein
schon erwarten dürfen, daß auch die knöcherne Umhüllung des
ersteren als besondere Modifikation von derjenigen des letzteren
sich ergeben wird. Wenn man freilich den ausgebildeten menschlichen
Schädel allein für sich betrachtet (Fig. 400), so wird man
nicht begreifen, wie derselbe nur das umgebildete Vorderteil der
Wirbelsäule sein kann. Denn da finden wir ein verwickeltes, umfangreiches
Knochengebäude, das aus nicht weniger als zwanzig
Knochen von ganz verschiedener Gestalt und Größe zusammengesetzt
ist. Sieben von diesen Schädelknochen bilden die geräumige
Kapsel, welche das Gehirn umschließt, und an welcher wir unten
den festen ventralen S ch äd e lg rund (Basis cranii), oben das
stark gewölbte dorsale Schäde lda ch (Fornix cranii) unterscheiden.
Die dreizehn übrigen Knochen bilden den „Gesichtsschädel“,
welcher vorzugsweise die knöchernen Umhüllungen für die höheren
Sinnesorgane herstellt und zugleich als Kiefergerüste den Eingang
in den Darmkanal umschließt. Am Schädelgrunde ist der Unterkiefer
eingelenkt (gewöhnlich als XXI. Schädelknochen betrachtet).
Hinter dem Unterkiefer finden wir in der Zun gen Wurzel versteckt
das Zungenbein, gleich ihm aus den Kiemenbogen entstanden,
mithin ein Teil der unteren Bogen, die als „Kopfrippen aus der
Bauchseite der Schädelbasis ursprünglich sich entwickelt haben.
Obgleich nun so der ausgebildete Schädel der höheren Wirbeltiere
durch seine ganz eigentümliche Gestalt, seine viel bedeutendere
Fig. 402.
Fig. 400. Schädel des Menschen. (Vergl. Taf. X VI I.)
Fig. 401. Schädel des fossilen Affenmenschen von Java {Pithecanthropus
erectus) restauriert von Eugen Dubois. (Vergl. Taf. X V I . .)
Fig 402. Schädel des neugeborenen Menschen. Nach Kollm ann.
Oben stad4 in den drei großen Deckknochen des Schädeldaches die sternförmigen
Knochenltaien sichtbar, die von den zentralen Verknöcherungspunkten ausstrahlen; vom
&!tanbeta hinten Hinterhauptsbein, zwischen beiden das große Scheitelbein £ j Schuppen-
beta “ Warzenfontanelle; ƒ Felsenbein, t Paukenbeta, / Sertenteil, 4 Bulla, j Rch-
bein, a großer Keilbetaflügel, k Keilbetafontanelle.