
also nach Verlauf von 10 Stunden, ist er immer noch weit offen;
sein vollständiger Verschluß erfolgt langsamer und nimmt meist
noch den größten Teil des Vormittags in Anspruch.
Im Verlaufe' der weiteren Entwickelung streckt' sich nun die
rundliche Glockengastrula des Amphioxus mehr in die Länge und
beginnt zugleich auf einer Seite sich etwas abzuflachen, parallel
der Längsachse. Die abgeflachte Seite ist die spätere Rückenseite;
die entgegengesetzte Bauchseite bleibt rund gewölbt. Die letztere
wächst stärker als die erstere, so daß der Urmund auf die Rückenseite
hinaufrückt (Figl 260). In der Mitte der Rückenfläche entsteht
eine seichte Längsfurche oder Rinne (Fig. 263), und beiderseits
dieser Rinne erheben sich die Ränder des Körpers in Form
zweier paralleler Leisten oder Längswülste. Sie werden jetzt schon
erraten, daß jene Rinne die Rückenfurche ist, und daß diese
Wülste nichts anderes sind als die
Rückenwülste oder Markwülste; diese
bilden die erste Anlage des Zentralnervensystems,
des Markrohres. Die beiden
Markwülste werden nun bald höher;
die Furche zwischen ihnen wird immer
tiefer. Die Ränder der beiden parallelen
Fig. 260. Gastrula des Amphioxus in
der Seitenansicht von links (optischer Median-
schnitt). Nach Hatschek. g Urdarm, u Urmund,
p peristomale Polzellen, i Entodenn, e Ektoderm,
d Rückenseite,Bauchseite.
Wülste wölben sich gegeneinander, verwachsen schließlich mit.
ihren Rändern, und das Markrohr oder Medullarrohr ist fertig
(Fig. 261 m, 262 m; Taf. XVIII, Fig. 11 m). Es erfolgt also an
der nackten Rückenfläche der frei schwimmenden Amphioxuslarve
in ganz derselben Weise die Bildung eines Markrohres aus der
äußeren Oberhaut, wie wir sie beim Embryo des Menschen und
der höheren Wirbeltiere überhaupt innerhalb der Eihüllen wahrgenommen
haben. Auch dort wie hier schnürt sich das Nervenrohr
schließlich vollständig von der Hornplatte ab. Eigentümlich
ist der Umstand, daß das Markrohr an demjenigen Körperende,
welches später das vordere oder Mündende des Amphioxus ist,
offen bleibt und eine enge äußere Mündung besitzt, den Neuro-
porus (Fig. 261 np). An dem hinteren Ende hingegen geht die
Höhle des Nervenrohrs unmittelbar in den Urmund über. Indem
hier die beiden Ränder der Markfurche den Urmund überwachsen,
bleibt dessen Rest noch eine Zeitlang als eine enge Oeffnung bestehen,
welche eine direkte Verbindung zwischen den Höhlen des
Urdarms und des Nervenrohrs vermittelt: der typische Ma r k d
a rmg an g oder Cunalis neurentericus (Fig. 261 ne\ vergl. S. 316).
'■ Gleichzeitig mit der Bildung des Medullarrohrs erfolgt nun
an dem Amphioxuskeime die Entstehung der Chorda, der Coelom-
ta s chen und des von ihrer Wand gebildeten Mesoderms .
Auch diese bedeutungsvollen Vorgänge erfolgen hier mit einer
typischen Einfachheit und Klarheit, so daß sie für die Vergleichung
einerseits mit den niederen Bilaterien (Vermalien),
anderseits mit den höheren Vertebraten
(Cranioten) von größter Bedeutung sind.
h b d r ch
Fig. 261.
n n m n e p u
Fig. 262.
h
mw
ch c
V
f
d
b
h
Fig. 261 und 262. Chordula des Amphioxus. Fig. 261. Medianer Längsschnitt
(Ansicht von der linken Seite), Fig. 262. Querschnitt. Nach Hatschek. In
Fig. 261 sind die Coelomtaschen weggelassen, um die Chorda deutlich zu zeigen.
Fig. 262 ist etwas schematisch, h Homplatte, m Markrohr, n dessen MTand (n dorsale,
n ' ventrale), ch Chorda, np Neuroporus, ne Canalis neurentericus, d Darmhöhle,
r Rückenwand des Darmes, b Bauchwand des Darmes, u Urmund, o Stelle der späteren
Mundgrube, p Promesoblasten (Urzellen oder Polzellen des Mesoderms), w_ Parietalblatt,
•v Visceralblatt des Mesoderms, c Coelom, f Rest der Furchungshöhle.
Während in der Mittellinie der abgeflachten Rückenseite des länglich
eiförmigen Keimes sich die Markfurche vertieft und ihre parallelen
Ränder sich zum ektodermalen Nervenrohr schließen, entsteht
unmittelbar unter demselben die unpaare Chorda, und beiderseits
derselben eine parallele Längsfalte, aus der entodermalen Rückenwand
des Urdarms. Diese paarigen Längsfalten des Entoderms
gehen aus vom Urmunde, und zwar vom unteren hinteren Rande
desselben. Hier erscheinen schon frühzeitig ein paar große Ento-
dermzellen, die sich vor allen übrigen durch bedeutende Größe,
rundliche Form und feinkörniges Protoplasma auszeichnen; die
beiden Promesoblasten oder Pol z e l len des Mesoderms