
zweiten großen Hauptabschnittes der Erdgeschichte (des paläozoischen
Zeitalters) abgelagert wurden. Ihre Zahl nimmt beträchtlich
zu in den Ablagerungen der Steinkohlenzeit und der permischen
Periode, Sowohl aus dem Stamme der Gliedertiere, wie aus dem
Stamme der Wirbeltiere finden wir da bereits zahlreiche Arten
vor, die das Festland bewohnten und Luft atmeten; während ihre
wasserbewohnenden Vorfahren der silurischen Periode nur Wasser
atmeten. Diese physiologisch bedeutungsvolle Verwandelung der
Atmungsweise ist die einflußreichste Aenderung, welche den
tierischen Organismus beim Uebergang aus dem Wasser auf das
Festland betraf. Zunächst wurde dadurch die Ausbildung eines
Luftatmungsorganes, der Lunge, hervorgerufen, während bis dahin
ausschließlich die wasseratmenden Kiemen als Respirationsorgane
fungierten. Gleichzeitig wurde aber dadurch eine beträchtliche Veränderung
im Blutkreisläufe und seinen Organen hervorgebracht;
denn diese stehen immer in der innigsten Wechselbeziehung oder
Korrelation zu den Atmungsorganen. Weiterhin wurden auch die
Gliedmaßen und andere Organe, entweder infolge entfernterer
Wechselbeziehungen zu jenen, oder durch neue Anpassungen,
ebenfalls mehr oder minder umgebildet.
Im Wirbeltierstamme war es nun unzweifelhaft ein Zweig der
Fische, und zwar der Ganoiden, welcher während der d e v oni s
chen Periode die ersten glücklichen Versuche machte, sich an
das Leben auf dem Lande zu gewöhnen und atmosphärische Luft
zu atmen. Hierbei kam ihm vor allem seine Schwimmblase zu
statten, die mit Erfolg an die Luftatmung sich anpaßte und so zur
Lunge wurde. Infolgedessen wurde zunächst das Herz und die
Nase umgebildet. Während die echten Fische nur ein Paar blinde
Nasengruben an der Oberfläche des Kopfes besitzen, trat jetzt eine
offene Verbindung derselben mit der Mundhöhle ein. Jederseits
entstand ein Kanal, der aus der Nasengrube direkt in die Mundhöhle
führte und so auch bei geschlossener Mundöffnung die nötige
atmosphärische Luft den Lungen zuführen konnte.- Während ferner
bei allen echten Fischen das Herz nur aus zwei Abteilungen besteht,
einer Vorkammer, welche das venöse Blut aus den Körpervenen
aufnimmt, und einer Kammer, welche dasselbe durch einen
Arterienkegel in die Kiemen treibt, zerfiel nunmehr die Vorkammer
durch eine unvollständige Scheidewand in zwei Hälften, eine rechte
und eine linke. Die rechte Vorkammer allein , nahm jetzt noch das
Körpervenenblut auf, während die linke Vorkammer das aus den
Lungen und den Kiemen zurh Herzen strömende Lungenvenenblut
empfing. So entstand aus dem einfachen Blutkreislauf der echten
Fische der sogenannte doppelte Kreislauf der höheren Wirbeltiere,
und diese Vervollkommnung hatte nach den Gesetzen der Wechselbeziehung
wieder Fortschritte in der Bildung anderer Organe zur
Folge.D
ie Wirbeltierklasse, welche auf diese Weise zum ersten
Male der Luftatmung sich anpaßte und aus einem Zweige der
Ganoiden hervorging, nennen wir Lur chf i s che (Dipneusta) oder
Doppe la tme r (Dipnoa), weil sie neben der neu erworbenen
Lungenatmung auch die ältere Kiemenatmung noch beibehielt,
gleich den niedersten Amphibien. Diese Klasse war während des
paläozoischen Zeitalters (während der devonischen, Steinkohlen-
und permischen Periode) durch zahlreiche und mannigfache
Gattungen vertreten. Die Familien der Phane ropleur iden
(Uronemüs, Phaneropleuron) und der Ctenodipte r inen
(Dipterina, Fig. 310, und Ctenodina) finden sich nur fossil in
Fig; 310. Fossiler Lurchfisch (D ipterus Valenciennesi) aus dem alten roten
Sandstein (Devon). _ Nach. Pander.
paläozoischen Schichten. Auf diese folgen dann in der Trias- und
Juraformation die Ceratodin en (Fig. 31À Gegenwärtig leben
von der ganzen Klasse nur noch drei Gattungen: Protopterus
annectens in Flüssen des tropischen Afrika (im weißen Nil, im
Niger, Quellimane u. s. w.); Lepidosiren paradoxa im tropischen
Südamerika (in Nebenflüssen des Amazonenstromes), und Cera-
todus Forsteri in Flüssen des östlichen Australiens. Schon diese
weite Zerstreuung der drei isolierten Epigonen beweist, daß sie
die letzten Reste einer früher sehr mannigfaltig entwickelten
Gruppe sind. Ihrem ganzen Körperbau nach mußte diese Gruppe
den Uebergang von den Fischen zu den Amphibien vermitteln.
Die unmittelbare Uebergangsbildüng zwischen beiden Klassen ist
in der ganzen Organisation dieser merkwürdigen Tiere so sehr
ausgesprochen, daß unter den Zoologen ein lebhafter Streit über
die Frage geführt wurde, ob die Dipneusten eigentlich Fische oder
Amphibien seien. Einige namhafte Systematiker stellten sie zu
H a e c k e l, Anthropogenic. 5. Aufl. 39