
Inhalt des neunzehnten Vortrages.
Verhältnis 'des generellen Induktionsgesetzes der Descendenztheorie zu den
speziellen Deduktiönsgesetzen der Descendenzh.ypoth.esen. Unvollständigkeit der drei
großen Schöpfungsurkunden, der Paläontologie, Ontogenie und vergleichenden Anatomie.
Ungleiche Sidierheit der verschiedenen speziellen Descendenzhypothesen. Die Ahnenreihe
des Menschen in 30 Stufen: 11 wirbellose Ahnen und 19 Wirbeltier-Ahnen. Verteilung
dieser 30 Stammformen auf die fünf Hauptabschnitte der organischen Erdgeschichte.
Erste Ahnenstufe: Moneren. Das strukturlose und homogene Plasson der
Moneren. Differenzierung des Plasson in Nudeus und Protoplasma bei den Zellen.
Cytoden und Zellen als zwei verschiedene Plastidenformen. Lebenserscheinungen der
Moneren. Organismen ohne Organe. Chromaceen. Metasitismus. Amoeben. Einzellige'
Urtiere. Die amoeboiden Eizellen. Das Ei ist älter als das Huhn. Paulotomeen.
Synamoebium oder Moraea, ontogenetisch wiederholt durch die Morula. Blastaea,
ontogenetisch wiederholt durch die Blastula (Hohlkugel). Gastraea, ontogenetisch
wiederholt durch die Gastrula. Gastraeaden der Gegenwart. Gastremarien (Pemma-
todiscus, Kunstleria). Cyemarien (Dicyema, Rhopalura). Olynthus und Hydra.
Literatur:
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Naturw., Bd. V III, IX , X I, X V I I I ) Jena.
D e r s e l b e , 1898. lieber unsere gegenwärtige K enntnis vom Ursprung des Menschen.
(V ortrag, gehalten a u f dem 4 . internationalen Zpologenkongreß in Cambridge)
Bonn. VII. A u fla g e,\, -1899.
Meine Herren!
A n der Hand des leitenden Biogenetischen Grundgesetzes
und auf Grund der gewonnenen Schöpfungsurkunden wenden wir
uns jetzt der interessanten Aufgabe zu, die tierischen Stammformen
des Menschengeschlechts der Reihe nach zu ergründen. Um nun
hier möglichst sicher zu gehen, müssen wir uns vor allem der
verschiedenen Verstandesoperationen bewußt werden, welche wir
bei dieser naturphilosophischen Untersuchung zur Anwendung
bringen. Diese Erkenntnisoperationen sind teils induktiver, teils
deduktiver Natur; teils Schlüsse aus zahlreichen Einzelerfahrungen
auf ein gemeinsames Gesetz; teils Rückschlüsse aus diesem allgemeinen
Gesetz auf einzelne besondere Fälle.
..Eine indukt iv e Wissenschaft ist die gesamte Stammesgeschichte
als Ganzes. Denn die ganze Abstammungstheorie, als
ein unentbehrlicher und höchst wesentlicher Bestandteil der universalen
Entwickelungslehre, ist auf lauter Induktionen gegründet.
Aus der Gesamtheit der biologischen Vorgänge im Pflanzenleben,
im Tierleben und im Menschenleben haben wir uns die sichere
indukt iv e Vorstellung gebildet, daß die Gesamtheit der organischen
Bevölkerung unseres Erdballs sich hach einem einheitlichen
Entwickelungsgesetze gebildet hat. Dieses Entwickelungsgesetz
hat unter der Hand von Larmarck, Darwin und deren Nachfolgern
die bestimmte Form der De s c endenz theo r ie angenommen.
Alle die interessanten Erscheinungen, welche uns die
Ontogenie und Paläontologie, die vergleichende Anatomie und
Dysteleolögie, die Chorologie und Oekologie der Organismen darbieten,
— alle die wichtigen allgemeinen Gesetze, welche wir aus
den Erscheinungen dieser verschiedenen Wissenschaften abstrahieren,
und welche unter sich in einem innigen, harmonischen
Zusammenhänge stehen —- sie alle sind die breiten induktiven
Grundlagen jenes größten biologischen Induktionsgesetzes. We i l
alle die unendlich mannigfaltigen Erscheinungsmassen dieser