
Letztere besitzen eine besondere „Harn-Geschlechtsöffnung“ (Porus
urogenitalis). Auch die Harnblase mündet bei den Monotremen
noch in die Kloake, und zwar getrennt von den beiden Harnleitern;
bei allen anderen Mammalien münden letztere direkt in
die Harnblase. Durch Haacke und Caldwell wurde 1884 die
wichtige Tatsache festgestellt, daß die Gabeltiere große Eier,
gleich den Reptilien, legen, während alle übrigen Säugetiere lebendige
Junge gebären. Richard Semon brachte sodann 1894 den
Nachweis, daß diese großen, an Nahrungsdotter reichen Eier eine
partielle Furchung und diskoblastische Gastrulation besitzen, wie
ich schon 1876 hypothetisch angenommen hatte; auch darin gleichen
sie ihren Reptilien-Ahnen. Eigentümlich ist ferner bei den Monotremen
die Bildung der Mamma oder der Mi lchdrüse , mittelst
welcher alle Säugetiere ihre neugeborenen Jungen längere Zeit
hindurch säugen. Die Milchdrüse hat hier nämlich noch keine
Milchzitze oder Brustwarze, an welcher das junge Tier saugen
könnte, sondern es ist nur eine besondere, siebförmig durchlöcherte
Stelle der Haut vorhanden, aus der die Milch hervortritt und von
welcher das junge Kloakentier dieselbe ablecken muß. Man hat
sie deshalb auch wohl Zi tzenlase (Amasta) genannt. Ferner
steht das Gehirn der Gabeltiere noch auf einer sehr tiefen Stufe
der Ausbildung. Es ist schwächer als dasjenige aller anderen
Säugetiere. Namentlich ist das Vorderhirn oder Großhirn hier
noch so klein,- daß es das Hinterhirn oder Kleinhirn von oben her
gar nicht bedeckt. Am Skelett (Fig. 324) ist neben anderen Teilen
besonders die Bildung des Schultergürtels merkwürdig, die ganz
von derjenigen der übrigen Säugetiere abweicht und vielmehr mit
derjenigen der Reptilien und Amphibien übereinstimmt. Gleich
den letzteren besitzen nämlich die Monotremen ein sehr stark entwickeltes
„Rabenbein“ (Coracoideum), einen starken Knochen, der
das Schulterblatt mit dem Brustbeine verbindet. Bei allen übrigen
Säugern ist das Rabenbein (wie beim Menschen) verkümmert, mit
dem- Schulterblatt verwachsen, und erscheint nur als ein unbedeutender
Fortsatz des letzteren. Aus diesen und noch vielen
anderen, weniger auffallenden Eigentümlichkeiten geht mit Sicherheit
hervor, daß die Gabeltiere unter den Säugetieren die .tiefste
Stufe einnehmen und eine verbindende Uebergangsgruppe zwischen
den Tocosauriern und den übrigen Mammalien darstellen. Alle
jene merkwürdigen Reptilien-Charaktere wird auch noch die Stammform
der ganzen-Säugetierklasse, das Promammale der Triaszeit,
besessen und von den Proreptilien geerbt haben.
Fig. 325- ' F iS‘ 324 -
Fig. 323. Das Wasserschnabeltier (Ornithorhymhus paradoxus).
Ä , 22a. Skelett des Wasserschnabeltieres.
Fig- 325. Unterkiefer eines Promammale (DryolesUs prisms) aus dem
Jura der Felsengebirge, nach Marsh.