
den Amphibien, während die meisten sie jetzt zu den Fischen
rechnen. In der Tat sind die Charaktere beider Klassen in den
Dipneusten dergestalt vereinigt, daß die Entscheidung darüber
lediglich von der Def ini t ion abhängt, welche man von den
Begriffen „Fisch“ und „Amphibium“ gibt. In ihrer Lebensweise
sind die Dipneusten wahre Amphibien. Während des
tropischen Winters, in der Regenzeit, schwimmen sie gleich den
Fischen im Wasser und atmen Wasser durch Kiemen. Während
der trockenen Jahreszeit vergraben sie sich in den eintrocknenden
Schlamm und atmen während dieser Zeit Luft durch Lungen wie
A B
D G
Fig. 3 1 1. De r a u s tr a lis ch e Lurch fisch (Ceratodus F orsteri). A Ansicht
von der rechten Seite, B Unterseite des Schädels, C Unterkiefer. Nach Günther.
Qu Quadratbein, Psph Parasphenoid, P tP Pterygopalatinum, Vo Vomer, d Zähne,
na Nasenlöcher, B r Kremenhöhle, C erste Rippe. D Unterkieferzahn des fossilen
Ceratodus Kaw pi (aus der Trias).
die Amphibien und die höheren Wirbeltiere. In :dieser Doppelatmung
stimmen_ sie nun allerdings mit den niederen Amphibien
überein und besitzen daher auchjderen charakteristische Herzbildung;
dadurch erheben sie sich hoch über die Fische. Allein in den
meisten übrigen Eigenschaften gleichen! sie mehr den letzteren und
stehen unter den ersteren. Ihr Aeußeres ist durchaus fischähnlich.
Der Kopf der Dipneusten ist nicht vom Rumpfe abgesetzt.
Die Haut ist mit großen Fischschuppen bedeckt. Das Skelett ist
weieh, knorpelig und auf einer sehr tiefen Stufe der Entwickelung
stehen geblieben, ähnlich wie bei den niederen Selachiern und den
ältesten Ganoiden. Die Chorda ist vollständig erhalten und von
einer ungegliederten Chordascheide umgeben. Die beiden Beinpaare
sind ganz einfache Flossen von uralter Bildung, ähnlich derjenigen
der niedersten Urfische. Auch die Bildung des Gehirns, des
Darmrohres und. der Geschlechtsorgane ist ähnlich wie bei den
Urfischen. So haben denn die Dipneusten oder Lurchfische viele
Züge niederer Organisation von unseren uralten Fischahnen durch
Vererbung treu bewahrt, während sie in der Anpassung an die
Luftatmung durch Lungen und der damit verknüpften Umbildung
des Herzens einen gewaltigen Fortschritt herbeigeführt haben.
Die hohe phylogenetische Bedeutung der Lurchfische habe
ich in meiner „Systematischen Phylogenie der Wirbeltiere“ (1896,
S. 257—265) eingehend erörtert und diese Uebergangsklasse daselbst
in zwei Ordnungen geteilt: die Ur lu r ch f i s ch e (Pala-
dipneusta) und die Neulur chf i s che (Neodipneusta). Zu den
ersteren gehört die ausgestorbene Stammgruppe der Klasse, die
Fig. 312. Ju n g e r C e ra to d u s , seit kurz«- Zeit aus dem E i geschlupft, iomal
vergrößert, k Kiemendeckel, l Leber. Nach Richard Semon.
Familie der Phaneropleuriden (nebst den Uronemiden, fossil im
Devon und Karbon); ferner die jüngere Familie der Ceratodmen,
deren charakteristische kammförmige Gaumenzähne in Trias und
Jura versteinert erhalten sind. Hierher gehört der Kammzahnfisch
von Australien (1Ceratodus Forsteri), der einzige lebende Ueberrest
der Paladipneusten (Fig. 311— 313)- Er wurde 1870 von G^rard
Krefft in Sidney beschrieben, wird über zwei Meter lang und lebt
heute nur noch in wenigen Flüssen an der Ostküste Australiens,
im Burnett- und Mary-River. Ausführliche Mitteilungen über
seine eigentümliche Lebensweise und seinen merkwürdigen inneren
Bau verdanken wir Professor Richard Semon, der auch die bis
Habin unbekannte, höchst wichtige Keimesgeschichte des Ceratodus
zuerst auf gedeckt hat. Eine ausführliche Darstellung derselben
enthält sein inhaltreiches Werk: Zoologische Forschungsreisen
in Australien und im Malayischen Archipel (Jena 1893 — 1903).
39*