
dieser kennen wir schon mehrere Versteinerungen von fünfzehigen
Amphibien. Sehr zahlreich finden sich versteinerte Fährten-
Abdrücke derselben in der Trias von Thüringen (Chirotherium).
Die Fünf zahl der Zehen ist deshalb von der größten
Bedeutung, weil sie sich von den Amphibien auf alle höheren
Wirbeltiere vererbt hat. Der Mensch gleicht in dieser wichtigen
Beziehung, ebenso wie im ganzen Bau des Knochengerüstes seiner
fünfzehigen vier Gliedmaßen, noch vollkommen seinen Amphibien-
Ahnen. Eine sorgfältige Vergleichung des Froschskelettes mit
unserem eigenen Skelett genügt, um uns davon zu überzeugen.
Nun hat aber bekanntlich seit uralter Zeit diese erbliche Fünfzahl
unserer Zehen die größte praktische Bedeutung gewonnen; denn
auf dieser P e n t a d a k t y l i e beruht ja unsere ganze Zählmethode,
unser Dez imals ys tem, unsere davon abgeleitete Einteilung
der Zeit, des Maßes, Gewichtes u. s. w. Es wäre absolut kein
Grund einzusehen, weshalb bei den niedersten- Amphibien, ebenso
wie—bei den Reptilien und den ~ höheren Wirbeltieren bis zum
Menschen hinauf, ursprünglich fünf Zehen an den Vorder- und
Hinterbeinen vorhanden sind, wenn wir nicht die V e r e rb u n g von
einer gemeinsamen fünfzehigen Stammform als bewirkende Ursache
dieser Erscheinung gelten lassen. Die He r e d i t ä t allein ist im
stände, uns diese Pentanomie zu erklären.- Allerdings finden
wir bei vielen Amphibien sowohl, als bei vielen höheren Wirbeltieren
weniger als fünf Zehen vor. Aber in allen diesen Fällen
können wir den Nachweis führen, daß einzelne Zehen rückgebildet
und zuletzt ganz verloren gegangen sind. Man kann daher auch
die vier höheren Wirbeltierklassen, Amphibien und Amniöten,
unter dem Begriffe der Pentanomen oder Pentadactylia zusammenfassen
(vergl. S. 614).
Die bewirkenden Ursachen, durch welche aus der .vielzelligen
Fischflosse der fünfzehige Fuß der höheren Wirbeltiere bei jener
Amphibien-Stammform entstand, sind jedenfalls in der Anpassung
an die gänzlich veränderten Funktionen zu suchen, welche die Gliedmaßen
beim Uebergang vom ausschließlichen Wasserleben zum
teil weisen Landleben erhielten. Während die vielzellige Fischflosse
fast ausschließlich zum Rudern im Wasser gebraucht wurde,
mußte sie nun daneben auch noch als Stütze beim Fortkriechen
auf dem festen Lande dienen. Dadurch wurden ebensowohl die
Skeletteile wie die Muskeln der Gliedmaßen umgebildet. Die
Zahl der Flossenstrahlen wurde allmählich reduziert und sank zuletzt
bis auf fünf. Diese fünf übrig gebliebenen Strahlen aber
entwickelten sich um so kräftiger. Die weichen Knorpelstrahlen
gingen in feste Knochenstäbe über. Auch das übrige Skelett gewann
bedeutend an Festigkeit. So entstand aus dem einarmigen
Hebel der vielzelligen Fischflosse das vollkommnere mehrarmige
Hebelsystem der fünfzehigen Lurchgliedmaßen. Die Bewegungen
des Körpers wurden aber nicht allein kräftiger, sondern auch
mannigfaltiger. Die einzelnen Teile des Skelettsystems und damit
im Zusammenhang -auch des Muskelsystems begannen sich mehr
und mehr zu differenzieren. Bei der nahen Wechselbeziehung,
in welcher das Muskelsystem zum Nervensystem steht, mußte
natürlich auch dieses bedeutende Fortschritte in Funktion und
Struktur machen. So finden wir denn auch wirklich das Gehirn
bei den höheren Amphibien schon bedeutend weiter entwickelt als
bei den Fischen; den Lurchfischen und den niederen Amphibien.
Diejenigen Organe, welche durch die amphibische Lebensweise
am meisten umgebildet werden, sind, wie wir schon bei den
Dipneüsten gesehen haben, die Werkzeuge der Atmung und des
Blutkreislaufes, die Respirations- und Zirkulationsorgane. Der erste
Fortschritt in der Organisation, welchen der Uebergang vom
Wasserleben zum Landleben forderte, war notwendig die Beschaffung
eines Luftatmungsorganes, einer Lunge. Diese bildete
sich unmittelbar aus der bereits vorhandenen und von den Fischen
geerbten Schwimmblase hervor. Anfangs wird die Funktion derselben
noch ganz hinter diejenige des älteren Wasseratmungs-
organes, der Kiemen, zurückgetreten sein. So finden wir denn
auch noch bei den niedersten Amphibien, den Kiemenlurchen, daß
sie, gleich den Dipneusten, den größten Teil ihres Lebens im
Wasser zubringen und demgemäß Wasser durch Kiemen atmen.
Nur in kurzen Zwischenpausen kommen sie an die Wasseroberfläche
oder kriechen aus dem Wasser aufs Land und atmen dann Luft
durch Lungen. Aber schon ein Teil der Schwanzlurche, der
Molche und Salamander bleibt nur in seiner Jugend ganz im
Wasser und hält sich später größtenteils auf dem festen Lande auf.
Sie atmen im erwachsenen Zustande nur noch Luft durch Lungen.
Dasselbe gilt auch von den höchst entwickelten Amphibien, den
Froschlurchen (Fröschen und Kröten); einzelne der letzteren haben
sogar schon die kiementragende Larvenform ganz verloren96). Auch
bei einigen kleinen, schlangenähnlichen Amphibien, den Caecilien
(welche gleich Regenwürmern in der Erde leben), ist dies der Fall.
Das hohe Interesse, welches uns die Naturgeschichte der
Amp h ib i e nk l a s s e darbietet, Hegt ganz besonders in dieser