
befruchtenden Sperma vom männlichen auf den weiblichen Organismus
bei dem Begattungsakte vermitteln. Den meisten niederen
Wirbeltieren fehlen solche Organe ganz. Bei den im Wasser
lebenden (z. B. bei den Acraniern, Cyclostomen und den meisten
Fischen) werden Eier und Samen einfach in das Wasser entleert,
hier bleibt ihre Begegnung dem günstigen Zufalle überlassen, der
die Befruchtung vermittelt. Hingegen erfolgt schon bei vielen
Fischen und Amphibien, welche lebendige Junge gebären, eine
direkte Uebertragung des Samens vom männlichen auf den weiblichen
Organismus, und dasselbe ist bei allen Amnioten (Reptilien,
Vögeln und Säugetieren) der Fall. Ueberall münden hier ursprünglich
die Harn- und Geschlechtsorgane in den untersten
Fig. 498. Die äußeren Geschlechtsorgane
des menschlichen
Embryo. A Neu t r a l e r
Keim aus der achten "Woche (2 mal
vergrößert; noch mit Kloake). B
Neu t r a l e r Keim aus der neunten
Woche (2mal vergrößert; After von
der Urogenitalöffnung getrennt). C
We i b l i c h e r Keim aus der elften
Woche. D Männ l i ch e r Keim aus
der vierzehnten Woche, e Geschlechtshöcker
(Phallus), ƒ Geschlechtsrinne,
h l Geschlechtswülste (Tori), r Raphe
(Naht des Penis und Scrotum), a After,
u g Harageschlechtsöffnung, n Nabelstrang,
s Schwanz. Nach Ecker.
(Vergl. die L IX . Tabelle, S. 916, und
Fig. 499— 504, sowie Tafel X X X .)
Abschnitt des Mastdarms ein, der somit eine „Klo a k e “ bildet
(S. 830). Unter den Säugetieren bleibt diese aber nur bei den
Gabeltieren zeitlebens bestehen, die man eben deshalb als „Kloakentiere“
(Monotrema) bezeichnet hat (Fig. 494 cl). Bei allen übrigen
Säugetieren entwickelt sich in der Kloake (beim menschlichen
Embryo um die Mitte des dritten Monats) eine frontale Scheidewand,
durch welche dieselbe in zwei getrennte Höhlen zerfällt.
Die vordere Höhle nimmt den Ha rng e s c h l e c h t s k an a l (Sinus
urogenitalis) auf und vermittelt allein die Ausführung des Harns
und der Geschlechtsprodukte, während die dahinter gelegene
„Afterhöhle“ bloß die Exkremente durch den After ausführt.
Schon bevor diese Scheidung bei den Beuteltieren und
Placentaltieren eingetreten ist, erscheint die erste Anlage der
äußeren Ge s chl e cht s o r g an e (Genitalia, Taf. XXX). Zuerst
erhebt sich am vorderen Umfang der Kloakenöffnung ein kegelförmiges
Wärzchen, der Ge s ch l e c h t s h ö c k e r (Phallus, Fig.497
A, e B, e; Fig. 500 gh, 501— 504 p). An der Spitze ist derselbe
kolbig angeschwollen („Eichel“, Glans). An seiner unteren Seite
zeigt sich eine Furche, die Geschlechtsrinne (Sulcus genitalis, f )
und beiderseits derselben eine Hautfalte, der „Geschlechtswulst“
(Torus genitalis, hl). Der Geschlechtshöcker oder Pha l lus ist
das vorzüglichste Organ des „Geschlechtssinnes“ (S. 732); auf ihm
breiten sich die Ge s chle cht sne r v en (Nervi pudendi) aus,
welche vorzugsweise die spezifischen Geschlechtsempfindungen
oder „Wollustgefühle“ vermitteln. Indem sich im männlichen Phallus
durch eigentümliche- Blutgefäßumbildungen S chwe l lk ö rp e r
(Corpora cavernosa) entwickeln, wird derselbe zeitweise fähig,
durch Starken Blutzufluß anzuschwellen, in die weibliche Scheide
einzudringen und als ein steifes Kopulationsorgan die Begattung
zu vermitteln. Beim Manne entwickelt sich der Phallus zur männlichen
„Rute“ (Penis, Fig. 498 D, e); beim Weibe zu dem viel
kleineren „Kitzler“ (Clitoris, Fig. 498 C e); dieser wird nur bei
einigen Affen (Ateles) ungewöhnlich groß. Auch eine „Vorhaut“
(Praeputium) entwickelt sich als schützende Hautfalte am vorderen
Umfang des Phallus bei' beiden Geschlechtern.
Das äußere Geschlechtsglied (Phallus) zeigt innerhalb der
Säugetierklasse eine große Mannigfaltigkeit der Entwickelung,
sowohl in Bezug auf Größe und Gestalt, als auf Differenzierung
und Struktur der einzelnen Teile; das gilt namentlich von dem
terminalen Stück des Phallus, der Ei che l (Glans), und zwar ebenso
von der größeren Glans penis des Männchens, wie von der kleineren
Glans clitoridis des Weibchens. Der Teil der Kloake, aus
dessen oberer Wand sich dieselbe entwickelt, gehört zum Procto-
daeum, der ektodermalen Einstülpung des Enddarms {S. 809);
ihr Epithelüberzug kann daher ähnliche Hornbildungen entwickeln,
wie das Hornblatt der äußeren Oberhaut. So ist die Eichel, die
beim Menschen und den höheren Affen ganz glatt erscheint, bei
manchen niederen Affen und bei den Katzen mit Stacheln bedeckt,
bei manchen Nagetieren mit Haaren (Hamster) oder Schuppen
(Meerschweinchen) oder derben hornigen Warzen (Biber). Viele
Huftiere besitzen an der Eichel einen freien kegelförmigen Vorsprung,
und bei manchen Wiederkäuern entwickelt sich dieser
Phallus-Tentakel zu einem langen, an der Basis hakenförmig gekrümmten
Zapfen (so bei den Ziegen, Antilopen, Gazellen u. a.).