
Blutgefäße entwickeln. Andererseits kann Blut in der primären
Leibeshöhle (durch Auswanderung von Planocyten) entstehen, ohne
daß Konnektiv überhaupt zur Ausbildung gelangt (verschiedene
Vermalien).
Die Manteltiere {‘Luviicciici) zeigen eine sehr merkwürdige
äuße re Me s enchymhül l e in ihrem charakteristischen Mantel,
der den ganzen übrigen Körper einschließt. Bei den niederen und
älteren Tieren dieses Stammes ist die Tunica eine strukturlose
Cellulosehülle, eine Cuticula, welche von der oberflächlichen Zellenschicht
des Ektoderms, der Hornplatte oder Epidermis, abgeschieden
Fig. 450. Blastula einer Holothurie (A). B Dieselbe im Beginne der
Gastrulation (im optischen Querschnitt nach Selenka). Schon während die Hohlkugel
der Keimblase (A) eingestülpt wird (B), wandern amoeboide Zellen (.Planocyten)
in die Gallerte der Keimhöhle (Blastocoel oder primäre Leibeshöhle; sc) und bilden hier
ein primitives Mesoderm (ms), b l Keimhaut (Blastoderm)'^ ej> Hautblatt (Ektoderm),
hy Darmblatt (Entoderm), ae Urdarm, f l Blastolemma (strukturlose Keimhülle)’
mr Mikropyle. '
wird. Bei den höheren und jüngeren Manteltieren aber schlüpfen
WanderzellerT aus der letzteren in die erstere hinein, vermehren
sich und scheiden neue Massen von Cellulose zwischen sich ab;
die äußere Cut icula v e rwand e l t sich so in eine Me s enchymhül
le, deren mannigfaltige Umwandlungen ganz denjenigen
des gewöhnlichen inneren Bindegewebes entsprechen (vergl.
S- 452. 491)- Wenn diese Konnektiv-Tunica dicker wird, wachsen
Ausstülpungen der darunter liegenden Hautdecke mit ihren Blutgefäßen
in dieselbe hinein. So wachsen auch bei den Wirbel deren
sekundär ernährende Blutgefäße in die verschiedenen Konnektiv-
organe, ebenso- wie in die übrigen Organe des Körpers hinein.
Von den zwölf Stämmen des Tierreichs, welche wir früher
{S. 572) unterschieden, besitzt die Hälfte (I.—VI. Phylon) noch gar
keine Blutgefäße. Zuerst treten dieselben bei den Ve rma l ien
auf. Als ihr ältester Ausgangspunkt ist die „primäre L e ib e s höhle
“ zu betrachten, jener einfache Hohlraum zwischen den
beiden primären Keimblättern, der entweder als Ueberrest der
Furchungshöhle (Blastocoel) bestehen bleibt (Fig. 450) oder nachträglich
als Spaltraum zwischen jenen sich neu bildet (Schizocoel).
Amoeboide Wanderzellen (Planocyten), welche aus dem Entoderm
auswandern und in diese mit Flüssigkeit gefüllte „primäre Leibeshöhle“
(Protocoel) hineingelangen, hier fortleben und sich vermehren,
bilden die ersten „farblosen Blutzellen“ {primäre Leukozyten).
In dieser einfachsten Form finden wir das Gefäßsystem
noch heute bei den Moostierchen (Bryozoa), Rädertierchen (Rota-
toria), Rundwürmern (Nematoda) und anderen niederen Vermaßen.
Eirf erster Fortschritt in der Vervollkommnung dieses primitivsten
Gefäßsystems geschieht durch die Ausbildung von größeren
Kanälen oder blutführenden Röhren. Die blutgefüllten Spalträume,
die Reste der primären Leibeshöhle, erhalten eine besondere Wand.
Solche eigentliche „Blutg e fäße “ (im engeren Sinne) treten schon
bei den höheren Wurmtieren in verschiedener Form auf, bald sehr
•einfach, bald sehr zusammengesetzt. Als diejenige Form, die wahrscheinlich
die erste Grundlage zu dem zusammengesetzteren Gefäßsystem
der Wirbeltiere (— ebenso wie der Gliedertiere —) bildete,
sind zwei primordiale Hauptgefäße oder „U r g ef äß e“ zu betrachten:
ein R ü c k e n g e f ä ß , welches in der Mittellinie der Darmrückenwand,
und ein Bau chg e fä ß , welches in der Mittellinie der
Darmbauchwand von vorn nach hinten verläuft. Aus jenem dorsalen
Urgefäß entsteht die A o r t a (oder Prinzipalarterie), aus
diesem ventralen Urgefäß die Darmvene {Prinzipalvene oder
„Subintestinalvene“). Vorn und hinten hängen beide Gefäße durch
eine den Darm umfassende Schlinge zusammen. Das in den beiden
Röhren eingeschlossene Blut wird durch die peristaltischen Zusammenziehungen
derselben fortbewegt.
Die ältesten Vermalien, bei denen ein solches selbständiges
Blutgefäßsystem zuerst auf tritt, sind die Schnurwürmer {Nemer-
tina, Fig. 451). Gewöhnlich besitzen dieselben drei parallele Längsgefäße,
die durch Schlingen Zusammenhängen: ein unpaares Rückengefäß
über dem Darm, und zwei paarige Seitengefäße rechts und
links. Bei einigen Nemertinen ist das Blut bereits rot gefärbt,
.und der rote Farbstoff ist echtes Ha emo globin, an elliptische
H a e c k e l, Anthropogenie. 5. Aufl. 54