
Verwandlungen, und bei allen drei höheren Wirbeltierklassen,
also auch beim Menschen, entstehen aus den Kiemenbogen das
Zungenbein und die Gehörknöchelchen. (Vergl. S. 755, 757 und
783, sowie Taf. VIII bis XIII.)
Aus dem ersten Kiemenbogen, an dessen Innenfläche in der
Mitte die fleischige Zunge hervorwächst, entsteht die Anlage des
Kie f e r g e rü s t e s : Oberkiefer und Unterkiefer, welche die Mundöffnung
umgeben und das Gebiß tragen. Den beiden niedersten
Wirbeltierklassen, Acraniern und Cyclostomen, fehlen diese wich-
Sie treten erst bei den ältesten Urfischen
auf (Fig. 302—305, S. 600) und haben sich
von dieser Stamm gruppe der Kiefermäuler
auf die höheren Wirbeltiere vererbt. Die
ursprüngliche Bildung unseres Mundskeletts,
des Oberkiefers und des Unterkiefers,
ist also auf die ältesten Fische
zurückzuführen, von denen wir sie geerbt
haben. Die Bezahnung der Kiefer geht
aus der äußeren Hautdecke hervor, welche
die Kiefer überkleidet. Denn da die
Bildung der ganzen Mundhöhle von dem
äußeren Integumente aus erfolgt (Fig. 423,
S. 809), so müssen natürlich auch die Zähne
, Fig. 433. Schuppen oder Hautzähne eines
Haifisches (Centrofihorus calcens). Auf jedem rautenförmigen,
in der Lederhaut liegenden Knochentäfelchen
erhebt sich schräg ein dreizackiges Zähnchen. Nach
Gegeribaur.
tigen Teile noch völlig.
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ursprünglich aus demselben entstanden sein. Das läßt sich in der
Tat durch die genaue mikroskopische Untersuchung der Entwickelung
und der feinsten Strukturverhältnisse der Zähne n ach-
weisen. Die Schuppen der Fische, insbesondere der Haifische
(Fig. 433), verhalten sich in dieser Beziehung ganz gleich ihren
Zähnen (Fig. 306). Die Knochensubstanz des Zahnes (Dentin) geht
aus der Lederhaut hervor; ihr Schmelzüberzug ist ein Sekret der
Oberhaut, welche jene .überkleidet. Dasselbe gilt von den „Hautzähnen“
oder Placoidschuppen der Selachier. Ursprünglich war
bei diesen Urfischen und ebenso auch noch bei den ältesten Amphibien
die ganze Mundhöhle mit solchen Hautzähnen bewaffnet.
Später beschränkte sich deren Bildung auf die Kieferränder;
im übrigen Teile wurden sie rückgebildet.
Unser e menschl i chen Zähne sind also ihrem ä l t e sten
Ur sp rü ng e nach umg ebi lde t e F i s c h s ch u p p e n 117).
Aus demgleichen Grunde müssen wir die Speicheldrüsen, welche
in die Mundhöhle einmünden, eigentlich als Oberhautdrüsen
ansehen, denn sie bilden sich nicht gleich den übrigen Darmdrüsen
aus dem Drüsenblatte des Darmkanals hervor, sondern aus der
äußeren Oberhaut, aus der Hornplatte des äußeren Keimblattes.
Selbstverständlich gehören, entsprechend dieser Entwickelungsgeschichte
des Mundes, die Speicheldrüsen mit den Schweißdrüsen,
Talgdrüsen und Milchdrüsen der Epidermis genetisch in eine Reihe.
Kehlkopf
la r y n x
Lungenanlage
Pulmo
Magen
Stomachus
Bauchspeicheldrüse
Pankreas
Harnblase
Vesica
Wolff scher
Gang
Nierenanlage
Fig. 434. Darm eines Menschenembryo von 4,1 mm Länge, 15 mal vergrößert,
nach H is.
Unser menschlicher Darmkanal ist also in seiner ursprünglichen
Anlage so einfach wie der Urdarm der Gastrula. Weiterhin gleicht
er dem Darm der ältesten Vermalten (Gastrotrichen). Darauf scheidet
er sich in zwei Abteilungen, einen vorderen Kiemendarm und einen
hinteren Leberdarm, gleich dem Darmkanal des Balanoglossus,
der Ascidie und des Amphioxus. Durch die Ausbildung der
Kiefer und der Kiemenbogen geht er in einen wahren Fischdarm
über (Selachier). Später aber wird der Kietnendarm, der eine
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