
mit seinem oberen Teile das mittlere Harnblasen-Nabelband (Ligamentum
vesico-umbilicale medium), ein rudimentäres Organ, welches
als solider Strang vom Harnblasenscheitel zum Nabel hinaufgeht.
Der unterste Teil des Allantoisstieles (oder des „Urachus“) bleibt
hohl und bildet die Harnblas e. Anfangs mündet diese beim
Menschen wie bei den niederen Wirbeltieren noch in den letzten
Abschnitt des Hinterdarms ein; es ist also eine wirkliche „Kloake“
vorhanden, welche Harn und Exkremente zugleich aufnimmt.
Diese K l o a k e bleibt aber unter den Säugetieren nur bei den
Kloakentieren oder Monot remen zeitlebens bestehen, wie bei
allen Vögeln, Reptilien und Amphibien. Bei den sämtlichen
übrigen Säugetieren (Beuteltieren und Zottentieren) bildet sich
später eine quere Scheidewand aus, welche die vorn gelegene
„Harngeschlechtsöffnung“ von der dahinter gelegenen Afteröffnung
trennt. (Vergl. S. 396, 642 und den XXIX. Vortrag.)
Wenn man die ganze Entwickelung des Darmsystems, im
Zusammenhang mit derjenigen des Gefäßsystems, vergleichend
überblickt, und wenn man ihre lange Stufenreihe von der Gasträa
bis zum Menschen hinauf schrittweise verfolgt, so findet man darin
zahlreiche Beweise für den hohen Wert des Biogenetischen Grundgesetzes.
Die gesamte Trophe se , d. h. die Anatomie und Physiologie
des ganzen Ernährungsapparates, läßt dann mit Bezug auf
die Anthropogenie die nachstehend unterschiedenen Bildungsstufen
erkennen119).
Zweiundfünfzigste Tabel le.
Uebersicht über die Phylogenie der Trophese.
(Die wichtigsten Stufen in der Stammesgeschichte des menschlichen Emährungsapparates.)
I. Erste Hauptstufe: Emährnngsapparat der Protisten.
Der einzellige Organismus besitzt noch keinen Darm, keine Gewebe und
keine Organe (— in differenzierten Formen „Organelle“ — :).
1. Erste Stufe: Trophese der Chromaceen.
Der protophytische Organismus ist .ein homogenes Moner, ein einfaches
Plasmakom mit plasmodomer Funktion (Chroococcus, S. 533).
2. Zweite Stufe: Trophese der Algarien.
Das vegetale Moner (1.) hat sich durch Sonderung von innerem
Zellkern (Karyoplasma) und äußerem Zellenleib (Cytoplasma) in eine einfache
Zelle verwandelt {Palmelia, S. 536).
3. Dritte Stufe: Trophese der Protozoen.
Durch Meiasitismus (S. 540) ist aus dem plasmodomen Protophyton (2.)
das plasmophageTProtozoon entstanden (Amoebina, S. 537).
4. Vierte Stufe: Trophese der Coenobien.
Durch bleibende Vereinigung von sozialen Protozoen (3.) entstehen
Blastaeaden, Zellvereine in Form von Hohlkugeln, deren Wand eine
einfache Zellenschicht, das Blastoderm, 'bildet (Catallacten, S. 546).
II. Zweite Hauptstufe: Ernährungsapparat der Coelenterien.
Der vielzellige Organismus besitzt ein einfaches Darmsystem mit
einer Oeffnung (Urdarm und Urmund). Die Leibeshöhle fehlt noch.
5. Fünfte Stufe: Trophese der Gastraeaden.
Der Urdarm (Progaster) ist eine einfache ITöhle, vom Entoderm
ausgekleidet, geöffnet durch den Urmund (Gastremarien, S. 551).
6. Sechste Stufe: Trophese der Platoden.
Durch Einstülpung des Urmundes entsteht als zweite Darmkammer
der ektodermäle Schlund. Aus ein paar Hautdrüsen entwickeln sich ein
paar ektodermäle Nephridien (Turbellarien, S. 574).
III. Dritte Hauptstufe: Emährnngsapparat der Vermalien.
Der/ Darmkarial erhält zwei Oeffnungen (Mund und After) und sondert
sich von der umgebenden Leibeshöhle (Coeloma).
7. Stufe: Trophese der Rotatorien.
Der Urdarm der Platoden verwandelt sich' durch Bildung der zweiten
Oeffnung- in den Darm der Gastrotrichen (S. 578); durch Abschnürung
von ein paar Coelomtaschen entsteht das Enterocoel (Chaetognathen, S. 241).
8. Achte Stufe: Trophese der Nemertinen.
Daa Blutgefäßsystem tritt auf, mit zwei kommunizierenden medianen
Röhren In der Darmwand (Nemertinen, S. 58p).
9. Neunte Stufe: Trophese der Enteropneusten.
Der Darmkanal sondert sich in Kopfdarm (mit Kiemenspalten) und
Rumpfdarm (mit Leber) (Balanoglossus, S. 580).
10. Zehnte Stufe: Trophese der Prochordonier.
Im Kopfdarm sondert sich unten die ventrale Hypobranchialrinne,
oben die dorsale Epibranchialrinne (Chorda) ( Copelata, S. 490).
IV. Vierte Hauptstufe: Emährungsapparat der Vertebraten.
Der Darmkanal, bisher nicht segmental gegliedert, folgt im Kopfdarm
der vertebralen Metamerie, welche die Wirbeltiere von ihren wirbellosen
Ahnen unterscheidet, ebenso das Blutgefäßsystem Und das segmentale
Nierensystem.
11. Elfte Stufe: Trophese der Acranier.
Der Kiemendarm erhält zahlreiche metamere Kiemenspalten und
entsprechende Blutgefäße. Die Nephridien werden segmental vermehrt.
12. Zwölfte Stufe: Trophese der Cranioten.
Die einzelnen Abschnitte des Darmsystems erhalten eine vielfache
und charakteristische, in vielen Stufen aufwärts steigende Gliederung
(LIII. Tabelle), ebenso das Gefäßsystem (LV. Tabelle) und das Nierensystem
(LVI. Tabelle).; ; •• .