
verbindet, kommt allein bei den Placentalien zu vollständiger
Entwickelung; bei den Marsupialien und Monotremen existiert
er nur in sehr unbedeutender Anlage. Freilich schließen sich die
niedersten Zottentiere in der Gehirnbildung noch sehr eng an die
Beuteltiere an;'aber innerhalb der Placentaliengruppe können wir
eine ununterbrochene Reihe von stetig fortschreitenden Bildungsstufen
des Gehirns verfolgen, die ganz allmählich von jener
niederen Stufe bis zu dem höchstentwickelten Seelenorgan der
Affen und des Menschen sich erheben. (Vergl. den XXIV. Vortrag.)
Die Menschenseele als physiologische Funktion des
Gehirns! 'r~ ist in der Tat nur eine höher entwickelte Affenseele.
Die Milchdrüsen der Placentalien sind gleich jenen der Marsupialien
mit entwickelten Zitzen versehen; niemals aber finden wir
bei den ersteren den Beutel, in welchem bei den letzteren das
unreife Junge getragen und gesäugt wird. Ebenso fehlen den
Zottentieren die Beutelknochen (Osset marsupialia), jene in der
Bauchwand versteckten und auf dem vorderen Beckenrand aufsitzenden
Knochen, welche die Beuteltiere mit den Monotremen
teilen, und welche aus teilweiser Verknöcherung der Sehnen des
inneren schiefen Bauchmuskels hervorgehen. Nur bei einzelnen
Raubtieren finden sich noch unbedeutende Ueberreste derselben.
Fast allgemein fehlt den Placentalien auch der hakenförmige Fortsatz
des Unterkieferwinkels, der die Marsupialien auszeichnet.
Diejenige Eigentümlichkeit jedoch, welche die Placentalien vor
allen anderen charakterisiert, und nach welcher man auch mit
Recht die ganze Unterklasse benannt hat, ist die Ausbildung dér
Pla c enta , des Blutgefäßkuchens oder Ade rkuchens . Wir
haben schon früher die Bildung und Bedeutung dieses merkwürdigen
Embryorgans erläutert, als wir die Entwickelung des
Uhorion und der Al l anto i s beim menschlichen Embryo verfolgten
(S. 393—412). Der Harnsack oder die Allantois, jene
eigentümliche Blase, welche aus dem hinteren Teile des Darmkanals
hervorwächst, besitzt im wesentlichen denselben Bau und
dieselbe Bedeutung beim menschlichen Embryo wie beim Keime
aller anderen Amnioten (vergl. Fig. 208— 2 1 1). Ein ganz unwesentlicher
„Unterschied,, auf den man imt Unrecht großes Gewicht
gelegt hat, besteht darin, daß beim Menschen und den höheren
Affen die ursprüngliche Höhle der Allantois frühzeitig rückgebildet
wird, oder auch schon die Anlage derselben als solider Höcker
aus dem Urdarm hervorsproßt. Die dünne Wand der Allantois
besteht aus denselben beiden Blättern oder Häuten, aus welchen
die Wand des Darmes selbst besteht: nämlich innen aus dem
Darmdrüsenblatte und außen aus dem Darmfaserblatte. Im Darmfaserblatte
der Allantois verlaufen mächtige Blutgefäße, welche
die Ernährung und besonders die Atmung des Embryo vermitteln:
die Na b e l g e f ä ß e oder Umbilikalgefäße (S. 418). Bei allen
Reptilien und Vögeln entwickelt sich die Allantois zu einem
gewaltigen Sack, der den Embryo samt dem Amnion einschließt
und mit der äußeren Eihaut (dem Chorion) nicht verwächst
Dasselbe ist der Fall bei den niedersten Säugetieren, den eierlegenden
Monotremen und den meisten Beuteltieren. Nur allein
bei einzelnen jüngeren Beuteltieren (Perameliden) und bei allen
Zottentieren entwickelt sich die Allantois zu derjenigen höchst
eigentümlichen und merkwürdigen Bildung, welche man Placenta,
Aderkuchen oder Gefäßkuchen nennt.
Da£ Wesen dieser Placentabildung besteht darin, daß die
Aeste der Blutgefäße, welche in der Wand der Allantois verlaufen,
in die hohlen ektodermalen Zotten des Chorion hineinwachsen,
welche in entsprechende Vertiefungen der mütterlichen Uterusschleimhaut
eingreifen. Diese letztere ist ebenfalls reichlich von
Blutgefäßen durchzogen, welche das ernährende Blut der Mutter
zum Keime hinleiten. Da nun die Scheidewand zwischen diesen
mütterlichen Blutgefäßen und jenen kindlichen Gefäßen in den
Chorionzotten bald in hohem Grade verdünnt wird, so entwickelt
sich zwischen den beiderlei Gefäßen ein unmittelbarer Stoffaustausch;
der für die Ernährung des jungen Säugetieres von der
größten Bedeutung ist. Allerdings gehen die mütterlichen Blutgefäße
nicht geradezu (durch Anastomose) in die kindlichen Blutgefäße
der Chorionzotten über, so daß etwa beide Blutarten sich
einfach vermischten. Aber die Zwischenwand zwischen beiderlei
Gefäßen wird so sehr verdünnt, daß der Nahrungssaft leicht durch
sie hindurchschwitzt. Mittelst dieser Transsudation oder Diosmose
findet der Austausch der wichtigsten Nahrungsstoffe ohne alle
Schwierigkeiten statt. Je größer bei den Placentaltieren der
Embryo wird, je längere Zeit derselbe hier im mütterlichen Fruchtbehälter
verweilt, desto mehr wird es notwendig, besondere Organisations
Einrichtungen für den massenhaften Nahrungsverbrauch
desselben zu treffen.
In dieser Beziehung besteht ein sehr auffallender Gegensatz
zwischen den niederen und den höheren Säugetieren. Bei den
Beuteltieren, wo der Keim verhältnismäßig kurze Zeit im Fruchtbehälter
verweilt .und in sehr unreifem Zustande geboren wird,