
und deren Blutgefäßen, ersterer von dem zottigen Chorion und
den Nabelgefäßen des Embryo gebildet (vergl. Fig. 212, S. 401)..
Die Art und Weise nun, in welcher diese beiderlei Gefäßkuchen
sich zur Placenta verbinden, sowie die Struktur, Form und
Größe der letzteren sind bei den verschiedenen Placentaltieren
sehr verschieden; sie liefern uns zum Teil wertvolle Anhaltspunkte-
zur natürlichen Klassifikation und demgemäß auch zur Stammesgeschichte
dieser ganzen Unterklasse. Auf Grund dieser Unterschiede
Zerfällen wir dieselbe zunächst in zwei Hauptabteilungen..
die niederen Placentaltiere, welche als Indecidua, und die
höheren Placentaltiere, welche als Deciduata bezeichnet werden.
Zu den Inde c iduen oder den niederen Placentalien gehören
drei wichtige Säugetiergruppen: erstens die Ha lba f f en i|Pro-
simiae), zweitens die Huf t ie r e (Ungulata): die Tapire, Pferde*
Schweine, Wiederkäuer u. s. w.; und drittens die Wa l t i e r e
(,Cetaeea): die Delphine und Walfische. Bei allen diesen Indeciduen
bleiben die Chorionzotten auf der ganzen Oberfläche des Chorion
(oder auf dem größten Teile derselben) zerstreut, einzeln oder
büschelweise gruppiert. Ihre Verbindung mit der Uterusschleim-
haut ist nur ganz locke r , so daß man ohne Gewalt und mit
Leichtigkeit die ganze äußere Eihaut samt ihren Zotten aus den
Vertiefungen der Uterusschleimhaut herausziehen kann, wie die
Hand aus dem Handschuh. Es findet an keinem Teile der Berührungsfläche
eine wahre Verwachsung der beiderlei Gefäßkuchen
statt. Daher wird bei der Geburt der Fruchtkuchen (die Placenta
foetalis) allein entfernt; der Mutterkuchen (die Placenta uterina)
wird nicht mitausgestoßen. Ueberhaupt ist die Schleimhaut des
schwangeren Uterus nur wenig verändert und erleidet bei der
Geburt keine Blutung und keinen direkten Substanzverlust. Bei
den Waltieren, Halbaffen und den meisten Huftieren sind die Zotten
gleichmäßig über das Chorion zerstreut (Zottenkuchen, Mallo-
placenta). Bei den meisten Wiederkäuern hingegen treten die baumförmig
verzweigten Zotten zur Bildung von vielen einzelnen Büscheln
oder Kotyledonen zusammen (Büschelkuchen (Cotyloplacenta)^
Ganz anders ist die Bildung der Placenta bei der zweiten und
höheren Abteilung der Placentaltiere, bei den Dec iduaten.
Hier ist zwar anfänglich auch die ganze Oberfläche des Chorion
dicht mit Zotten bedeckt. Später aber verschwinden dieselben
auf einem Teilender Oberfläche, während sie sich auf dem anderen
Teile derselben nur um so stärker entwickeln. So entsteht eine
Sonderung zwischen der g la t t en Eihaut (Chorion laeve,
Fig. 327 cht) und der d i cht zot t ig en Eihaut (Chorion fron-
dosum (Fig. 327 chf). Erstere besitzt nur schwache und spärlich
zerstreute oder gar keine Zotten mehr, während letztere mit sehr
stark entwickelten und großen Zotten dicht bedeckt ist, diese
letztere allein bildet jetzt die Placenta. Bei der großen Mehrzahl
der Deciduaten hat dieser „Gefäßkuchen“ dieselbe Gestalt wie beim
Menschen' (Fig. 216, 219), nämlich eine dicke, kreisrunde, einem
Kuchen ähnliche Scheibe; so bei den Insektenfressern (.Insectivora),
den Fledermäusen (Chiroptera), den Nagetieren (.Rodentia) und den
Affen (Simiae); dieser S ch e ibenkuchen (Discoplacenta) liegt
an einer Seite des Chorion. Bei den Raubtieren hingegen (sowohl
den Fleischfressern, Carnivora, als den Robben, Pinnipedia), sowie
beim Elefanten und einzelnen anderen Deciduaten finden wir
e in e n Gür t e lkuchen (Zonoplacenta)] hier umfaßt die blutreiche
Zott&imasse gürtelförmig die Mitte des ellipsoiden Chorion, während
beide Pole davon frei bleiben.
Noch bezeichnender für die Deciduaten ist die ganz eigentümliche
und höchst innige Verbindung, welche zwischen dem Chorion
frondosum und der betreffenden Stelle der Uterusschleimhaut sich
entwickelt, und welche als eine wahre V e rwa c h s u n g angesehen
werden muß. Die blutgefäßhaltigen Zotten des Chorion wachsen
mit ihren Aesten so in das blutreiche Gewebe der Uterusschleimhaut
hinein, -und die beiderlei Gefäße treten hier in so innige Berührung
und Durchschlingung, daß man den Fruchtkuchen gar
nicht mehr vom Mutterkuchen trennen kann, beide vielmehr em
einheitliches Ganzes, eine kompakte, scheinbar einfache, kuchenförmige
Placenta bilden. Infolge dieser innigen Verwachsung
wird bei der Geburt ein ganzes Stück der mütterlichen' Uterusschleimhaut
zugleich mit den fest daran haftenden Eihüllen entfernt.
Dieses bei der Geburt sich abtrennende Stück des mütterlichen
Körpers nennen wir wegen seiner Abfälligkeit die abfällige oder
hinfällige Haut, oder kurz Hinfal lhaut (Decidua). Weil dieselbe
siebartig, fein durchlöchert erscheint, wird sie oft auch Siebhaut
genannt. Alle höheren Placentaltiere, die eine solche De c idua
besitzen,.faßt man eben deshalb unter dem bezeichnenden Namen
De c idua ta zusammen. Mit der Abtrennung der Siebhaut bei
der Geburt ist natürlich' auch ein mehr oder minder beträchtlicher
Blutverlust der Mutter verbunden, der bei den Indeciduen nicht
stattfindet. Auch muß bei den Deciduaten nach der Geburt der
verloren gegangene Teil der Uterusschleimhaut durch Neubildung
wieder ersetzt werden. (Vergl. Fig. 217 220, S. 404 407.)
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